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Das Duo von "Maschinen-Mensch": Johannes Kristmann (l.) und Riad Djemili.

© Julian Dasgupta

Macher von "The Curious Expedition": "Das Anhäufen von Ruhm bleibt das Hauptziel"

In Berlin sprießen immer mehr kleine Computerspiel-Studios aus dem Boden. Eines davon ist "Maschinen-Mensch". Die Zwei-Mann-Firma sorgt gerade mit dem Spiel "The Curious Expedition" für Furore. Ein Interview.

"The Curious Expedition" heißt das neue Computerspiel des Berliner Studios Maschinen-Mensch: Es versetzt Spieler zurück ins 19. Jahrhundert, in dem Forscher große Reisen durch Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika unternahmen. "The Curious Expedition" befindet sich zwar noch in der Entwicklung, ist aber schon im Browser und auf Steam Early Access spielbar - die ersten Eindrücke sind vielversprechend. Das Studio Maschinen-Mensch wurde 2014 von Riad Djemili und Johannes Kristmann gegründet, beide arbeiteten davor für das Berliner Großstudio Yager ("Spec Ops: The Line"). Ein Gespräch über kreative Unabhängigkeit, ausbeuterische Expeditionen und den Faktor Zufall.

Herr Djemili, welche Vorteile bringt es, ein Indie-Studio zu gründen?

Die Arbeit als Indie-Entwickler ist abwechslungsreicher als in einem großen Studio. Wir müssen auch kein Spiel produzieren, das sich millionenfach verkauft - deshalb sind wir unabhängig vom Mainstream-Geschmack und können eine Nische besetzen. Bei den geringen Kosten, die wir haben, wird es für unser Spiel auf jeden Fall genügend Käufer geben.

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"The Curious Expedition" ist von Abenteuerliteratur und klassischen Computerspielen beeinflusst. Es steckt voller Ironie, behandelt aber auch Rassismus und Ausbeutung seitens der Expeditionsteilnehmer. So kann man beispielsweise als Expeditionsleiter Tempel plündern und die Kultgegenstände in die Heimat mitnehmen, das bringt jede Menge Ruhm...

Ein solches Spielkonzept ist ein schmaler Grat. Einerseits wollen wir die negativen Seiten der Expeditionen darstellen. Andererseits müssen wir vorsichtig sein, uns nicht selbst den Vorwurf des Rassismus einzuhandeln. Wir bauen kontroverse Elemente ins Spiel ein, wollen sie aber nicht von vorneherein als solche kennzeichnen. Die Spieler sollen selbst ihre Schlüsse ziehen.

Inwiefern?

Kürzlich kontaktierte uns ein Spieler. Er hatte in seinem Expeditionsteam einen rassistischen Soldaten und einen Indigenen. Als die sich zerstritten, musste er entscheiden, wen von beiden er wegschickt. Dem Spieler war das unangenehm und er wollte, dass wir solche Situationen aus dem Spiel herausnehmen. Das ist aber genau das, was wir erreichen wollen: dass Spieler über diese Situationen nachdenken.

Da besteht die Gefahr von Missverständnissen...

Es wird Spieler geben, die den Aspekt der Ausbeutung komplett ignorieren, denen vor allem das Indiana-Jones-Setting Spaß macht. Ich finde das auch nicht schlimm. Für uns als Entwickler ist es aber schon wichtig, darüber hinauszugehen.

Ziel des Spiels ist, möglichst viel Ruhm zu sammeln. Und das funktioniert vor allem, wenn man Dinge wie Statuen und Elfenbein hamstert, um sie anschließend in der Heimat auszustellen oder zu verkaufen. Wie kann man "The Curious Expedition" überhaupt rücksichtsvoll spielen?

