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Mit Leib und Seele. In einer Zeit, in der Malen bedeutet, die Natur exakt nachzubilden, entwickelt die junge Paula Modersohn-Becker (Carla Juri) ihren ganz eigenen Stil.

© WDR

Arte-Film über Paula Modersohn-Becker: Ein Fest der Sinne

Mehr als das Porträt einer Malerin und eine überzeugende Hauptdarstellerin Carla Juri: Der Film über Paula Modersohn-Becker.

„Ist ein Fest schöner, weil es länger ist?“, hat Paula Becker im Sommer 1900 in ihrem Tagebuch notiert und sich vorgenommen: Ihr Leben soll ein Fest sein, kurz und intensiv. Einmal noch die Liebe erleben und drei gute Bilder malen, „dann will ich gern scheiden.“ Sechs Jahre später starb sie, gerade mal 31, kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes. Sie hinterließ 750 Gemälde.

Schlicht „Paula“ hat Christian Schwochow sein filmisches Porträt der Expressionistin Paula Modersohn-Becker genannt. Die Malerin hat die Kunstwelt zu einer Zeit erobert, als Frauen an den Akademien nicht erwünscht waren. Mit Carla Juri („Feuchtgebiete“) hat Schwochow eine Idealbesetzung gefunden. Die Schweizerin versieht ihre Heldin mit einer frischen Natürlichkeit, die allein schon ein Erlebnis ist. Und natürlich verkörpert sie Paula als moderne freiheitsliebende Frau, die sich um keinerlei Konventionen schert, nicht in gesellschaftlicher und schon gar nicht in künstlerischer Hinsicht.

Für Schwochow ist ein Frauenporträt wie „Paula“ ein eher ungewöhnliches Werk. Andererseits ist seine Filmografie nicht zuletzt dank seiner vielfach preisgekrönten Kino- und Fernseharbeiten über die DDR und ihr Erbe („Bornholmer Straße“) von historischen Stoffen geprägt. Mit der Ken-Follett-Verfilmung „Die Pfeiler der Macht“ hat er gezeigt, dass er gemeinsam mit seinem Kameramann Frank Lamm auch große Bilder gestalten kann.

Eigensinn, Hartnäckigkeit und ein starker Glaube an das Talent

Das beweisen die beiden hier vor allem in der ersten Hälfte, als Paula in die Künstlerkolonie Worpswede zieht. Gerade die winterlich nebligen Landschaftsaufnahmen sind von einer Schönheit, die sich kaum in Worte fassen lässt. Mit dem Umzug, als Paula ihrer Freundin Clara Westhoff (Roxane Duran) nach Paris folgt, ändert sich zur zweiten Hälfte die Haltung der Hauptfigur und somit auch die Machart des Films. Paula ist nun keine Suchende mehr, sondern entdeckt ihren eigenwilligen Stil, dem sie ihren Ruf als vielleicht bedeutendste Expressionistin verdankt.

Autor Stefan Kolditz hat gemeinsam mit Stephan Suschke eine angenehme Balance gefunden. „Paula“ ist sowohl Porträt einer Künstlerin wie auch Hommage an eine ungewöhnliche Frau. Dafür ist vor allem Carla Juri zuständig, weil sie Paula mit Leib und Seele verkörpert. Eigensinn, Hartnäckigkeit und ein starker Glaube an das Talent gehören zur Rolle, Juri versieht die Frau zudem mit einer Lebhaftigkeit, die die Malerin zu einer modernen Figur macht.

Dass sie trotz diverser Ehejahre als Jungfrau in Paris eintrifft, weil Otto Modersohn Angst hat, seine Frau zu schwängern und im Kindbett zu verlieren, dürfte zwar künstlerische Freiheit sein, beschert dem Film aber einige erotische Momente, als sie mit Hilfe eines ansehnlichen Bohemiens die Wonnen der körperlichen Liebe entdeckt.

Die Dominanz der Hauptdarstellerin hat jedoch zur Folge, dass die männlichen Kollegen ausnahmslos verblassen. Trotzdem muss „Paula“ den Vergleich mit anderen deutschen Künstlerporträts der letzten Jahre, vom Schiller-Film „Die geliebten Schwestern“ bis zu „Goethe!“, nicht scheuen. Im Gegenteil.

„Paula“, Mittwoch, Arte, 20 Uhr 15

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