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Auf Reise: Maria (Esel Lore), Felix (Yoran Leicher), Marcel (Mehdi Nebbou).

© BR/Hager Moss Film GmbH/Jacqueli

ARD-Roadmovie „12 Tage Sommer“: Drei Esel unterwegs

Wandern als Vater-Sohn-Kur: „12 Tage Sommer“ ist ein leichtfüßiges Roadmovie durch Oberbayern.

Marcel (Mehdi Nebbou) kommt mal wieder zu spät. Sein Teenager-Sohn Felix (Yoran Leicher) war nach einer Autofahrt in betrunkenem Zustand im Krankenhaus gelandet, hat aber das Weite gesucht, ehe Marcel dort eintrifft. Noch am selben Tag müssen beide zum Gericht eilen. Felix, dessen Mutter auf einem Schweigeseminar in der Schweiz weilt, hält von seinen getrennt lebenden Eltern offenbar nicht mehr allzu viel.

Der Jugendrichterin (Franziska Schlattner) hat er erklärt, er wolle in ein Heim für jugendliche Straftäter eingewiesen werden. Der Vater kümmert sich zwar, aber eher nach dem Motto: wohl oder übel. Die kluge Richterin gibt Marcel einen Monat Zeit, um wieder ein verlässlicher Vater zu werden. Marcel beschließt, mit seinem Sohn auf eine mehrtägige Wandertour zu gehen.

Wandern liegt seit Jahren im Trend. Da hat der Bayerische Rundfunk schon mal alles richtig gemacht mit dem Fernsehfilm, der aus irgendeinem Grund zum fiktionalen Fernseh-Höhepunkt der ARD-Themenwoche „Stadt. Land. Wandel – Wo ist die Zukunft zu Hause?“ erkoren wurde („12 Tage Sommer“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15).

Vielleicht weil alles darin vorkommt, die Stadt (München), das Land (Oberbayern) und der Wandel, wenn auch nicht zwischen Stadt und Land, sondern im Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Die Tour soll die beiden von München aus bis auf den Gipfel der Zugspitze führen.

Gut 100 Kilometer in zwölf Tagen, das mag tatsächlich möglich sein. Zumal ein Esel namens Maria das Gepäck trägt. Eine Pilgerreise wird aus dem Film nicht, auch wenn Felix mal unverhofft mit dem Vaterunser konfrontiert wird.

Nun tauchen Figuren wie der unzuverlässige Vater und das stets genervte, pubertierende Kind gefühlt in jedem zweiten Familiendrama auf. Auch muss man erst die holprige Einführung hinter sich lassen, ehe der Film zur Ruhe und gleichzeitig als oberbayerisches Roadmovie auf Touren kommt – wobei „Roadmovie“ eine nicht ganz zutreffende Genrebezeichnung ist, weil die Protagonisten Straßen bewusst meiden.

Dann sind da noch die fliegende Prinzessin und die alte Honig-Hexe

Felix hat zwar anfangs keine Lust, aber beim Eselfarmer (Michael Kranz) wendet sich das Blatt. Mit Eselin Maria versteht er sich sofort, mit Maria als vierbeinigem Gepäckservice ziehen Vater und Sohn also los.

Die charmante Idee von Autor Jacob Fuhry setzt Regisseur Dirk Kummer ebenso charmant um: als unterhaltsame Reise in zwölf Tageskapiteln mit ernsten und komischen Begebenheiten – ein Roadmovie in einem zauberhaften Oberbayern ohne Folklore- und Bierwerbung-Klischees. Für den leicht mystischen Zug sorgt Schauspieler Michael Kranz mit seiner unverwechselbaren Physiognomie.

Dann sind da noch die fliegende Prinzessin und die alte Honig-Hexe – so möchte man die beiden Figuren bezeichnen, die das Vater-Sohn- Drama auflockern. Despina (Amira Demirkiran) scheint vom Himmel gefallen zu sein. Jedenfalls hat sich die Drachenfliegerin bei einer offenbar verunglückten Landung direkt vor Felix’ Nase in einem Baum verheddert.

Die Frau verdreht Felix den Kopf und hinterlässt eine geheimnisvolle Botschaft. Auch Elisabeth (Monika Baumgartner) kommt wie gerufen: Nachdem Marcel auf ein Brett mit Nagel gefallen ist, hilft die Witwe mit einer Wund- und Honig-Behandlung aus und trägt zur Versöhnung zwischen Vater und Sohn bei.

So fädeln Drehbuch und Regie die Annäherung der Protagonisten warmherzig ein, ergänzt durch Dialoge, in denen sich Marcel und Felix einiges an den Kopf werfen, aber langsam zu öffnen beginnen. Gefühle werden nicht dick aufgetragen, sie entwickeln sich aus den Figuren und der Geschichte. Wandern als Vater-Sohn-Kur: Das für beide bisweilen beschwerliche Abenteuer ist ein überraschend leichtfüßiges Roadmovie.

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