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Meinungsmächtig: Rupert Murdoch mit Titeln wie der britischen „Sun“.

© dpa

Arte-Doku über Medienmogul aus Australien: Citizen Murdoch

Eine Arte-Dokumentation über Medienzar Rupert Murdoch bedient den Boulevard, den es selbst kritisiert.

Kaum ein anderer Zeitungsmacher griff stärker ins weltpolitische Geschehen ein wie Rupert Murdoch. Aber half er tatsächlich mit, den Brexit durchzusetzen? Trug er wirklich dazu bei, Donald Trump ins Weiße Haus zu bringen? Eine dreiteilige Dokumentation durchleuchtet das umstrittene journalistische Ethos des Medienmoguls.

Die beispiellose Konzentration von publizistischer Meinungsmacht in der Hand eines einzelnen Menschen war nicht absehbar. Murdochs früh verstorbener Vater hatte zwar in Australien ein Netz von Zeitungen aufgebaut. Da die Gesellschafter den Sohn ausbooteten, erbte Rupert aber nur das unbedeutende Lokalblatt „The News“ aus Adelaide.

[„Der Aufstieg der Murdoch-Dynastie“, Dienstag, Arte, 20 Uhr 15]

In seiner dreiteiligen BBC-Reihe zeichnet Owen Philipps nach, wie der Provinzpublizist alles daran setzte, seine Macht auszuweiten. Seine Vorgehensweise bleibt immer gleich. Durch den Zukauf von Boulevardblättern, seriösen Zeitungen und TV-Stationen wird seine politische Einflussnahme immer größer. Durch den Besitz reichweitenstarker Medien wie „The Times“ und „The Sun“ regiert in Großbritannien bald kein Premierminister mehr ohne die Gunst des einflussreichen Medienunternehmers.

Ob nun Konservative oder die Labour Party am Ruder waren, spielte für Murdochs Taktik des Machterhalts keine Rolle. Der Australier mit schottischen Wurzeln ist ein Wetterhahn der jeweiligen gesellschaftlichen Stimmung. So wurden während der Ära von Tony Blair regelmäßig schlüpfrige Details aus dem Privatleben von Tory-Abgeordneten denunziert. Wir waren, so ein Insider, „wie eine SS-Division“. Schmierfinken standen „auf Abruf bereit und wurden in den Einsatz geschickt.“

Doch die Murdoch-Presse hatte es zu weit getrieben. Im Zuge des Abhörskandals, bei dem die Mobiltelefone von etwa 7000 Personen angezapft worden waren, stellte sich heraus, dass Reporter 2002 auch das Handy der entführten 13-jährigen Milly Dowler gehackt hatten. Bei diesem Lauschangriff löschten Journalisten Sprachnachrichten und erweckten so bei den bangenden Eltern die Hoffnung, ihre ermordete Tochter würde noch leben.

Zu Kreuze gekrochen

Der Skandal kochte hoch und traf Murdoch mit voller Wucht. Öffentlich kroch er zu Kreuze. Ja, er stellte 2011 sogar das Revolverblatt „News of the World“ ein, dessen Bluthunde mit am übelsten gewütet hatten. Zu spät. Die Geister des entfesselten Boulevards, die Murdoch gerufen hatte, kehrten sich nun gegen ihn selbst. Murdoch war erledigt – so schien es.

Der Film zeichnet nach, wie sich der angeschlagene Medienzar ab 2015 an der Seite von Jerry Hall, der Exfrau von Mick Jagger, allmählich rehabilitierte. Kurz darauf flog Donald Trump mit dem Helikopter auf dem schottischen Golfplatz des Medienunternehmers ein. Der Geschäftsmann sondierte damals, ob Murdochs konservativer Nachrichtensender Fox News seine Kandidatur zur Wahl des US-Präsidenten unterstützen würde. Der Rest ist Geschichte.

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Die Dokumentation, die einen Bogen von den 90er Jahren bis in die Gegenwart schlägt, ist komplex und differenziert recherchiert. Sie hat allerdings eine gewisse Schlagseite. Mit dem Brexit, dem Trumpismus und den Fake News wird Murdoch für nahezu alle populistischen Tendenzen verantwortlich gemacht, welche die Medienlandschaft im vergangenen Jahrzehnt erschütterten.

Der britische Drehbuchautor Dennis Potter nannte den Bauchspeicheldrüsenkrebs, an dem er sterben sollte, „Rupert“. Denn niemand außer Murdoch trüge „mehr Verantwortung für die Verseuchung für die ohnehin schon verseuchte Presse“. Mit diesem leitmotivisch vorangestellten Zitat bedient die Dokumentation leider auch jenen Boulevard, den der Film ja eigentlich nachvollziehbar kritisiert.

Manfred Riepe

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