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Der lange Schatten der Gewalt in Nordirland. Inspektor Tom Brannick (James Nesbitt) hat bei den „Goliath“-Morden vor 22 Jahren seine Frau verloren. Auch Tori Matthews (Lisa Dwan) leidet seitdem unter dem Verlust eines geliebten Menschen.

© ZDF/Steffan Hill

Erfolgreiche BBC-Serie über Nordirland im ZDF: Der schwelende Konflikt

Die BBC-Serie „Bloodlands - Die Goliath-Morde“ erinnert daran, wie fragil der Frieden in Nordirland weiterhin ist.

Bis zum Karfreitagsabkommen von 1998 war der Nordirland-Konflikt in den Nachrichten ebenso präsent wie heutzutage der Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Über Jahrzehnte waren die Bilder von schwer bewaffneten englischen Soldaten mit ihren gepanzerten Fahrzeugen und Steine und Molotowcocktails werfenden, meist jugendliche Demonstranten in Belfast oder Derry ebenso alltäglich wie die ständig wiederkehrenden Berichte über Bombenanschläge von IRA und anderen Paramilitärs. Bis zu diesem Abkommen schien es unvorstellbar, dass man die Flamme des Hasses zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Republikanern jemals zum Erlöschen bringen könnte.

Traurige Berühmtheit erlangte während der Jahre der Gewalt das Hotel Europa in Belfast. Nicht zuletzt, weil dort die internationalen Berichterstatter untergebracht waren, erlebte es zwischen 1972 und 1993 dreißig Bombenanschläge. In der vierteiligen BBC-Serie „Bloodlands – Die Goliath-Morde“, die das ZDF am Ostersonntag und Ostermontag zeigt, wird dieses Hotel zum Ausgangspunkt eines Dramas, in dem die Jahre des bewaffneten Kampfes zwischen den verfeindeten Bürgerkriegsparteien eine entscheidende Rolle spielen.

[„Bloodlands – Die Goliath-Morde“, ZDF, Ostersonntag und Ostermontag, jeweils 22 Uhr]

Eine Veranstaltung im Hotel Europa war der letzte Zeitpunkt, zu dem Pat Keenan vor seiner Entführung gesehen wurde. Der nordirische Unternehmer hat eine bewegte Vergangenheit als IRA-Mann. Dass seine Entführer den Code einer protestantischen paramilitärischen Gruppe verwendeten, lässt Inspektor Tom Brannick (James Nesbitt) und seine Kollegin Niamh McGovern (Charlene McKenna) Schlimmstes befürchten. Zumal in Keenans Auto eine Postkarte mit den beiden signifikanten Portalkränen der Harland & Wolff-Werft – hier wurde einst die Titanic gebaut – gefunden wird. Der eine Kran trägt den Namen Samson, der andere wurde Goliath genannt – und genau dieser Codename steht für ein seit 22 Jahren ungeklärtes Verbrechen.

Kurz vor Abschluss der Karfreitagsverhandlungen wurden 1998 vier Personen entführt. Bei dreien von ihnen handelte es sich um Mitglieder der verfeindeten nordischen Bevölkerungsgruppen, die vierte war die Frau des Inspektors, die zu der Zeit für den britischen Geheimdienst gearbeitet hat. Um das Abkommen nicht zu gefährden, wurden die Ermittlungen massiv behindert. Dafür war insbesondere Brannicks Freund und Vorgesetzter Jackie Twowmey (Lorcan Cranitch) verantwortlich, der sich nun erneut nach Belfast versetzen lässt. Und weil der Frieden in Nordirland nach dem Brexit erneut in Gefahr ist, weist er seinen Untergebenen an, sich nur auf die Entführung zu konzentrieren und alles andere auf sich beruhen zu lassen. Dabei kam schon damals der Verdacht auf, beim Entführer könnte es sich um einen Insider, also einen Polizisten gehandelt haben.

Unter dem Deckel brodelts gewaltig

Welches dramaturgische Potential in diesem weiterhin schwelenden Konflikt steckt, hatten vor einem Jahr bereits die „Irland-Krimis“ der ARD gezeigt, in denen es Désirée Nosbusch als Kriminalpsychologin mit Fällen zu tun bekam, die ebenfalls ihre Wurzeln in der Vergangenheit hatten. Um die Wunden nicht immer wieder aufzureißen, wird in Nordirland versucht, einen Schlussstrich unter die Zeit der „Troubles“ zu ziehen. Doch unter dem Deckel brodelt es nach wie vor gewaltig.

Um die Spannung in „Bloodlands“ nachzuvollziehen, muss man indes kein Nordirland-Experte sein. Die Brisanz der Ermittlungen wird auch so schnell deutlich. Drehbuch-Autor Chris Brandon, der die Gegend um Strangford Lough aus seiner eigenen Jugend kennt, hat eine klar konturierte Geschichte entworfen. Als Ziel hatte er sich gesetzt, „True Detective“ und Nordic Noir auf die Insel mit dem rauen Klima zu verlegen. Einige der Wendungen, die die Serie vollführt, sind dabei ebenso brutal, wie es die Kämpfe zwischen Loyalisten, Republikanern und den dazwischen stehenden englischen Soldaten waren.

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Regisseur Pete Travis belässt dabei den Fokus klar auf DCI Tom Brannick, der endlich Gewissheit über das Schicksal seiner Frau und inneren Frieden für sich und seine Tochter Izzy sucht. Der hochgewachsene James Nesbitt mit seiner mürrisch-verkniffenen Miene passt wunderbar zu den imposanten Aufnahmen der kargen Küstenregion und der Mourne Mountains.

Leider endet „Bloodlands“ mit einer Unsitte, die man inzwischen öfter beobachten muss. Nach vier Stunden mündet die Mini-Serie in einem Cliffhanger, der die Zuschauer mit einem unbefriedigenden Gefühl zurücklässt. Immerhin hat die BBC eine die Fortsetzung bestätigt.

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