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Lebbe geht weiter. William (Pål Sverre Hagen, Mitte) hat seine Frau rausgeschmissen. Jetzt sitzt er mit seinen Söhnen Emil (Oliver Krantz-Mikaelsen, zweiter von links) und Max (William Øksnevad, zweiter von rechts) und zwei Au-pairs am Tisch.

© ZDF und Fremantle Norway

„Exit“-Fortsetzung in ZDFNeo: Gegenwartsnihilisten

Schillern und Scheitern: Auch Staffel II der Norwegen-Serie „Exit“ zeigt Männer im Rausch.

Anschnallen, bitte! Die „Exit“-Rauschfahrt geht über acht Stationen weiter. Schneller, krasser, aufregender. Schon der Start geht steil: Henrik Kranz (Tobias Santelmann) hat auf der Jagd nach dem immer neuen Kick in Mosambik Sex mit einer Prostituierten. Danach sucht er sein Kondom und findet es nicht. Panik. Aids?

Jeppe Schoitt (Jon Øigarden) rast weiter auf der Überholspur. Allerdings hat auch der Sonnenseiten-Eingeborene nicht alles im Griff. Er erwischt seine Frau beim Seitensprung, für ihn eine Umkehrung der liebgewonnenen Verhältnisse: Fürs Fremdgehen ist der selbsternannte Champion of the world zuständig. Steigt der Sonnengott vom Thron?

[„Exit“, ZDFNeo, Freitag, 22 Uhr. ZDF-Mediathek, 23, Juli, alle Folgen]

Adam Veile (Simon J. Berger) lebt jetzt getrennt von seiner Frau Hermine (Agnes Kittelsen). Heißt: Noch mehr Koks, noch mehr Millionengewinne, noch mehr Sex-Partys. Was er nicht weiß und schon gar nicht ahnt: Hermine muss miterleben, dass das Kind, dessen Vater Henrik ist, noch vor der Geburt stirbt. Sie ist außer sich vor Trauer, die sich in kalte Wut verwandelt, denn es ist offensichtlich, dass Adam am Tod des Babys schuld ist. Jetzt hat Hermine nur noch Rache im Sinn. Und sie ist entschlossen, Adam in seinem Lindenblatt zu treffen: Geld.

Schließlich William Bergvik (Pål Sverre Hagen), der ja seinen Suizidversuch überlebt hat, eine Therapie absolviert hat und in seinem „neuen“ Leben gleich mal seine Frau Cecile (Ine Wilmann) aus dem Haus schmeißt und die Kinder zu sich holt. Auch Pim kommt als Kindermädchen zurück. Bleibt er stabil?

Ein zügelloses Männerquartett

Herzlich Willkommen bei „Exit“! Die norwegische Serie macht sich in der Fortsetzung bei ZDFNeo daran, ein zügelloses Männerquartett zum Schillern und zum (teilweisen) Scheitern zu bringen. Denn eines wird deutlich: Jeder der „Überflieger hat Sollbruchstellen. Der raffgierige, zuhälterische Kapitalismus zeigt sein Haifischmaul, die Frauen, jedenfalls die Ehefrauen legen das Trophäen-Etikett ab, zwar mutieren sie nicht zu Gleichstellungsbeauftragten, dafür zu Rachefurien.

Auf der einen Seite zelebriert „Exit“ den Status quo eines Lebens im Rausch, zum anderen ist die Entfremdung der einzelnen Paare existenziell, im Kern treibt sie alle eine ungeklärte Niedergeschlagenheit an, die als Gefühl zu bezeichnen eine maßlose Übertreibung wäre. Aller Leben ist Attitüde und fragil zudem. Hochtrabend gesagt: „Exit II“ zeigt eine (anziehende) Misere, betrieben von ausgewiesenen Gegenwartsnihilisten.

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Einfacher gesagt: verflixt gute Unterhaltung in und um Oslo herum. Dass Geld nicht bodenlos glücklich macht, wusste das Publikum schon, wie und wen es unglücklich macht, das weiß es dank „Exit“ sehr viel genauer.

Die Drehbücher von Petter Testmann-Koch und Lars Gautneb formen eine rasend schnelle Erzählung, die weniger aus dem Inneren der Personen kommt als aus ihren Handlungen. „Exit“ drängt immer nach vorne, zuweilen mehr eine Nummernfolge als eine Abfolge von fein getunten Szenen. Hier wird Überwältigung betrieben, gerne mag sie sich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern als Überzeugung einstellen.

Regisseur Øystein Karlsen betreibt eine Gegenwartsdiagnose mit den Mitteln einer gegenwärtigen Serie. Und sein Ensemble betreibt sie mit. Keine Schauspielerin, kein Schauspieler, die/der ihre/seine Figur nicht fester in den Griff genommen hat. Okay, Vieldeutigkeit ist nicht, dafür robuste Eindeutigkeit. Bruchloses Spiel in einer Welt von Gier, Geilheit, Gereiztheit, Gewöhnlichkeit.

Aber zwei Positiva sollen nicht verheimlicht werden. Oslo sieht im Sonnenlicht sehr gut aus, und Jeppe scheint kurz vor einem Lebensziel zu stehen: die Versöhnung seiner Eltern.

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