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Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) in einer thüringischen Kloß-Manufaktur.

© A. Neugebauer/MDR

"Tatort" aus Weimar: In diesem Tatort passt alles zusammen wie Kloß mit Soß

Entlang der Nahrungskette: Nach der Rostbratwurst kommt der Kartoffelkloß. Tschirner und Ulmen arbeiten sich im Weimar-„Tatort“ an Thüringer Spezialitäten ab.

Der Spruch, etwas sei „klar wie Kloßbrühe“, ist ganz und gar nicht eindeutig. Überwiegend wird die Floskel so verstanden, dass die Kloßbrühe wegen der trüben Sicht jeden Blick auf darunter liegende Dinge verwehrt. Aber es gibt noch eine völlig gegenteilige Erklärung. Kloß bezieht sich dabei auf Kloster, durch die meist sehr dünne Fastenbrühe konnte man den Tellerboden sogar besonders gut erkennen. Der „Tatort“ aus Weimar an diesem Sonntag fügt dem Ausspruch nun eine weitere Bedeutung hinzu.

Kurt Stich, Leiter des Weimarer Kriminalkommissariats und Chef von Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen), wird in diesem „Tatort“, der zu großen Teilen in einer thüringischen Kloß-Manufaktur spielt, für einige Zeit in eine Kühlkammer eingesperrt. Vor vielen Jahren, als Stich (Thorsten Merten) selbst noch ermittelte, sollte er das Verschwinden von Roswita Hassenzahl, der Ehefrau des Kloßfabrikanten aufklären. Er tippte auf Mord und beschuldigte Cordula Remda-Teichel (Christina Große), die Geliebte von Christoph Hassenzahl, des Mordes. Obwohl Stich dies mangels Leiche nicht beweisen konnte, unternahm sie einen Selbstmordversuch – allerdings ohne Erfolg. Inzwischen ist der Chef tot, Ehefrau Roswita nach sieben Jahren mit Amnesie wieder aufgetaucht und Stich muss zur Buße in den übergroßen Kühlschrank. Als er wieder befreit wird, von ebenjener Ex-Geliebten des Chefs, serviert Cordula Remda-Teichel ihm noch eine Tasse mit sehr trübem Inhalt. „Nichts wärmt so wie Kloßbrühe“, sagt sie zur Erklärung. Also nicht mehr „klar wie Kloßbrühe“, sondern „heiß wie Kloßbrühe“.

Die „Tatort“-Komödien aus Weimar liefern sich inzwischen in der siebten Folge ein Humorduell mit den Münsteraner Kollegen. Die Späße aus Westfalen sind dabei häufig von noch derberer Natur, die Thüringer mögen es etwas feinsinniger. In der Folge „Die robuste Roswita“ – gemeint ist damit nicht die Fabrikantenfrau, sondern eine nach ihr benannte Kartoffel, sind die Autoren Murmel Clausen und Andreas Pflüger zu absoluter Höchstform aufgelaufen. Auf Sätze wie „39,3 bei Issus Keilerei. Ab ins Bett“ – es geht um Stichs Erkältung – folgen Ausführungen wie „Christoph war meine Sonne, mein Yin und Yang. Wir haben zusammengepasst wie Kloß und Soß“ – so zumindest beschreibt die vielfach betrogene Fabrikantenehefrau den Zustand ihrer Ehe, bevor sie ihr Gedächtnis verlor.

Humoroffensive: Von Soß und Kloß zu Klos

Die sieben Jahre zwischen dem Unfall und dem Tag des Ablebens ihres Mannes hat die robuste Roswita übrigens als „Hygienebeauftragte einer Tankstelle“ verbracht, oder wie es Tschirner nennt – „von der Kloßkönigin zur Königin der Klos“. Immerhin lernte sie auf diese Weise ihren Retter Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) kennen. Mogli, so nannte er sie in Ermangelung des richtigen Namens, und Schnecki – ein echtes Dreamteam.

Im Fernduell der Skurrilitäten zwischen Weimar und Münster punkten die Thüringer nicht nur verbal, auch bei der Todesart setzen die Ostdeutschen neue Maßstäbe. Zu Beginn der Episode stoßen die Beamten auf einen großen Karton mit ominösem Inhalte, der an Katzenstreu erinnert. Wie sich schnell herausstellt, handelt es sich jedoch um die Überreste des Fabrikanten, der offensichtlich in seinen eigenen Schockfroster geraten ist, auf minus 196 Grad runtergekühlt und dann mit Ultraschall zerkleinert wurde. „Granuliert. Das hatten wir auch noch nicht“, wie Nora Dorn meint.

90 Minuten lassen sich mit Zoten und ausgefallenen Tötungsmethoden freilich nicht bestreiten, jedenfalls nicht in einem „Tatort“. Schließlich geht es um Deutschlands erfolgreichstes TV-Krimiformat und – wie gesagt – um die zweitwichtigste Thüringer Spezialität nach der Bratwurst.

Bei der Suche nach Verdächtigen können Dorn und Lessing zudem in der Nahrungskette des Kloßes bleiben. Der Fabrikant hatte den Kartoffelbauern Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) in den Ruin getrieben, und auch Marion Kretschmar (Anne Schäfer), die Einkaufsleiterin einer Supermarktkette, war auf Hassenzahl nicht gut zu sprechen. Also alles „klar wie Kloßbrühe“. Kommt darauf an, wie man es versteht. Sicher ist jedoch, dass sich der „Tatort“ aus Weimar absehbar neuen Themen zuwenden muss, die nichts mit Nahrungsmitteln zu tun haben. Die Rostbratwurst hatte die Reihe bereits vor fünf Jahren mit der Auftaktfolge „Die fette Hoppe“ verspeist.

„Tatort: Die robuste Roswita“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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