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Technik-Blogs, wie das japanische Blog "weekly.ascii.jp" greifen Apple gern voraus. So könnte das neue iPhone 5S und die Billig-Variante iPhone 5C aussehen.

© weekly.ascii.jp

Apple iPhone 5S und 5C: Ist das neue iPhone zum Scheitern verurteilt?

Am 10. September ist es soweit: Laut Insiderinformationen wird dann das neue iPhone 5S vorgestellt. Zudem erwarten Experten ein Billig-iPhone names 5C. "So what?", denken sich vermutlich viele Leser. Wir sagen Ihnen, warum das nicht egal ist. 

Um es noch mal kurz klar zu stellen: Das iPhone ist der Vorreiter aller modernen Smartphones mit Touchscreen. Damit hat Apple historische Pionierarbeit geleistet und im Jahr 2007 einen gigantischen Weltmarkt eröffnet, den mittlerweile alle Global Player wie Google, Microsoft, Samsung, LG, Sony und HTC bedienen. Doch wenn man das aktuelle iPhone 5 mit der Konkurrenz vergleicht, wirkt es fast wie der altehrwürdige Großvater in einem Haufen rotzfrecher Bengel. Der Großvater hat natürlich den Bonus des arrivierten und erfahrenen Mannes, den Status einer Ikone. Aber die kleinen Bengel sind groß geworden, lassen sich nicht mehr vorschreiben, wo es lang geht und tanzen ihm mittlerweile respektlos auf der Nase herum. Sie werden immer stärker, schneller, größer, einflussreicher und attraktiver. Kann da noch überhaupt eine Verjüngungskur den alten Mann auf seinem Smartphone-Thron halten? Oder anders gefragt: Ist das iPhone 5S zum Scheitern verurteilt?

Die Zahlen von Apple sprechen eine andere Sprache. Allein im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2013 verkaufte das kalifornische Unternehmen 31,2 Millionen iPhones. Das sind über 5 Millionen mehr als im Vorjahresquartal. Dank 18,1 Millionen US-Dollar Einnahmen war das iPhone im letzten Quartal mit über 50 Prozent am Gesamtumsatz des Unternehmens beteiligt. Kaum zu glauben, dass ein einziges Produkt in nur drei unterschiedlichen Modellvarianten (iPhone 4, 4s, 5) aus Apple mit 314 Milliarden Euro, gemessen an der Marktkapitalisierung, das wertvollste Unternehmen der Welt macht (Quelle: Bloomberg). Daraus wird deutlich, welche Bedeutung und Machtstellung das iPhone hat. Es entscheidet nahezu alleine über den Erfolg oder den Untergang des momentan wertvollsten Unternehmens. Verständlich also, dass die Vorstellung eines jeden iPhones zum Weltereignis mutiert mit einem gigantischen medialen Echo.

Schwachstelle Nr. 1: Konstantes Design

In wenigen Tagen soll es also wieder soweit sein, der beliebteste ständige Begleiter bekommt ein Update. In diesem Fall kann das Update wortwörtlich genommen werden, denn mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit handelt es sich beim 5S  nicht um ein komplett neues Gerät, sondern nur um eine aufgemotzte Version des aktuellen iPhone 5. Das hat uns zumindest die Vergangenheit gelehrt: Während die iPhones 1, 3G, 4 und 5 jeweils Neukonstruktionen waren, handelte es sich bislang bei den mit einem "S" veredelten Versionen um Hardware Updates. Das waren bessere Kameras, schnellere Prozessoren und aktuellere Funktechniken. Beim Design hingegen änderte sich kaum etwas. Und genau das ist die Schwachstelle, die das iPhone im Vergleich zur vitalen Konkurrenz langsam ergrauen und träge erscheinen lässt: Das konstante Design.

Apple-Chef Tim Cook bei der Entwicklerkonferenz von Apple im Juni: Die riesige Fan-Gemeinde weltweit erwartet mit dem neuen Modell den großen Sprung. Kommt der auch? Vielleicht das OS7?

© dpa

Seit der Vorstellung des iPhone 4 im Sommer 2010 hat sich das Design nur sehr behutsam weiterentwickelt. Derart behutsam, dass man auf den ersten Blick die letzten drei Generationen kaum voneinander unterscheiden kann. Und selbst als im vorherigen Jahr Apple den größten Fortschritt vollzog und das Display von 3,5 Zoll auf 4,0 Zoll streckte, gab es nur ein müdes Lächeln von Kritikern und sogar von Apple-Fans. Denn natürlich hat ein hochwertiges und intelligentes Design, wie Apple es gerne für sich in Anspruch nimmt, eine längere Lebensdauer. Aber nach spätestens zwei Jahren, wenn der übliche Mobilfunkvertrag ausgelaufen ist, möchte der Kunde ein neues Gerät, das nicht genauso aussieht wie das alte. Da mögen noch so viele gute Argumente für ein optimiertes Design sprechen, es fehlt einfach das Wow-Gefühl.

