zum Hauptinhalt
Spröde inszeniert. Damian Hardung (rechts) als Adson von Melk und John Turturro als William von Baskerville (Zweiter von rechts) ergehen sich in der Serienadaption von Umberto Ecos Roman in langatmigen Dialogen.

© 11 Marzo Film/Palomar/TMG/Fabio Lovinooto:

Quotensprung im Kloster: "Der Name der Rose" - jetzt auch als Serie

Alles ist Konvention, nichts Esprit. Immerhin, die Serie „Der Name der Rose“ fügt dem Film-Vorläufer einige Frauenrollen hinzu.

Der Name der Rose, was für ein Titel! Seit Bernd Eichinger Umberto Ecos Romandebüt mit Hollywood-Etat verfilmen ließ, hallt er wie ein etwas lauter, etwas üppiger, etwas theatralischer, aber sehr imposanter Paukenschlag im kollektiven Gedächtnis nach. Popcornkino made in Germany mit Anspruch, Relevanz und Sean Connery – das ist bis heute Balsam aufs Feuilleton der Traumschifffabrik Deutschland. Wäre da nicht dieser lästige Anachronismus: Auf der Besetzungsliste stand 1986 nur eine Frau. Und die durfte nicht mal richtig sprechen.

Falls der mittelalterliche Krimi 33 Jahre und eine #MeToo-Bewegung später erneut adaptiert werden würde, war somit unvermeidbar, dass die Anzahl weiblicher Charaktere signifikant steigen müsste. Auf drei, um genau zu sein.

So viele nämlich treten in Giacomo Battiatos Serienremake von Jean-Jacques Annauds Original auf. Und anders als damals dürfen sie auf Sky sogar reden, handeln, Namen tragen, wenn der Franziskanermönch William von Baskerville nebenbei mit seinem Adlatus Adson von Melk in einer italienischen Benediktinerabtei Mördern und Gerechtigkeit hinterherjagt.

Ich bin eine Frau, und ich fasse mir an den Kopf! Eine Serie über einen Serienmörder in einer Benediktinerabtei, [...] wird moderner, wenn man zwanghaft bisher nicht existente Frauenrollen hineinimplementiert? Was, bitteschön, ist das für ein Quatsch?

schreibt NutzerIn Charybdis66

Soziokulturell betrachtet macht der Quotensprung den Achtteiler somit paritätischer, also moderner. Besser wird die deutsch-italienische Koproduktion dadurch jedoch nicht. Anstatt die Literaturvorlage in ihrer unerschöpflichen Komplexität neu auszuloten, fügt das Drehbuch von Andrea Porporati und Nigel Williams dem filmischen Vorbild schließlich schon deshalb nichts Neues hinzu, weil der dramaturgisch zentrale Mordfall unter Glaubensbrüdern bereits bei Eco bloß spannender Nebenkriegsschauplatz einer postmodernen Abhandlung über Religion, Staat, Gesellschaft war. Und das ist angesichts unserer zerrütteten Gegenwart geradezu fahrlässig.

Eröffnung mit einer blutigen Schlacht

Denn in Zeiten rechtspopulistisch recycelter Dichotomien, die dem vermeintlich Guten (Heimat, Christentum, Familie) wie anno 1327 das angeblich Böse (Homosexuelle, Islam, Multikulti) gegenüberstellen, hätte es dank vierfacher Sendezeit mehr als genug Platz zur Entlarvung billiger Feindbildkonstruktion gegeben. Doch Battatio, bislang eher durch B-Movies aufgefallen, beschränkt sich im Auftrag der RAI lieber darauf, den mittelalterlichen Streit von Kurie und Kaiser um Macht und Deutungshoheit mit mehr Gewalt und Gefühl anzudicken.

Kurz vorm Zölibat eröffnet der adlige Erzähler Adson von Melk die Serie daher gleich mal mit einer blutigen Schlacht, bevor ihn der eigene Vater (Sebastian Koch) vergeblich mit einer barbusigen Hure zum Mann machen will. Krieg ist scheiße, sagt uns der weltlich enttäuschte Dackelblick des deutschen Nachwuchsstars Damian Hardung („Club der roten Bänder“) und entlässt ihn in einen Vorspann, der ebenso ersichtlich nach „Game of Thrones“ riechen soll. Dieser sexuell-brutalisierte Auftakt entpuppt sich allerdings bald als Spiegelfechterei einer gähnenden Langeweile, von der auch Adsons verblüffend ausdefinierter Sixpack nicht abzulenken vermag.

Hatten Sean Connery und Christian Slater als Kirchenkommissare der Erstverfilmung noch für unterschwellig atemberaubendes Tempo gesorgt, das die gelegentliche Effekthascherei im Klosteralltag oft vergessen ließ, verbringt John Turturro („Barton Fink“) als philosophierender Bettelmönch zähe Ewigkeiten damit, bis auf die Frauenerweiterung exakt das Gleiche zu verhandeln wie seine Leinwandahnen der Achtziger.

Handlungsstränge werden notorisch im Dialog erklärt, deren spröde Inszenierung sogar noch lausiger klingt als die deutsche Synchronisation. Annauds natürliches Licht wird künstlich aufgemotzt. Alles ist Konvention, nichts Esprit. Vor allem bei den Protagonisten.

Wofür genau braucht man noch mal Serienadaptionen alter Filme?

Radikalisierten Darsteller vom großen F. Murray Abraham als Großinquisitor Bernardo Gui bis zur Bühnenlegende Helmut Qualtinger in zerschlissener Kutte die Fotogenität historischer Fiktionen der Ivanhoe-Ära 1986 durch eine förmlich vom Bildschirm stinkende Authentizität, ist die computeranimierte Neufassung oft klinischer Kostümkitsch.

All das wirft die Frage auf: wofür genau braucht man noch mal Serienadaptionen alter Filme und umgekehrt? Was hat Andreas Prochaskas „Das Boot“ Wolfgang Petersens Original zuletzt auf Sky hinzugefügt? Und worin besteht der Mehrwert Dutzender Wiedergänger von John Carpenters Halloween-Killer, der demnächst wieder mehrteilig die Maske aufsetzt? Nicht selten in schierer Masse und Frauenfiguren, die sogar reden und handeln, statt schreien und stammeln.

„Der Name der Rose“, acht Teile, Sky, ab Freitag

Jan Freitag

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false