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Zwei Programmbeschwerden kassiert - ob das Jan Böhmermann bremsen wird?

© ZDF/Jens Koch

Update

Nach dem ZDF-Rausschmiss der Böhmermann-Sendung zu ritueller Gewalt: Gehört die Auswahl von redaktionellen Themen zum Tätigkeitsbereich des ZDF-Fernsehrats?

Die Redaktion vom „ZDF Magazin Royale“ reagiert auf die Zustimmung des Fernsehrats zu Programmbeschwerden. Darin wurde der Vorwurf erhoben, die Ausgabe der Sendung habe eine „verhetzende Wirkung“.

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Jetzt hat sich auch die Redaktionsleitung von „ZDF Magazin Royale“ zu dem Vorgang geäußert. Laut Branchendienst meedia.de kommentierte sie die Debatte und Entscheidung des ZDF-Gremiums wie folgt: „Die Redaktion des „ZDF Magazin Royale“ ist verwundert über die Entscheidung des ZDF-Fernsehrates über eine Programmbeschwerde zur Sendung vom 8. September 2023. Aus der Debatte ging nicht hervor, ob der Fernsehrat überhaupt einen Verstoß gegen die Programmgrundsätze festgestellt hat.“

Springender Punkt ist für die Redaktionsleiter von „ZDF Magazin Royale“ laut meedia.de aber etwas Grundlegenderes: „Der Fernsehrat diskutierte stattdessen, welche Themen sich per se für eine Satiresendung eigneten, und welche Themen eine freie Redaktion besser nicht auswählen und bearbeiten solle. Das ‚ZDF Magazin Royale‘ ist überrascht, dass zum Tätigkeitsbereich des ZDF-Fernsehrats offenbar die Auswahl von redaktionellen Themen gehört.“ Es sei offen geblieben, welche sachlichen und/oder rechtlichen Gründe der Stattgabe der Programmbeschwerde zugrunde gelegen hätten. 

Der ZDF-Fernsehrat jedenfalls hat sich der Kritik an einer Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ zu sogenannter ritueller Gewalt angeschlossen. Als Konsequenz wird der öffentlich-rechtliche Sender diese Ausgabe noch am Freitag depublizieren, sprich aus der Mediathek entfernen, wie auf Tagesspiegel-Anfrage mitgeteilt wurde.

In der satirisch-investigativen Sendung waren der Moderator und seine Redaktion unter anderem der Frage nachgegangen, ob es sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Ritualen etwa von satanistischen Kulten tatsächlich gibt oder ob eine einzelne Psychotherapeutin dies aus eigenem Interesse lediglich behauptet.

Mit knapper Mehrheit stimmte das für Programmfragen zuständige Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen TV-Senders am Freitag zwei Programmbeschwerden zu, wie die Agentur KNA berichtet. Darin wurde unter anderem der Vorwurf erhoben, die Ausgabe der Sendung zeige „mangelnde Differenzierung“, habe eine „verhetzende Wirkung“ und betreibe „gezielte Stimmungsmache gegen alle Betroffenen sexualisierter Gewalt“.

Zu den Beschwerdeführern gehörte die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die Ausmaß, Art und Folgen der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Deutschland und der DDR untersucht.

In der Sitzung des Gremiums wurden die Beschwerden kontrovers diskutiert. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), für den Bund Mitglied im Fernsehrat, sagte beispielsweise, das Thema sei „besonders sensibel, besonders heikel und besonders schwierig“. Die Darstellung in der Sendung sei insgesamt nicht ausgewogen und die Betroffenenperspektive nicht ausreichend berücksichtigt worden. Jesuitenpater Hans Langendörfer als Vertreter der katholischen Kirche sagte, es gebe Themen, die für Satire nicht geeignet seien, und dazu gehöre sexualisierte Gewalt. Die Sendung könne eine schädigende Wirkung auf Patienten haben.

ZDF-Intendant Norbert Himmler entgegnete, das ZDF und auch Jan Böhmermann würden ihre Verantwortung wahrnehmen und Themen sehr sensibel auswählen und damit umgehen. Man wäge ab, welche möglichen Folgen die Darstellung einer Recherche haben könne, sei aber auch dazu verpflichtet, Missstände aufzudecken. Zudem habe Böhmermann zu Beginn der Sendung ernst und empathisch über Betroffene gesprochen.

Dies betonte auch der Programmausschuss Programmdirektion des Fernsehrats, der eine Zurückweisung der Beschwerden empfohlen hatte. In der ZDF-Mediathek wurde die Sendung nach der Kritik bereits thematisch in weitere Sendungen zu sexueller Gewalt an Kindern eingebettet. (mit KNA)

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