Schwachstelle Nr. 2: Kleines Display

Im Laufe der Jahre hat sich das ehemals spektakuläre Retina-Display mit der gestochenscharfen Auflösung zum Hauptkritikpunkt entwickelt. Denn obwohl es auf 4,0 Zoll wuchs, ist es im Vergleich zur Konkurrenz immer noch mickrig. Apples Argument, dass ein größeres Display nicht mehr einhändig mit einem Daumen zu bedienen sei, ist absurd. Dass es durchaus geht, beweißt beispielsweise Motorola mit dem Razr i. Bei sehr ähnlichen Gehäuseabmessungen schafft es Motorola hier ein 4,3-Zoll-Display einzubauen. Und es gibt immer noch Spielraum beim Reduzieren des Displayrahmens. Von Apple wird erwartet, dass sie scheinbar unlösbare technische Konflikte auf eine geniale Art und Weise bewältigen und damit ihrem "magischen" Image gerecht werden. Wie wäre es zum Beispiel mit einem komplett rahmenlosen iPhone? Und ohne diese physische Hometaste unter dem Display. – Geht nicht? Warum eigentlich nicht?

Mit der Billigversion des iPhone 5S soll ein jugendliches Publikum angesprochen werden. Deshalb wird es schön bunt werden.

© weekly.ascii.jp

Als Laien haben wir keinen Einblick in den Entwicklungsprozess und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Wie komplex und schwierig es für Apple geworden ist, das iPhone neu zu erfinden und umzugestalten, hat schon die kleine Display-Vergrößerung bei Nummer 5 gezeigt. Neben unzähligen ergonomischen und technischen Gründen spielte die Software eine limitierende Rolle. Mittlerweile gibt es über 900.000 Apps, also Miniprogramme zum Downloaden für das iPhone. Diese sind perfekt auf die Displaygröße des iPhones abgestimmt. Sobald Apple die Größe oder die Auflösung des Displays verändert, kann die App meistens nicht mehr optimal angezeigt werden. Dann müssen Tausende von Programmierern wieder ran an ihre Apps. Ansonsten leidet nicht nur die Benutzerfreundlichkeit, sondern auch Apples enormer Qualitätsstandard, der von den Kunden teuer erkauft wird.

Es wird zunehmend schwerer Designrevolutionen beim iPhone auszulösen, um Technikenthusiasten ein Wow-Erlebnis zu bescheren. Doch genau das erreicht die Konkurrenz in letzter Zeit nahezu spielerisch, wie das Sony Xperia Z, das HTC One oder das Samsung Galaxy S4 mit ihren eindrucksvollen 5-Zoll-Displays in Full-HD-Auflösung beweisen. Angesichts dieser Tatsache sind die Erwartungen an das iPhone 5S eher bescheiden.

Schwachstelle Nr. 3: Kein Wow-Effekt

Erstmals soll es beim iPhone 5S neben der weißen und der schwarzen Hülle auch eine champagnerfarbene geben. Schon jetzt hagelt es diesbezüglich Häme im Internet, da Motorola vor wenigen Tagen das Moto X vorstellte, ein Smartphone mit angeblich 2.000 Designkombinationen. Dabei kann sich der Kunde in einem Online-Konfigurator sein Wunschdesign aus verschiedenen Farben, Strukturen und Applikationen zusammenstellen. Vorerst leider nur in den USA. Da wirkt eine dritte Farbvariante beim iPhone tatsächlich einfallslos.

Beim iPhone 5S wird es wohl eher bei gedeckten Farben ab Werk bleiben. Neu ist die cremefarbene Version in der Mitte.

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Bei der eingebauten Kamera ist man sich noch nicht sicher, ob es bei einem 8-Megapixel-Sensor bleiben wird oder Apple auf 12 Megapixel aufgestockt. In jedem Fall soll ein Dual-Flash für bessere Fotos mit Blitz sorgen. Doch auch hier schläft die Konkurrenz nicht. Nokia hat in sein neues Lumia 925 eine sehr starke 8,7-Megapixel-Kamera eingebaut, die vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen das iPhone übertrumpft. Und weil Nokia momentan sehr viel Wert auch hochwertige Fotos legt, wird im Lumia 1020 sogar eine 41-Mepapixel-Kamera verbaut. Das klingt zwar beeindruckend, doch der Kenner weiß, dass die Bildqualität nicht von der Pixelanzahl, sondern von der Pixelgröße und der Lichtempfindlichkeit abhängt.

