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Hannelore Hoger

© ZDF

"Bella Block": Tod eines Kadetten

Die vorletzte „Bella Block“-Folge ist an einen realen Fall der deutschen Marine angelehnt. Dabei trifft die Kommissarin einen alten Bekannten wieder.

Fritz Mühlstadt verbringt einen ausgelassenen Abend in Hamburg. Es ist Landgang. Der Alkohol fließt, junge Frauen sind dabei, auch die beiden Kadettinnen von Bord. Die Atmosphäre ist fröhlich-jovial, Rausch liegt in der Luft. „Die schönste Nacht des Lebens“ heißt der vorletzte „Bella Block“-Krimi, den das ZDF am Samstagabend ausstrahlt. Am anderen Morgen ist der 21-jährige Kadett Mühlstadt tot, wird aus der Elbe gezogen, mit verletztem Schädel.

Einmal sagt die Mutter des gestorbenen Kadetten, Iris Mühlstadt (Lena Stolze), nachdem Bella Block (Hannelore Hoger) und Staatsanwalt Mehlhorn (Hansjürgen Hürrig) die Leiche im Obduktionsraum besichtigt haben: „Was ist eigentlich mit meinem Jungen passiert? Niemand sagt mir, was wirklich mit ihm passiert ist“. So nebensächlich der Satz zunächst erscheinen mag – genau hierin liegt der Kern. Denn die offizielle Version der deutschen Marine lautet, der junge Mann sei nachts betrunken vom Fock-Mast gefallen. Die einen glauben es – die anderen nicht.

Wo liegt die Wahrheit? Und wenn sie woanders liegt und nicht den Erklärungen der zugeknöpften Marine-Obrigkeiten entspricht, warum wird dann über die Vorgänge auf dem Segelschulschiff „Johann Kinau“ so eisern geschwiegen? Schon hier kommen innerhalb dieser Fiktion erste Assoziationen zur Realität auf: Hier hat erkennbar der reale, nie vollständig aufgeklärte Fall um eine 2008 verstorbene deutsche Marine-Kadettin, die aus unbekannten Gründen vom Ausguck der „Gorch Fock“ über Bord ging, der fiktiven „Bella Block“-Geschichte Pate gestanden. Schelling (Christian Redl), Inspektor der Marine, steht für dieses Schweigen, zu dem sich noch der Hamburger Justizsenator hinzugesellt. In drei Tagen soll das Schiff wieder auslaufen, die Ausbildungen zum Marine-Offizier fortgesetzt werden. Nicht eben viel Zeit, um einen Fall aufzuklären, bei dem noch nicht einmal erkennbar ist, ob es ein Unfall war, ein Totschlag – oder Mord.

Da gab es noch die D-Mark

„Die schönste Nacht des Lebens“, von Andreas Senn nach dem Drehbuch von Susanne Schneider umgesetzt, ist der 36. und zugleich vorletzte Film aus der ZDF-Reihe, die vor gut zwanzig Jahren, im März 1994, erfolgreich an den Start ging. Ein Fall also für die längst pensionierte Bella Block, die, einmal mehr, von Staatsanwalt Mehlhorn außerhalb der Dienstvorschriften und jenseits offizieller Wege gebeten wird, frei zu ermitteln. Oder besser: zu ko-ermitteln. Denn eigentlich liegt der Fall in Händen von Kommissar Malte Schnaak (Rainer Bock), der Bella Block kennt und so überhaupt rein gar nicht begeistert ist von der Idee, in dem eilig installierten, improvisierten „Kommissariat“ zusammen mit der ehemaligen Kollegin zu arbeiten.

Schließlich haben Block und Schnaak eine Art gemeinsamer Vergangenheit: Vor vielen Jahren – „da gab es noch die D-Mark und die DDR und Helmut Kohl war noch Kanzler, und von Handys hatte noch nie jemand was gehört“ – hatten beide auf die Beförderung zum ersten Hauptkommissar gehofft. Bella bekam ihn. Schnaak war es, der fortan den Kürzeren zog. Der Groll und die Bitterkeit darüber sind ihm bis heute geblieben. Eine dramaturgische Sub-Baustelle, nicht zuletzt auch, um den schon seit einigen Folgen fehlenden Jan Martensen (Devid Striesow) zu kompensieren.

Doch das eigentliche Thema dieser ernsten, nachdenklichen und eben politischen „Bella Block“-Folge ist komplex: Die Gratwanderung zwischen Obrigkeitshörigkeit und Wahrheitsverpflichtung, zwischen geschönter Außendarstellung und authentischer Innenwahrnehmung. Hier die Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Interessensverbänden – dort die zivile Bürgerschaft. Was geben offizielle Behörden und Institutionen wie die deutsche Marine der Öffentlichkeit gegenüber preis, was geben sie zu? Was wird unter Verschluss gehalten, und aus welchen Beweggründen? Und wie soll der Umgang mit alledem aussehen?

Als Bella und Kommissar Schnaak schließlich von Bord gehen und wissen, wie die Dinge sich zugetragen haben, da steht die Mutter des toten Kadetten Mühlstadt am Anlegeplatz und wartet. Auf Schnaaks Frage, was sie ihr denn nun sagen sollen, meint Bella Block: „Die Wahrheit. – Und, dass das hier noch nicht zu Ende ist.“

„Bella Block – Die schönste Nacht des Lebens“, Samstag, ZDF, 20 Uhr 15

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