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Diane Kruger, 37

© Fox

Diane Kruger im Interview: „Ich höre oft, dass ich ziemlich krass bin“

Diane Kruger spielt in der US-Adaption der „Brücke“. Ein Gespräch über den Umgang mit Autoritäten, Vorurteile über Deutsche und den steigenden Wert von TV-Serien.

Ungeschminkt, in schmuckloser schwarzer Kleidung, Hemd, Hose, Arbeitsstiefel, ihre Seriengarderobe, sitzt Diane Kruger im Konferenzraum des Produktionsbüros von „The Bridge“ in Santa Clarita, eine halbe Autostunde von Hollywood entfernt. Sie misst ihr Gegenüber mit halb skeptischen, halb neugierigen Blicken, und einen Moment meint man ihrer verschlossenen Figur aus der amerikanischen Fernsehserie „The Bridge“ gegenüberzusitzen. Krüger spielt in der US-Adaption der schwedisch-dänischen Koproduktion „Broen/Bron“, die 2012 und 2014 im ZDF zu sehen war, die amerikanische Polizistin Sonya Kraus, die am Asperger-Syndrom leidet. Gemeinsam mit ihrem mexikanischen Kollegen Marco Ruiz (Demián Bichir) ermittelt sie im Fall einer Leiche, die auf der Brücke zwischen El Paso und Ciudad Juárez gefunden wird. Aber die 37-Jährige wirkt nur anfänglich reserviert. Dann taut sie auf und spricht über ihre Ungeschicklichkeit mit Waffen, ihre Probleme im Umgang mit Autorität, ihr Leben in drei verschiedenen Kulturen und ihre Girlie-Seite.

Frau Kruger, man sieht Sie in „The Bridge“ zum ersten Mal als Cop. Dabei haben Sie mal gesagt, Sie kämen mit der Polizei nicht besonders gut klar.

Stimmt, ich bin allgemein nicht gut im Umgang mit Autorität. Ob das die Sicherheitsbeamten am Flughafen sind oder Situationen, wo die Polizei mich anhält oder Knöllchen verteilt. Ich bin da eher ein Freigeist.

Liegt es Ihnen nicht, sich aus solchen Situationen herauszucharmieren?

Nein, das kann ich nicht gut. Mir widerstrebt einfach diese Steifheit des Gesetzes, die uns manchmal auferlegt wird, damit wir in einer funktionellen Gesellschaft leben können. Ich habe meine Probleme im Umgang damit.

Macht es dann besonderen Spaß, eine bisweilen etwas pedantische Gesetzeshüterin zu spielen?

Es ist schon manchmal sehr amüsant, wenn Sonya so ganz schwarz-weiß auf den Regeln besteht.

Wie man hört, amüsiert man sich am Set auch gern über Ihre Ungeschicklichkeit mit Waffen.

Ja, die lachen sich hier hin und wieder tot, wenn ich in einer Szene schreie: „Hände hoch!“ und mir dann fast die Knarre aus den Fingern rutscht. Ich werde zwar langsam besser, aber ich bin einfach nicht die Kanonen-Braut. Ich mag Waffen nicht. Zum Glück ist Sonya mehr mit ihrem Verstand an der Arbeit.

Wir fragen uns sowieso, ob Sie eigentlich um diese Rolle kämpfen mussten. Vor ein paar Jahren haben Sie in „Troja“ die schönste Frau der Welt gespielt, Sie waren das Gesicht von L´Oréal und Calvin Klein und standen eben erst für Chanel vor der Kamera. Und jetzt spielen Sie diese total unglamouröse, spröde Polizistin.

Sonya Kraus hat das Asperger-Syndrom, damit kommt sie ein bisschen unsozial und rüde rüber. Also, man hat mir diese Rolle angeboten, offenbar haben die Serienmacher auch all das in mir gesehen. Sonya sagt bisweilen Dinge sehr direkt, ohne böse Absicht. Ich nehme sie sehr in Schutz, weil ich sie für einen guten Menschen halte, der sich Mühe gibt. Und sie ist einsam, es fällt ihr schwer, Freundschaften und Partnerschaften einzugehen. Asperger ist eine belastende Krankheit, zugleich ist sie auch irgendwie befreiend. Stellen Sie sich mal vor, wir könnten uns die ganzen gesellschaftlichen Nettigkeiten sparen. Wäre doch super!

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Aha, wir merken schon, warum Ihr Asperger-Coach Alex Plank, der selbst betroffen ist, und der Serienautor Elwood Reid sagten, dass Sie als Deutsche ohnehin einige Symptome des Asperger-Spektrums zeigten.

Sie sollten vielleicht lieber nicht schreiben, dass unser Serienmacher meint, alle Deutschen hätten Asperger. Aber Sie sind ja selbst Deutsche und kennen das vielleicht. Ich bin immer schon sehr geradeheraus gewesen, und die deutsche Sprache tut ein Übriges. Die ist einfach sehr direkt, anders als Französisch oder Englisch. Ich höre oft, dass ich ziemlich krass und unumwunden bin. Ist auch drin, was draufsteht, sozusagen.

Das ist zumindest in Los Angeles ein bisschen ungewöhnlich. Die amerikanischen Klatschblätter staunen immer wieder darüber, dass Sie oft ohne Make-Up in der Öffentlichkeit unterwegs sind.

Ach, ich weiß nicht. Ich bin ein ganz normaler Mensch, ich schminke mich halt nicht, nur weil ich in den Laden an der Ecke gehe.

