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Im Rahmen einer Razzia hat die Berliner Polizei am Donnerstag zehn Wohnungen von Personen durchsucht, die rechtsextreme Hetze in sozialen Netzwerken verbreitet haben sollen.

© dpa

Hetze auf Facebook & Co: Aktenzeichen Hass

188 Kommentare hat Facebook im ersten Halbjahr 2015 gelöscht - wie effektiv das Netzwerk gegen Hetzer vorgeht, bleibt jedoch unklar. Derweil führt die Berliner Polizei eine Razzia bei Verfassern rechtsextremer Parolen durch.

Die Polizei klingelte am frühen Morgen, Hausdurchsuchung. Der Vorwurf: Rechtsextreme Hetze in sozialen Medien, meistens gegen Flüchtlinge, meistens auf Facebook. Wohnungen von insgesamt zehn Personen wurden bei der Razzia am Donnerstag in Berlin durchsucht, Computer und Handys beschlagnahmt. 60 Beamte waren im Einsatz, teilte eine Polizeisprecherin mit – und ist Facebook damit in Sachen Transparenz weit voraus.

Sind 188 gelöschte Kommentare 01, Prozent oder 100 Prozent?

Weiterhin schweigt das US-Unternehmen darüber, wie viele Mitarbeiter es im Einsatz hat, um gemeldete Kommentare zu überprüfen. Auch gibt Facebook nicht bekannt, wie viele Beiträge auf Facebook von Nutzern gemeldet und deshalb gelöscht werden, weil sie gegen die sogenannten Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen.

Zwar teilte das soziale Netzwerk am Donnerstag im Rahmen des Global Government Requests Report mit, dass im ersten Halbjahr 2015 in Deutschland 188 Kommentare gesperrt wurden, weil in ihnen beispielsweise der Holocaust geleugnet wurde – aber diese Zahl sagt eben nichts darüber aus, wie effektiv Facebook tatsächlich gegen Hass und Hetze auf seinen Seiten vorgeht. 188 gesperrte Kommentare können demnach 0,1 Prozent der gemeldeten und überprüften Kommentare sein. Oder 100 Prozent.

Rund 2300 Anfragen gab es von Strafverfolgungsbehörden

Und doch lässt sich aus dem Bericht ablesen, dass die Zahl der strafrechtlich relevanten Kommentare auf Facebook offensichtlich gestiegen ist. Denn noch im zweiten Halbjahr 2014 waren nur 60 Beiträge in Deutschland gesperrt worden. Auch weltweit betrachtet stiegen die Einschränkungen stark an: Laut dem Bericht des Unternehmens wurden im ersten Halbjahr 2015 mit rund 20 600 Einträgen mehr als doppelt so viele eingeschränkt wie im zweiten Halbjahr des Vorjahres – aber auch hier gilt: Es handelt sich nur um Beiträge, die gegen lokales Recht in den jeweiligen Ländern verstoßen. So würde Facebook beispielsweise in den USA einen Beitrag, in dem der Holocaust geleugnet wird, nicht löschen, weil dies in Amerika keine Straftat ist.

Wollen Strafverfolgungsbehörden selbst gegen Nutzer vorgehen, sind sie auf die Zusammenarbeit mit Facebook angewiesen. Insgesamt 2344 Mal seien in Deutschland Daten von entsprechenden Behörden im ersten Halbjahr 2015 angefragt worden, heißt es in dem Bericht, in rund 36 Prozent der Fälle habe Facebook Auskunft erteilt. In den sechs Monaten zuvor hatte es 2132 Anfragen gegeben.

Den Hetzern drohen Geld- und sogar Haftstrafen

Auch im Rahmen der Razzia war die Berliner Polizei mit Facebook in Kontakt. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen laufe in dieser Hinsicht unproblematisch, heißt es. Bei den zehn Fällen seien Anzeigen von Bürgern berücksichtigt worden, zum Teil hatte die Polizei selbst in den sozialen Netzwerken ermittelt. Zahlen zu den Ermittlungen und Anzeigen wegen Hetze in sozialen Netzwerken insgesamt gibt es nicht vonseiten der Berliner Polizei. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) appellierte an die großen Anbieter sozialer Netzwerke, „selbst entschlossener gegen Hasspropaganda vorzugehen“. Die Behörden könnten diesen Kampf alleine nicht gewinnen, obwohl sie die sozialen Netzwerke verstärkt im Auge hätten.

Den neun Männern und der Frau, die bei der Razzia überprüft wurden, drohen nun Geld- oder sogar Haftstrafen.

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