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X klagt gegen Forscher:innen, die den Umgang des Konzerns mit Hassrede offengelegt haben.

© REUTERS/Carlos Barria

Update

Weil Werbekunden abgesprungen sind: Twitter-Nachfolger X verklagt Hassrede-Forscher

Im Juni deckte die Gruppe CCDH auf: 99 Prozent der Fälle von Hassrede auf Twitter blieben unbekämpft. Dagegen zieht der Konzern, der inzwischen X heißt, nun vor Gericht.

| Update:

Der von Elon Musk in X umbenannte Kurznachrichtendienst Twitter zieht vor Gericht gegen Online-Forscher, die Hassrede und Falschinformationen im Netz aufdecken. Die X Corp. wirft der Organisation CCDH in der Klage vor, sie habe widerrechtlich auf Daten von Twitter zugegriffen. X sei durch die Berichte der Forscher Schaden entstanden, weil Werbekunden abgesprungen seien.

Die in der Nacht zum Dienstag eingereichte Klageschrift hat einen anderen Fokus als eine vorherige Klagedrohung von Musks Anwalt an CCDH (Center for Countering Digital Hate). In dem am Montag bekanntgewordenen Schreiben ging es um einen Bericht der Gruppe von Juni.

Musks Anwalt kritisierte das Fazit, dass Twitter bei 99 Prozent der Hassrede nichts unternehme, wenn sie von zahlenden Abo-Kunden komme. Er verwies darauf, dass die Basis dafür 100 gemeldete Tweets gewesen seien. Die Anwältin des Zentrums nannte den Brief „lächerlich“ und warf der Firma vor, Kritiker einschüchtern zu wollen.

Elon Musks jüngste juristische Drohung stammt direkt aus dem autoritären Lehrbuch.

Imran Ahmed, Gründer und CEO des Center for Countering Digital Hate (CCDH)

Für die tatsächlich eingereichte Klage suchte sich die X Corp. frühere Berichte des CCDH heraus, in denen es unter anderem über Falschinformationen zum Coronavirus ging. Dem CCDH wird zum einen vorgeworfen, die Organisation habe dafür in Verletzung der Nutzungsregeln größere Mengen von Tweets abgerufen. Zum anderen habe sie unrechtmäßig auf Daten zugegriffen, die einer Analysefirma zur Verfügung gestellt worden seien.

„Elon Musks jüngste juristische Drohung stammt direkt aus dem autoritären Lehrbuch“, erklärte CCDH-Chef Imran Ahmed am Dienstag auf Anfrage. Musk offenbare damit, „dass er vor nichts zurückschrecken wird, um jeden zum Schweigen zu bringen, der ihn für seine Entscheidungen und Handlungen kritisiert“.

Die Untersuchungen des CCDH hätten gezeigt, dass sich Hass und Desinformation auf X alias Twitter „unter Musks Führung wie ein Lauffeuer verbreiten“. Die nun eingereichte Klage sei ein direkter Versuch, die Kritik zu unterbinden. Musk greife lieber den Überbringer der schlechten Nachricht an, der auf die „giftigen Inhalte“ auf seiner Plattform hinweise, als sich mit dem Problem selbst auseinanderzusetzen, das er geschaffen habe, so Ahmed. „Die unabhängige Forschung des CCDH wird nicht aufhören – Musk wird uns nicht zum Schweigen bringen.“

Elon Musk hatte Twitter im Oktober 2022 für rund 44 Milliarden Dollar (rund 40 Mrd Euro) gekauft. Der Tech-Milliardär warf der vorherigen Twitter-Führung vor, rechte politische Ansichten unterdrückt zu haben, und versprach „absolute Redefreiheit“. Das schreckte einige große Werbekunden ab.

Musk und die von ihn berufene Twitter-Chefin Linda Yaccarino behaupten, die Verbreitung von Hassrede bei dem Dienst sei stark gesunken – liefern jedoch keine Zahlen dazu. Zugleich kappte Musk den früher existierenden breiten Zugang unabhängiger Forscher zu Twitter-Daten. (dpa, Tsp)

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