Momentan drehen wir noch an den Stellschrauben. Wir wollen das Spiel so variabel gestalten, dass die Entscheidungen dem Spieler weitgehend freigestellt sind. Das Anhäufen von Ruhm bleibt das Hauptziel. Man kann ihn aber auch durch das friedliche Erforschen von indigenen Völkern oder das Entdecken neuer Tierarten sammeln, bei denen die Umwelt nicht im gleichen Maße zerstört wird, wie wenn man einfach Artefakte aus heiligen Grabstätten klaut.

Reisevorbereitungen: das Expeditionsschiff kurz vor der Abfahrt.
Reisevorbereitungen: das Expeditionsschiff kurz vor der Abfahrt.

© Maschinen-Mensch

Im Spiel fangen Packesel plötzlich an zu sprechen oder trinken Whisky. Wie das?

Eine wichtige Spielmechanik ist der Verlust von "geistiger Gesundheit": Je länger die Expedition unterwegs ist, desto mehr verfallen die Teilnehmer dem Wahnsinn. Das gibt uns die Möglichkeit, skurrile Ereignisse ins Spielgeschehen einzubauen. In den "Wahnsinns-Events" kommen beispielsweise Team-Mitglieder zurück, die eigentlich schon verschollen waren. Die Frage ist dann: Passiert das gerade wirklich? Oder ist der Expeditionsleiter ein "unzuverlässiger Erzähler", passiert es nur in seiner Einbildung? Das mit dem Packesel war eigentlich ein Programmierfehler, den wir zunächst bereinigt haben. Die Spieler fanden das aber lustig, deshalb haben es wieder reingenommen.

In großen Spielen wie "The Witcher 3" werden die Landschaften oft bis ins kleinste Detail durchmodelliert. In eurem Spiel werden die Level per Zufall generiert. Welche Vorteile hat das?

Diese prozedurale Generierung macht jedes Level einzigartig, das erhöht den Wiederspielwert enorm. Außerdem wird ein Spiel dadurch für Let's Player attraktiv, die Spiele auf Youtube testen und deren Videos sich wiederum positiv auf die Spieleverkäufe auswirken. Ein prozedural generiertes Spiel ist für Let's Player deshalb so attraktiv, weil sie ihre Videos mit einzigartigen Erlebnissen anreichern und sich so von der Youtube-Konkurrenz abheben können. Skurille Ereignisse sind für sie wie Trophäen, die sie vorzeigen können.

Ihr Spiel wird vom Medienboard Berlin-Brandenburg unterstützt. Wie sieht die Förderung genau aus?

Unser Business-Plan für ein Jahr veranschlagt Entwicklungskosten von 100.000 Euro. Grundsätzlich übernimmt das Medienboard die Hälfte des Projektvolumens. Unseren Anteil bringen wir durch Erspartes und durch eigene Arbeitsleistung auf. Das Medienboard gewährt uns die 50.000 Euro als zinsloses Darlehen, das Ganze läuft in der Kategorie "Innovative Audiovisuelle Inhalte". Es gibt keine inhaltliche Einmischung und die Förderkonditionen sind sehr fair. Wir müssen das Darlehen nur dann zurückzahlen, wenn wir tatsächlich Erfolg haben und Einnahmen erzielen, die 50.000 Euro überschreiten. Bis zu dieser Grenze dürfen wir erst einmal die eigenen Kosten decken.

Dschungel, Berge, Seen: die Landschaft des Spiels ist zufallsgeneriert.
Dschungel, Berge, Seen: die Landschaft des Spiels ist zufallsgeneriert.

© Maschinen-Mensch

Wie geht es mit der Entwicklung von "The Curious Expedition" weiter?

Die Grundpfeiler des Spiels stehen bereits. In den nächsten Monaten wollen wir uns vor allem um die Feinjustierung kümmern. Außerdem werden wir weitere Ereignisse und Tagebucheinträge hinzufügen. Für die finale Fassung peilen wir den August an. Das hängt aber natürlich vom Feedback der Spieler ab.

Die Vorschau auf "The Curious Expedition" finden Sie hier.

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