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Nur eine kann Germany’s... undsoweiter. Heidi Klum (M.) kürt ihr neues Topmodel. Zur Auswahl übrig blieben: Jacky, Maureen, Sarah P. und Lijana (v.l.n.r.) 

© dpa

Heidi Klums Castingshow: 15 Thesen zum Finale von „GNTM“

Die totale Klamotte: 15 Thesen zur 15. Staffel von Heidi Klums Castingshow „Germany's Next Topmodel"

Am Donnerstagabend endet die diesjährige Staffel der Pro-7-Show „Germany’s Next Topmodel“. Lag es an Corona, oder hat das Castingevent mit Heidi Klum eher doch abgewirtschaftet? Das Format hat diesmal jedenfalls weniger Schlagzeilen produziert als sonst. 15 Thesen auch zur Zukunft von „GNTM“ („Germany’s Next Topmodel“, Finale, Donnerstag, 20 Uhr 15 , Pro7).

1. Huch, schon wieder vorbei: Man verliert allmählich den Überblick. In 15 Staffeln traten Hunderte Kandidatinnen an, die irgendwomit auffielen und dann wieder verschwanden. Sie vermengen sich inzwischen zu einem retrospektivischen Megadurcheinander. War das Transmädchen Lucy aus der 15. Staffel oder ist es aus der davor? Ihre Auftritte wirken so längst vorbei wie die von Kuscheltier-Theresia – oder war die auch aus 2020? Hmm.

2. Die Kandidatinnen interessiert immer weniger. Anna Wintour? Wer? Keine Ahnung. So schockierten die End-Teens und Neu-Twens die Zuschauerschaft. Andererseits: Was sollen die Insta-Stars, die mit ihren zigtausenden Abonnenten längst Stars ihrer Privatblase sind, sich von einer alten „Vogue“-Tante beeindrucken lassen?

3. Heidi wird immer irrer. Seit Heidi Klum das Fernsehen betrat, sind Küsse peitschendes „Mah-Mah!“, das den Geküssten an den Ohren vorbeiknallt. Während der Shootings hält sie es kaum in der Beobachterrolle aus, sie hüpft und tanzt herum oder entreißt dem Fotografen sein Handwerkszeug und knipst selbst. Ihre Kleidung hat sich der irren Performance annähernd angepasst, inklusive Umhang im Rettungsdeckenstyle.

4. Die wahre Sendung läuft bei Twitter. Zu jeder Folge finden sich wie beim „Tatort“ Interessierte, um das Geschehen live zu kommentieren. Inklusive Gifs und echter Witzigkeit. Die reinen Fans („Nasty ist soooo süüüß“, „Jacky ist sooo hüüübsch“) gehen da unter.

5. Modeln als Chuck-Norris-Ding. Models müssen, das lehrt „GNTM“, Extremsportqualitäten aufweisen. Diesmal sollten sie in 15 Metern Höhe über einen freischwebenden Stahlträger laufen, hatten Skorpione im Gesicht und mussten unpraktisch bekleidet in einen Pool tauchen, um dort auf fremde Männer Eindruck zu machen. Was das mit Modefotos zu tun hat, erschließt sich immer weniger.

6. Mehr Diversität, aber…. Es wird immer bunter im Kandidatinnenkarussell: Transmädchen und Plus-Size-Bewerberinnen dürfen längst als gesetzt gelten, diesmal war eine Frau mit krankheitsbedingter Glatze dabei und eine Kompletttätowierte. Nicht geändert hat sich, dass sie alle früher oder später kein Foto mehr bekommen. Außerdem beim Alten bleibt: Designer und Fotografen sind in der Regel männlich, älter und oft gemein.

7. Es geht gar nicht um Topmodels. Wer beim Begriff Topmodel an etwas Ähnliches wie Supermodels à la Crawford dachte, darf sich korrigiert wissen. Als in der vorletzten Folge Anastasia, genannt Nasty, rausflog, die als Einzige eine Aura von supermodelhafter Extravaganz umgab, war eine Begründung, dass sie kein „Allroundpaket“ biete. Vor allem an schauspielerischem Talent mangele es ihr – als gehe es für Topmodels vor allem darum, Yogurette-Spots zu drehen.

8. Englisch ist alles außer Challenge. Während in Staffel eins noch schamrote Gesichter schulenglische Satzbrocken vor sich hin haspelten, ist die Staffel-15-Generation in Englisch so selbstverständlich unterwegs, dass Sätze ohne Anglizismen rar werden und Pro7 sich veranlasst fühlte, Übersetzungen einzublenden. Beispiel: „I don’t know“ – „Ich weiß nicht.“ Wäre ja auch schade, wenn da jemand im Publikum nicht mitgekommen wäre.

9. Höhenangst hat ein Problem. Keine Staffel ohne Tränen, die wegen Höhenangst vergossen werden, welche dann für die Challenge überwunden wurde. Entweder ist das Beweis für die Richtigkeit des Konfrontationstherapieansatzes zur Linderung von Phobien, oder die Höhenangst sollte sich um Namensschutz bemühen.

10. Spannung macht Pause. Weiterhin fantastisch der Klum’sche Spannungserzeugungskniff mit der extralangen Nichtssagpause vor dem entscheidenden Votum. Hallo, hat da etwa jemand gegähnt?

11. Österreich rules. Unüberseh- und unüberhörbar in dieser Staffel, dass die Österreicherinnen die Cooleren waren. Sogar wenn sie die Standardphrasen „heute alles geben“ und „heute mein Bestes geben“ rausleierten, klangen sie leicht frech. Zwei kamen so bis ins Finale.

12. Keine Staffel ohne Biest. Diesmal waren es sogar zwei (Larissa und Lijana), die von nervenzerfetzender Penetranz waren. Die Twittergemeinde war sich einig: So ätzend wie die beiden war überhaupt noch niemals irgendjemand bei „GNTM“ – was durchaus sein kann.

13. Mobben? Solange es die Richtige trifft. So bekamen die beiden in Kommentaren das ab, was als Hetze verstanden werden darf. Lijana erzählte später, dass ihre Familie bedroht werde und die Polizei vor ihrem Haus patrouilliere. Da wirkte der von Pro 7 eingeblendete Anti-Cybermobbing-Werbespot ungefähr so scheinheilig, wie sich viele im Fernseh- und Twitterpublikum auch gefühlt haben dürften.

14. Die Sendung ist für Zuschauer unter 16 Jahren nicht geeignet. Und wird von denen auch selten angeschaltet. In der für Privatsender wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer waren es im Halbfinale am vergangenen Donnerstag starke 21,8 Prozent Marktanteil. Diejenigen, die ironisch auf das Geschehen blicken. Das hofft man jedenfalls – und übersieht geflissentlich Berichte, nach denen die Show nach wie vor Gewichtswahn und Essstörungen auslöst.

15. Ist das Finale wieder das Schlimmste an der Staffel? Vermutlich ja. Aber vielleicht wird es diesmal etwas weniger schlimm als die 14 Male davor. Heidi Klum hat kein Flugticket für Deutschland erhalten (Danke, Corona) und moderiert die Sendung von Los Angeles aus per Videoschalte. Das Gekreische und Gefuchtel und die langen Schweigepausen werden so möglicherweise etwas verträglicher rüberkommen, als wenn Heidi Klum ihr grandioses Unvermögen als Moderatorin live zum Besten gibt.

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