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Ex-„heute-journal“-Moderator Claus Kleber spricht mit Stanford-Professor Fred Turner (li.) über irre Visionen im Silicon Valley.

© ZDF und Alexander Pohl

ZDF-Dokumentarfilm: Digitale Weltherrschaft

Claus Kleber und Angela Andersen warnen im ZDF-Film „Utopia“ vor der Unumkehrbarkeit vieler Visionen.

Die Firma Neuralink von Elon Musk darf bald zu medizinischen Zwecken haarfeine Computer-Sonden testen, die unter die Schädeldecke eingepflanzt werden. Das Unternehmen Kittyhawk des Google-Gründers Larry Page baut Flugtaxis, die ihre Passagiere auch ohne Pilotinnen oder Piloten durch die Luft chauffieren. Und Facebook-Guru Mark Zuckerberg lockt gleich die gesamte Menschheit in seine Metaverse genannte, von menschlichen Avataren bevölkerte Parallelwelt, die „nächste Wiedergeburt des Internets“, wie Claus Kleber aus dem Off kommentiert.

„Zuckerberg will, dass der Sog in sein Imperium unwiderstehlich wird.“ Diesen Sog versuchen Ex-„heute-journal“-Moderator Kleber und seine langjährige Mit-Autorin Angela Andersen selbst mit einer schicken Montage aus Metaverse-Bildern zu erzeugen – ein visueller Trip, der Faszination und Hybris der „irren Visionen im Silicon Valley“, wie der Untertitel ihres Films „Utopia“ lautet, gleichermaßen vor Augen führt.

[„Utopia – Irre Visionen im Silicon Valley“, ZDF, Dienstag, 23 Uhr]

Zuletzt hatte sich das Duo Andersen/Kleber in der Dokumentation „Schöne neue Welt“ (2016) mit den Plänen der Technologiekonzerne im Silicon Valley beschäftigt. Diesmal gehe es um grundsätzliche Fragen, sagt Kleber dem Tagesspiegel: um die Unumkehrbarkeit der Entwicklung.

Wegen der Pandemie habe sich die Arbeit am Film eineinhalb Jahre hingezogen, und auch sonst lief nicht alles wie geplant. Interviews mit Zuckerberg und Musk zum Beispiel kamen nicht zustande, wobei Kleber sich besonders über das beharrliche Schweigen des Tesla-Chefs geärgert hat: „Ich weiß, dass meine Mails an seine Privatadresse angekommen sind. Er kommuniziert offenbar lieber über seine Hundert Millionen Follower auf Twitter, da kommt ihm wenigstens keine journalistische Frage oder Einschätzung in die Quere“, sagt der 66-Jährige, der Ende vergangenen Jahres seine letzte von 2977 „heute-journal“-Sendungen moderierte. Ohne die Interviews sei der Film aber letztlich besser geworden, meint Kleber nun.

Im Gespräch mit Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen

Mit dem ZDF, das „Utopia“ erst am späten Abend ausstrahlt, geht der einstige Nachrichten-„Anchor“ milde ins Gericht. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn „Utopia“ direkt im Anschluss an das „heute-journal“ zu sehen gewesen wäre. Der Sender habe jedoch den besten noch erhältlichen Sendeplatz in dieser Saison zur Verfügung gestellt, sagt Kleber.

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Statt mit den „Herren der Welt“ haben Andersen und Kleber unter anderem mit Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen, dem vom Internet-Pionier zum prominenten Kritiker gewandelten Jaron Lanier und einem der (bislang) weniger bekannten Entwickler aus dem Silicon Valley, Han Zhen, gesprochen.

Außerdem kommentiert Stanford-Professor Fred Turner die Bilder der schönen neuen Metaverse-Welt pointiert und scharf, während Elon Musk im Film vergleichsweise gut wegkommt. „Wenigstens betreibt er nicht Gehirnwäsche wie Zuckerberg“, sagt Lanier. Die Philosophie des Silicon Valley propagiert nun Flugtaxi-Erbauer Anderson: „Frag nicht nach Erlaubnis, bitte lieber um Entschuldigung.“ In Europa dagegen frage man erst nach Erlaubnis.

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