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1000 Mitarbeiter will die BBC entlassen, die bisher 18 000 Menschen beschäftigt. Doch nicht nur bei ihren Angestellten soll die britische Sendergruppe sparen.

© REUTERS

Die Reform der BBC: Kampf um die Autonomie

Die BBC muss sparen - doch das allein wird nicht reichen, um die Sender-Gruppe zu reformieren.

BBC-Intendant Tony Hall gibt der Finanzierung seines Sendergroßreiches durch Rundfunkgebühren noch zehn Jahre. Damit geht er davon aus, dass sich die BBC in den kommenden 18 Monaten bei Verhandlungen mit der konservativen Regierung einen weiteren Lebensabschnitt als universal aufgestellter öffentlich-rechtlicher Sender sichern kann. Ende 2016 muss die „Royal Charter“ erneuert werden, die für jeweils zehn Jahre die Rechtsgrundlage der BBC ist. Seit bald hundert Jahren klappte das immer. Doch nun hat es die BBC mit einer konservativen Regierung zu tun, die ihr misstrauisch gegenübersteht und ihre vielfältigen kommerziellen Aktivitäten auf das engere Terrain eines „öffentlich-rechtlichen“ Senders zurückdrängen will.

1000 von 18 000 Mitarbeitern sollen entlassen werden

Zum Beispiel wenn es um den Onlineauftritt der BBC geht, den Schatzkanzler George Osborne jüngst „imperialistisch“ und eine unfaire Konkurrenz für die Internetportale der Zeitungen nannte. Federführend für die Charterverhandlungen ist Kultur- und Medienminister John Whittingdale, ein Tory Rechtsaußen, der bisher als Vorsitzender des parlamentarischen Medienausschusse Salven gegen die BBC schoss. Der frühere BBC-Generaldirektor John Patten nannte ihn wegen seiner BBC-kritischen Haltung einen „adoleszenten Ideologen“. Zwei Themen werden im Mittelpunkt stehen: Geld und Wirtschaftlichkeit und die „Unparteilichkeit“ der BBC, an der die konservative Regierung in den letzten Jahren wachsende Zweifel äußerte.

Was das Geld angeht, wurden in den letzten Wochen schon Weichen gestellt. BBC-Chef Hall machte ein paar Bauernopfer, zeigte, dass die BBC sparen will. Mit Entlassungen von 1000 der 18 000 Mitarbeiter soll das Management abgespeckt werden. BBC 3, ein auf junge Leute gemünztes TV-Programm, wird nur noch per Internet zu empfangen sein. Das soll 80 Millionen Pfund an dem Fünf-Milliarden-Pfund-Etat sparen, von dem 3,7 Milliarden von Rundfunkgebühren kommen.

Säumige Gebührenzahler sollen nicht mehr bestraft werden

Schatzkanzler George Osborne vereinbarte mit Hall im Rahmen des Staatshaushaltes vergangene Woche auch, dass die BBC die Kosten der Gebührenbefreiung von über 75-Jährigen übernimmt, etwa 650 Millionen Pfund. Im Gegenzug darf oder muss die BBC für ihre Mediathek „BBC I player“ Bezahlmodelle entwickeln. Rundfunkgebühren sollen wieder mit der Inflation steigen, nachdem sie fünf Jahre eingefroren waren, laut BBC eine Budgetkürzung von 24 Prozent.

Eine weitere Finanzdrohung ist die von den Tories geplante Entkriminalisierung säumiger Gebührenzahler. Niemand weiß, wie viele Bürger die Zahlung der 145 Pfund (202 Euro) Jahresgebühr einfach einstellen werden, wenn darauf nicht mehr Geldstrafen oder Gefängnis stehen. Schon jetzt konsumiert eine wachsende Zahl die BBC nur noch per Computer, Tablet oder Handy, wofür nach englischem Recht keine Rundfunkgebühren anfallen. Auch das bringt die Gebührenkalkulationen der BBC gewaltig durcheinander. Möglich, dass Whittingdale eine haushaltsbezogene „Rundfunksteuer“ nach deutschem Modell anvisiert.

„Wir brauchen robuste Systeme"

Whittingdale will diese Woche seine Vorschläge vorstellen. Er strebt eine Rundumreform der BBC an, die Sendergruppe soll mit weniger Geld weniger tun und die Grenze zu den kommerziellen Konkurrenten klarer ziehen.

Berichten zufolge steht auch die autonome Selbstverwaltung der BBC zur Disposition, die fast hundert Jahre lang eine Selbstverständlichkeit war. Bisher war der BBC-Verwaltungsrat, der „BBC Trust“, zugleich Kontrolleur und Hauptpropagandist der BBC. Aber eine Reihe von Affären hat Zweifel an der Effektivität des „Trusts“ aufkommen lassen, von den Enthüllungen um den Starentertainer und Sexualtäter Jimmy Saville bis zu Dutzenden von Berichten, die der BBC „Voreingenommenheit“ in Fragen von Europa über Immigration bis zu ihrer Nahostberichterstattung vorwarfen. Tories sind überzeugt, dass in der BBC ein linksliberales, labournahes Gruppendenken herrsche, eine „Guardian“-Positionen nahe stehende Kollektivkultur, mit der die BBC die tatsächliche Meinungsvielfalt im Land nicht abbildet.

„Wir brauchen robuste Systeme, die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit garantieren“, warnte Kultur- und Medienminister Whittingdale. Möglich, dass die BBC zum ersten Mal in ihrer Geschichte ihren autonomen Sonderstatus verliert und einem externen Kontrolleur oder, genau wie andere Sender, der Rundfunkaufsicht Ofcom unterstellt wird.

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