Sind Sie eigentlich inzwischen amerikanische Staatsbürgerin?

Nein, ich habe eine Green Card.

Also jubeln Sie, wenn Deutschland gegen die USA spielt, für wen?

Machen Sie Witze? Für Deutschland natürlich!

Dann ist ja gut. Leben Sie denn hier in den USA?

Ich pendele zwischen Paris und Los Angeles. Da hier die Serie gedreht wird, bin ich fünf Monate im Jahr in L.A. Ich mag L.A. langsam, vorher hatte ich jahrelang in New York gelebt. Zuerst habe ich Los Angeles nicht ganz kapiert. Inzwischen habe ich mich an die Weite, den vielen Platz hier gewöhnt, und an das Wetter. In Los Angeles hat man eher ein Haus als eine Wohnung, und es ist schon was Schönes, einen Garten mit Pool zu haben. Manchmal fühlt sich das wie Urlaub an.

Noch vor Jahren wäre es erstaunlich gewesen, Filmstars wie Sie in einer TV-Rolle zu sehen. Inzwischen scheint alles, was Rang und Namen hat, ins Fernsehen zu streben.

Für uns Schauspieler ist es eine tolle Zeit, sehr aufregend. Die großen Filmstudios machen Comic-Adaptionen und große, teuere Superheldenfilme. Im Fernsehen dagegen kann man mehr machen als das Mädchen in Gefahr zu spielen, die vom Superhelden gerettet wird.

Hat Ihr langjähriger Freund Joshua Jackson, der nach „The Fringe“ jetzt die Showtime-Serie „The Affair“ dreht, Sie auf den Geschmack gebracht?

Nein, ich fand diese Verpflichtung, neun Monate im Jahr über mehrere Jahre eine Serie zu drehen, immer irgendwie erschreckend. Ich bin schon mein ganzes Leben auf der Flucht vor Verpflichtungen, und das schien mir viel zu viel. Aber mein Interesse wurde geweckt, als all diese Serien im Kabelfernsehen starteten. Ich bin ein riesiger Fan von „Mad Men“, ich finde „House of Cards“ smarter als die meisten Filme, die man heute zu sehen bekommt. Wenn Leute wie David Fincher und Steven Soderbergh Fernsehen machen, heißt das schon was.

Würden Sie denn eine Rolle in einem Hollywood-Superheldenfilm heute ablehnen?

Vermutlich bin ich 30 Jahre zu alt dafür. Ich bin nicht mehr der Typ „Mädchen in Not“. Stattdessen habe ich in „The Host“ den Bösewicht gespielt, und das hat Spaß gemacht. Ich mache ja weiter französische Filme, habe nicht das Gefühl, auf irgendwas verzichten zu müssen.

Wo verorten Sie inzwischen Ihre Heimat?

Ich habe nicht das Gefühl, wählen zu müssen, und ich kann ja die Sprachen. Ich fühle mich in Paris sehr zu Hause, ich verbringe genügend Zeit dort, um nicht das Gefühl zu haben, Europa verlassen zu haben. Aber ich genieße es auch sehr, in Amerika zu leben und hier zu arbeiten. Ich schätze mich sehr glücklich, weil ich beide Welten mein nennen darf und nicht zwischen ihnen wählen muss.

Drei Welten, mit Deutschland, oder?

Ja, Deutschland ist zu Hause, auch wenn ich da nicht lebe oder arbeite.

Trotzdem nennen Sie Deutschland noch Ihr Zuhause?

Klar, meine Familie ist ja da. Für mich persönlich ist zu Hause vielleicht eher ein Flugzeug zwischen Europa und Amerika, die Brücke, wenn man so will, zwischen Frankreich und den USA.

Sie haben gesagt, dass Sie das Gefühl, nicht ganz dazuzupassen, gut nachvollziehen können.

Ich hatte schon als Kind das Gefühl, dass mein Platz irgendwie nicht da war. Ich war eine Ballerina, als es angesagt war, Fußball zu spielen. Ich war ein Model, als alle zur Uni gingen, aber ich war einen Kopf kürzer als die meisten Models, also passte das auch nicht. Dann bin ich auf die Schauspielschule in Paris gegangen, als Deutsche. Es fühlte sich immer an, als wenn ich gegen den Strom schwimme.

Wenn Sie nicht als unnahbare Polizistin vor der Kamera stehen, entwerfen Sie derzeit eine Handtasche, stimmt’s?

Ja, zusammen mit meinem Freund Jason Wu, die „Diane“.

Das ist dann wieder sehr mädchenhaft.

Sehr mädchenhaft. Wir besprechen gerade die Farben der Schnallen, je nach Ledertyp. Ich habe etwas ganz Klassisches im Sinn und hoffe, das wird schön.

Das Gespräch führte Nina Rehfeld. Diane Krüger, geboren als Diane Heidkrüger in Hildesheim, tritt überwiegend in englisch- und französischsprachigen Filmen auf. Bekannt wurde sie unter anderem als Helena in „Troja“ (2004) und als Bridget von Hammersmark in „Inglourious Basterds“ (2009). Nun spielt sie eine Frau mit Asperger-Syndrom (Foto) in der US-Serie „The Bridge“. Die zweite Staffel der Serie „The Bridge“ startet am 10. Juli um 21 Uhr bei Fox auf Sky.

Nina Rehfeld

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