Als relativ sicher gilt, dass Apple auch eine 128-GB-Variante des 5S anbieten wird. Durch die steigende Größe von digitalen Medien wie Full-HD-Videos, hochauflösenden Fotos und hochwertigen Musikdateien, ist mehr Speicherplatz immer von Vorteil. Allerdings wird die Topvariante auch einen Toppreis haben. Wie beim akutellen iPad werden vermutlich 100 Euro Aufpreis zur 64-GB-Variante fällig. Auch das ist ein ständiger Kritikpunkt an iPhones, da sich der Speicher nicht praktischer Weise, wie zum Beispiel beim Samsung Galaxy S4, mit einer externen Micro-SD-Karte bis 64 GB aufrüsten lässt.  

Schwachstelle Nr. 4: Kaum Überraschungen

Nachdem das MacBook Air Anfang Juni den neuen WLAN-Standard 802.11ac erhalten hat, wird wohl auch das iPhone 5S diese Technologie beherrschen. Das sorgt für schnellere Übertragungsraten und mehr Reichweite, vorausgesetzt, man ist mit einer 802.11ac-Basisstation per WLAN verbunden. Unsicherheit herrscht, ob das neue iPhone in Deutschland endlich alle LTE-Frequenzen unterstützen wird und nicht wie bislang nur die bestimmter Mobilfunkanbieter. Zudem wäre die Unterstützung des superschnellen LTE-Advanced ein weiterer Schritt Richtung Zukunft.  

Welches Betriebssystem bringt das neue iPhone mit? Kommt schon das neue iOS7?

© dpa

Neben einem schnelleren Prozessor und einer besseren Grafikeinheit soll vor allem ein Fingerabdruck-Scanner in der Hometaste das Highlight des neuen iPhones werden. Sicherlich eine große Herausforderung für Apple, denn der Scanner muss absolut zuverlässig arbeiten. So kamen auch schnell Gerüchte auf, es gäbe Probleme bei der Produktion, was wiederum zu Lieferengpässen bei der Einführung des iPhones führen könnte.

Mit einem Trick sorgt Apple trotz der kaum veränderten Außenhülle für ein dennoch frisches Erscheinungsbild. Denn mit dem iPhone 5S hält auch das komplett neu gestaltete Betriebssystem iOS 7 Einzug. Es wurde entstaubt und bekam ein luftiges, teils transparentes Design mit neuen Schriften und Icons, die viel puristischer und moderner wirken. Und weil das iPhone zum Großteil aus einem Bildschirm besteht, der die neue Bedienoberfläche anzeigt, kommt doch noch ein kleines Wow-Gefühl beim Betrachter auf. Und das Beste daran: iOS 7 lässt sich auch nachträglich auf dem iPhone 4, 4S und 5 installieren. Allerdings gab es erste Erfahrungsberichte, wonach es auf dem veralteten iPhone 4 nicht mehr ganz flüssig laufen soll. Also lieber erst ab iPhone 4S installieren.

Der Hoffnungsträger: Das Billig-iPhone

Neben den hübschen Farben wird das Gehäuse des Billig-iPhone 5C aus Plastik sein. Unklar ist noch, ob auch Funktionen eingeschränkt werden.

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Die größte Überraschung erwarten Experten allerdings nicht vom iPhone 5S selbst. Stattdessen rechnet man fest mit der Vorstellung eines kleinen Bruders namens iPhone 5C. Dabei soll es sicht um ein Low-Budget-iPhone aus farbigem Kunststoff handeln. Das C stünde demnach für Colors und würde für ein jugendliches Aussehen sorgen. Seit Wochen kursieren im Internet quietschbunte Plastikhüllen mit einem iPhone-Schriftzug herum. Laut Insidern kann es sich hier tatsächlich um die günstige Variante eines iPhones von Apple handeln. Schließlich müsste das Unternehmen bei einer Billigvariante Produktionskosten einsparen und das ließe sich am einfachsten mit einem simplen Kunststoffgehäuse samt altbewährter Technik aus dem iPhone 5 realisieren.

Marktbeobachter gehen davon aus, dass Apple nur mit einem günstigen iPhone-Modell langfristig gegen die Konkurrenz weltweit bestehen kann. Insbesondere Märkte wie China und Indien, aber auch weniger solvente Kunden aus westlichen Staaten, verlangen nach erschwinglichen Smartphones, wie sie Marktführer Samsung oder der Mitbewerber LG liefern. Schon früher hat sich bei Apple die „Billigvariante“ eines etablierten Produkts zum Verkaufsschlager entwickelt. Der günstigere iPod nano hat das Original bei den Verkaufszahlen weit überholt. Und vielleicht droht dem iPhone langfristig das gleiche Schicksal: Es gibt das Zepter einfach weiter an seinen jüngeren, cooleren Bruder. Wir sind gespannt.

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