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Endlich am Ziel? Roli (Nicholas Ofczarek) schwenkt einen Aktenkoffer, der mit ganz viel Lösegeld gefüllt sein soll.

© ZDF und Ingo Pertramer

"Höhenstraße", eine Österreich-Posse: "Der Uku ist kein Neger. Der ist a ganz feiner Kerl"

„Höhenstraße“ oder der Österreicher kann auch sehr komisch – wenn er David Schalko heißt. Und Nicholas Ofczarek spielt

Wer den Österreicher und hierbei speziell den Wiener in seinem Hier und Jetzt verstehen möchte, der ist bei David Schalko bestens aufgehoben. Ob „Braunschlag“, „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ oder der jüngste Roman „Schwere Knochen“, Schalko steht für das, was die Schriftstellerin Eva Menasse im aktuellen „Zeit“-Interview über ihr Heimatland feststellt: „Wenn Sie Österreich verstehen wollen, müssen Sie immer vor Augen haben, dass es einst ein Großreich war.“ Jetzt gebe es mit Wien zwar noch die Weltstadt, aber inmitten eines kleinen Alpenlandes. „Das Gefühl ehemaliger Größe ist noch da, aber auch das Bewusstsein, dass man ein Kaiser ohne Kleider und mit schmutzigen Zehennägeln ist“, sagte Menasse.

Von solchen Reflexionen und Einsichten sind Roli (Nicholas Ofczarek, „Der Pass“) und Ferdinand (Raimund Wallisch, „Altes Geld“) sehr weit entfernt. Sie sind Kleinkriminelle: einen heben, Unschuldige wahllos anhalten und dann erpressen. Für die Wegelagerer ist das eine rechte Gaudi – bis die vermeintlichen Streifenpolizisten einen Mann und seinen afrikanischen Begleiter kurzerhand festnehmen. Nur was macht man nun mit zwei eingekerkerten Männern im Keller, wenn man morgens wieder zur Besinnung kommt? Für die beiden Protagonisten im Landkrimi „Höhenstraße“ liegt die Lösung auf der Hand: Lösegeld fordern und auf die Sonnenseite des Lebens wechseln.

Robert lebt vom Spermaverkauf

Es kommt noch schräger. Roli wanzt sich als falscher Kommissar an die übervorsorglichen und auf ihre kleine Welt begrenzten Eltern einer der Geiseln heran. Dabei kommt heraus, dass Robert (David Oberkogler, „Grenzland“) für den Lebensunterhalt sein Sperma verkauft, worauf seine Mutter wahnsinnig stolz ist („Er hat halt Spaß daran – und er ist fleißig“). 18 Kinder soll er so schon gezeugt haben. Die zweite Geisel, der Afrikaner Uku (Olivier Mukuta), soll mit Roberts Schwester (Doris Schretzmayer, „Die Toten vom Bodensee“) verkuppelt werden – was die für eine merkwürdige Idee hält.

Eine famose Besetzung, vorneweg Nicholas Ofczarek und Raimund Wallisch, trägt den boshaften Film. Und dass der Soundtrack Cat Stevens und Georg Danzer zusammenbringt, löst beim Zuschauer einen erfreulichen Move aus. Wie auch der unerwartete Gastauftritt der Wiener „Tatort“-Kommissare Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer. Österreich kann sehr klein und sehr groß sein.

Mit diesen Mitteln und Möglichkeiten rollt Regisseur und Drehbuchautor David Schalko eine wuschige Geschichte aus, die Abgründe zutage fördert und Welten aufeinanderprallen lässt. Passive bis offene Fremdenfeindlichkeit, absurder Stolz auf merkwürdige Lebensleistungen, Übervorsorge ohne echtes Gespür für Probleme, ein beherztes Ja zur Korruption werden zu einer Melange gemischt, die an die besten Ausgaben von „Kottan ermittelt“ erinnert.

Grauenhaft komisch

Mit ein bisschen Fremdscham gewürzt, ist der erstmals im ORF ausgestrahlte Film, der sich 2017 beim Deutschen Fernsehkrimipreis gegen die Konkurrenz durchsetzte, ein bizarres Panoptikum. Die Jury sprach damals gar von einem „unerwarteten Meisterwerk der Filmkunst“ und der „grauenhaft komischen, abgründig witzigen Welt“ des David Schalko.

Seine Inszenierung bietet sorgfältig gebaute Bilder, doch die eigentlichen Akzente kommen aus den Dialogen und Sentenzen. Also ist der Rassismus zwar gemein, aber gut gemeint: „Der Uku ist kein Neger. Der ist a ganz feiner Kerl.“

Im Film ist das und anderes des Dialektes wegen nur schwer zu verstehen. Gut, wer jetzt einen Österreicher kennt – und versteht. Joachim Huber

„Höhenstraße“, ZDF, Mittwoch, um 20 Uhr 15

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