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Kommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer, vorn) findet in der Höhle des mysteriösen Waldmenschen ein Messer.

© SR/Manuela Meyer

Der „Tatort“ am Ostermontag: Des Menschen Wolf

Der zweite Fall des neuen „Tatort“-Teams aus dem Saarland führt zum „Herr des Waldes“.

Es lässt sich kaum ermessen, wie viele Kollegen der US-Regisseur David Lynch inspiriert hat. Der Kontrast zwischen der Schönheit und der Gnadenlosigkeit der Natur, wie ihn Lynch vor 35 Jahren in „Blue Velvet“ zeichnete, zog offenbar auch den deutschen Regisseur Christian Theede in den Bann.

In der „Tatort“-Episode „Der Herr des Waldes“ – dem zweiten Fall der neuen Saarbrücker Ermittlergruppe um die Kommissare Adam Schürk (Daniel Sträßer), Leo Hölzer (Vladimir Burlakov), Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) – kontrastiert Theede die überaus imposanten Bilder eines Waldes, den die Sonne gerade vom Frühnebel befreit, mit kurzen Einstellungen von Spinnen und anderen Insekten, die ihrer todbringenden Beschäftigung nachgehen.

Dabei ist doch gerade der Mensch des Menschen Wolf ist. Er und nicht die Natur tut seinen Mitmenschen die schlimmsten Dinge an. So wie der 18-jährigen Schülerin Jessi.

Die lebenslustige Jessi Pohlmann (Caroline Hartig) war allseits verliebt, an Verehrern hat es unter ihren Mitschülern offenkundig nicht gemangelt. Doch mit wem sie sich an der alten Bunkeranlage im Wald verabredet hat, weiß niemand. Sicher ist nur, dass ihr Mörder sich nicht damit zufriedengab, ihr das Leben zu nehmen.

Die Schülerin wurde grausam zugerichtet

Das Mädchen wurde von einem Pfeil angeschossen, mit einem Messerstich ins Herz getötet, zwei Finger wurden ihr abgeschnitten und am Ende wurde die Leiche mit einem Zweig im Mund zurückgelassen. Letzteres weist auf einen Jägerbrauch hin, was für einen Ritualmord sprechen könnte, erkennt die Gerichtsmedizinerin noch am Tatort.

[„Tatort: Der Herr des Waldes“, ARD, Ostermontag, 20 Uhr 15]

Der Mord ist indes nicht das einzige Verbrechen, das an diesem Tag im Wald verübt wird. Mehrere Hochsitze werden angesägt. In einem befand sich ein alkoholisierter Jäger, der beim Einsturz der Holzkonstruktion nur knapp dem Tod entkommt und schwer verletzt wird. In welchem Zusammenhang stehen die beiden Taten? Was wissen die Mitschüler von Jessis Liebesleben? Und wer ist der einsame Waldmensch (Vladimir Korneev), dem dieser „Tatort“ seinen Titel verdankt? Das sind nur einige der Fragen, die sich die vier Kommissare stellen.

Nach 15 Jahren aus dem Koma erwacht

Adam Schürk und Leo Hölzer bewegt indes noch eine mindestens genauso drängende Frage: Welche Konsequenzen hat es, dass Roland Schürk (Torsten Michaelis), Adams Vater, nach fünfzehn Jahren aus dem Koma erwacht? Was weiß er von den Ereignissen, die zu seinem Unfall führten? Und was will er von dem Mord an der Schülerin wissen.

Dieser „Tatort“ aus dem Saarland, der wieder an einem Ostermontag ausgestrahlt wird, ist überaus verworren, aber thematisch nicht ganz so überfrachtet wie „Das fleißige Lieschen“ (in der ARD-Mediathek) vor einem Jahr. Vielmehr fügen sich einige der Puzzleteile aus der gemeinsamen Kindheit von Adam Schürk und Leo Hölzer nun an ihre Stellen.

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Langsam erklärt sich für den Zuschauer, welche Traumata aus der Vergangenheit auf den Beiden lasten. So viel sei verraten: die horizontale Erzählung endet nicht mit dieser Folge. So wie die Vergangenheit auch im Dortmunder „Tatort“ Kommissar Peter Faber immer wieder einholt.

Gleichberechtigung fehlt noch im neuen SR-Tatort

Im „Der Herr des Waldes“ erfährt man viel über die möglichen Täter und noch mehr über den Background der beiden Kommissare. Dagegen ist nichts einzuwenden, da beide Ebenen miteinander verwoben sind.

Über das Opfer hingegen erfährt man wenig mehr als das, was wohl die meisten Mütter über ihre Töchter sagen: dass es sich bei ihrem Kind um ein liebes und von allen geliebtes junges Mädchen gehandelt hat.

Über den Punkt, dass die Opfer kaum mehr als Anlass für die die Ermittlungen sind (Drehbuch Hendrik Hölzemann), waren deutsche Krimis und auch die „Tatort“-Episoden der ARD eigentlich längst hinaus.

Es bleibt daher der Eindruck, dass sich der SR mit seinem neuen Team möglicherweise zu viel vorgenommen hat. Darunter leidet auch die Entwicklung der beiden weiblichen Ermittlerfiguren.

Immerhin dürfen die Kommissarinnen eine Spur nach Frankreich verfolgen, wobei Esther Baumann ihre exzellenten Französischkenntnisse einsetzen kann. Doch von echter Gleichberechtigung ist im neuen SR-„Tatort“ noch zu wenig zu spüren.

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