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Hat die Botschafterin einem Ministeriumsmitarbeiter ein falsches Alibi gegeben? Karla Lorenz (Natalia Wörner) trifft sich mit dem charismatischen Ministerialbeamten Stokr (Stipe Erceg).

© ARD Degeto/Roland Suso Richter

„Die Diplomatin“ mit Natalia Wörner: Der Prag-Krimi

Natalia Wörner bekommt es als Diplomatin mit einem dubiosen deutsch-tschechischen KI-Projekt zu tun.

Die Kirchenuhr hat halb zwölf geschlagen, da ist sich Karla Lorenz ganz sicher. Der Mann, mit dem sie essen war, kann also unmöglich zur gleichen Zeit einen Autounfall mit Todesfolge verursacht haben. Aber alle Indizien sprechen gegen ihn. Dieses Rätsel bildet die interessante kriminalistische Herausforderung des fünften Films mit Natalia Wörner als deutscher Botschafterin in Prag. Ihr nächtlicher Begleiter, Daniel Stokr (Stipe Erceg), ist Referent im tschechischen Ministerium für Industrie und Handel, das für ein faszinierendes Projekt verantwortlich ist.

Im Rahmen eines „Future Campus“ konstruiert der deutsche Unternehmer Lahnert (Constantin von Jascheroff) intelligente Prothesen mit KI-Software. Auf diese Weise kann zum Beispiel ein querschnittsgelähmtes kleines Mädchen wieder seine Beine bewegen. Lahnerts Firma ist Weltmarktführer für Roboter im medizinischen Bereich und hat Prag auch dank einheimischer Fördergelder zum neuen Forschungsstandort erkoren.

Bindeglied zwischen den beiden Ebenen ist Stokr. Im Ministerium sind drei Millionen Euro verschwunden, die für das von ihm geleitete deutsch-tschechische Projekt bestimmt waren. Wenn das Geld nicht binnen 48 Stunden wieder auftaucht, fühlt sich Lahnert nicht mehr an den Vertrag gebunden und wird seine Forschungen nicht wie vereinbart in Deutschland, sondern im preiswerteren osteuropäischen Ausland fortsetzen.

Für einen Krimi („Die Diplomatin“, Samstag, ARD, 20 Uhr 15) ist dieser wirtschaftlich-technologische Hintergrund zwar etwas kompliziert, weshalb Karla Lorenz ausgerechnet ihrem wichtigtuerischen Stellvertreter (Michael Ihnow) erläutern muss, warum Deutschland nicht auch noch im Bereich der künstlichen Intelligenz den Anschluss verpassen darf, aber dennoch reizvoll. Kompliziert wird der Fall, weil Autor Christoph Busche, der auch die letzten beiden Episoden der von der ARD-Tochter Degeto verantworteten Reihe geschrieben hat, zusätzlich ein emotionales Geflecht entwirft.

Tonspur sorgt für Irritationen

Die Diplomatin hat eine Beziehung mit dem zuständigen Kommissar, Jan Horava (Alexander Beyer). Der hält Stokr für einen Nebenbuhler und konzentriert seine Ermittlungen ausschließlich auf ihn. Der Referent wiederum hatte mal was mit seiner Chefin, der attraktiven Staatssekretärin Zdenek (Andrea Osvart), die ihre schützende Hand über den Kollegen hält, obwohl die Scheinfirma, an die die Zahlungen geflossen sind, den Namen seines Heimatorts trägt.

Trotz des reichlichen Erklärungsbedarfs lässt sich nachvollziehen, was Regisseur Roland Suso Richter an der Geschichte gereizt hat, und theoretisch hätte aus „Tödliches Alibi“ auch ein richtig guter Krimi werden können, aber die jüngste Tendenz der 2016 gestarteten Reihe setzt sich fort. „Jagd durch Prag“ (2018), der dritte Film, war ein ausgezeichneter Politthriller über ein brisantes Thema (ein geheimes Foltergefängnis der CIA auf tschechischem Boden), aber schon „Böses Spiel“ (2019) war optisch und inhaltlich längst nicht mehr so spektakulär wie die früheren Episoden. Dabei sind die wichtigsten kreativen Köpfe bei den drei Filmen die gleichen. Drehbuch: Christoph Busche, Regie: Roland Suso Richter, Kamera: Max Knauer.

Wie alle Filme des Regisseurs zeichnet sich zwar auch die fünfte Folge durch optischen Aufwand und eine hochwertige Bildgestaltung aus, die vor allem durch sorgfältige Lichtsetzung beeindruckt, aber die Geschichte und ihre Umsetzung sind bei Weitem nicht so packend wie beispielsweise Richters Hochspannungsthriller „Borchert und die tödliche Falle“ aus der Degeto-Reihe „Der Zürich-Krimi“, von seinen großen TV-Produktionen („Dresden“, „Mogadischu“, „Die Spiegel-Affäre“) ganz zu schweigen.

Daran ändert auch die gute elektronische Musik von Chris Bremus (Stammkomponist der ZDF-Krimireihe „Die Toten vom Bodensee“) nichts. Dass die Tonspur trotzdem für Irritationen sorgt, liegt an einer Problematik, für die selbst Richter keine probate Lösung gefunden hat. Die deutschen Darsteller der Tschechen reden ein makelloses Deutsch, die einheimischen Mitwirkenden mit starkem Akzent.

Einige Szenen sind zudem eines Richter-Films schlicht nicht würdig, etwa ein Gespräch zwischen Lorenz und ihrem Assistenten (Jannik Schümann), in dem der junge Mann seiner Chefin und damit dem Publikum erklärt, warum die Botschafterin so eine tolle Frau ist.

Dabei hinterlässt Andrea Osvárt, die ungarische Darstellerin der Staatssekretärin, einen wesentlich nachhaltigeren Eindruck als die eher wächsern wirkende Wörner. Am Schluss wird die Handlung für Zuschauer, die nicht alles mitbekommen haben, zusammengefasst. Das spricht auch nicht gerade für das Drehbuch.

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