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QAnon-Anhänger in den USA.

© REUTERS

Neue Studie auch zu QAnon: Experten warnen vor Verharmlosung von Verschwörungsmythen

Anhänger der jeweiligen Verschwörungserzählung sprächen sich mitunter auch „implizit oder explizit für neue Gewaltordnungen“ aus.

Experten warnen eindringlich vor einer Verharmlosung von Verschwörungsmythen. Auch wenn diese teils „grotesk“ anmuteten, seien sie gefährlich, „weil sie Gruppen oder Individuen identifizieren, gegenüber denen Gewalt als letztes Mittel und Notwehrmaßnahme scheinbar gerechtfertigt“ sei, heißt es in einer am Montag vorgestellten Studie.

Anhänger der jeweiligen Verschwörungserzählung sprächen sich mitunter auch „implizit oder explizit für neue Gewaltordnungen“ aus. Solche Mythen hätten für Sympathisanten einen „politischen Gebrauchswert“: Gewaltandrohungen gegen Einzelne sollten so, die Rechtsordnung umgehend, legitimiert werden.

Das American Jewish Committee (AJC) Berlin Ramer Institute hatte die Studie in Auftrag gegeben, der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) sie erstellt.

Die Untersuchung trägt den Titel „Antisemitische Verschwörungsmythen in Zeiten der Coronapandemie. Das Beispiel QAnon“. Die Studie hält fest, dass auch in aktuellen Verschwörungsmythen Juden zentral als vermeintlich Schuldige benannt würden, so auch bei QAnon.

Die Untersuchung erinnert daran, dass im Zentrum dieser Bewegung, die sich von Ende 2017 an in den USA verbreitete, die Legende steht, dass ein „satanischer Kinderhändlerring, der Deep State“, mit dem Blut von Kindern einen Stoff gewinne, der Alterungsprozesse verhindere.

„Unter dem Dach von QAnon werden teils jahrhundertealte antisemitische und rassistische Denkmuster mit aktueller Weltpolitik zusammengestrickt, was es Menschen aus unterschiedlichen Gruppen erlaubt, sich dieser Bewegung anzuschließen und zusätzliche Elemente, wie beispielsweise Impfmythen, zu inkorporieren.“

Eine in Gut und Böse schlicht unterteilte Weltsicht als Bindeglied

In den USA gibt es laut Studie Inhalte und Anhänger betreffend „große Überschneidungen mit religiösem Fundamentalismus, genauer: den Evangelikalen“. Eine Umfrage unter 1.700 US-Amerikanern habe gezeigt, dass die Hälfte der evangelikalen Christen den QAnon-Mythen zustimme oder stark zustimme. Eine in Gut und Böse schlicht unterteilte Weltsicht sei hier das Bindeglied.

Zugleich sei ein QAnon-Umfeld geschaffen worden, „das von einer Litanei selbstreferentieller Quellen, Zitaten und Theorien“ gestützt werde, so die Studie. Und: „QAnon ist die erste Bewegung aus dem verschwörungsgläubigen Spektrum, die den partizipativen Charakter der Sozialen Medien verstanden und beispielhaft für sich genutzt hat.“ Es sei zu beobachten, dass sich Anhänger überdurchschnittlich schnell radikalisierten, etwa in der Corona-Pandemie.

Bis März 2021 verübten QAnon-Anhänger 66 „ideologisch motivierte“ Straftaten in den USA, wie die Studie notiert. Auch beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 waren viele Sympathisanten dabei. Die Zahl der QAnon-Facebook-Gruppen sei 2020 „explosionsartig“ gestiegen. Etwa jeder fünfte US-Amerikaner habe an mindestens einen von vier Verschwörungsmythen aus dem QAnon-Spektrum geglaubt.

Laut dem Institute for Strategic Dialogue war zwischen November 2019 und Juni 2020 Deutschland das Land mit den fünftmeisten Tweets, die sich auf QAnon bezogen. In Chats, Messenger-Kanälen und anderen digitalen Sphären zeige sich auch die Vernetzung unterschiedlicher Gruppen. Mittlerweile sei insgesamt eine gewisse Stagnation zu erkennen, heißt es - für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh. (Von Leticia Witte/KNA)

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