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Aus Folien geschnittene Kinderhände hängen mit den jeweiligen Namen an der Eingangstür. Die Brandschutztür fehlt.

© Rainer Jensen/dpa

Kindergarten musste schnell öffnen: Mann statt Tür

Einem Bremer Kindergarten fehlen nach dem Umbau Brandschutztüren. Ersetzt wurden sie durch einen Wächter mit Löschkenntnissen.

Mehr Männer in Kindergärten, das wünschen sich viele Eltern und Erzieherinnen. Damit die Kinder auch männliche Bezugspersonen erleben. Aber auf diese Art von Männerbesuch hätte die Bremer Kita „Walljunioren“ wahrscheinlich gerne verzichtet: Anderthalb Monate lang war bei ihr ein Brandwächter im Einsatz – weil nach einem Umbau die vorgeschriebenen Brandschutztüren nicht schnell genug lieferbar waren. Ein eher überflüssiger Job muss das gewesen sein – aber was tut man nicht alles, um die strengen deutschen Vorschriften einzuhalten.

Eine gemeinnützige Kita-Betreibergesellschaft hatte in der Bremer City ein Geschäftshaus umbauen lassen, um hier künftig weitere Kinder betreuen zu können. Alles war fertig für die Eröffnung, aber wegen Lieferschwierigkeiten fehlten noch die brandschutzgerechten Türen. Und ohne Brandschutz keine Betriebsgenehmigung: Das gilt nicht nur für den Berliner Flughafen BER, sondern auch für Kindergärten.

Was also tun? Wie der Architekt Marcus Knigge auf Tagesspiegel-Anfrage berichtet, liehen sich die Betreiber einfachere Türen vom Tischler – und engagierten bei einer Privatfirma eine Brandwache. Also Mann statt Tür. „Die Idee kam von mir“, sagt der Architekt. Denn Eltern und Betreiber wollten nicht länger auf die Eröffnung warten.

Acht Stunden lang saß fortan ein Mann ohne Uniform, aber mit Löschkenntnissen in einem separaten Raum und machte hin und wieder Kontrollgänge. Seine Ausrüstung bestand aus einem Handy, um im Ernstfall die Feuerwehr rufen zu können. Bis zu deren Eintreffen sollte er die in dem Gebäude ohnehin vorhandenen Feuerlöscher bedienen.

Nach anderthalb Monaten ohne einen einzigen Feueralarm sind inzwischen die normgerechten Türen geliefert worden – und der Brandschützer, der sich die Arbeit mit einem Kollegen geteilt hatte, konnte endlich wieder abziehen. Die Rechnung folgt. Mehrere tausend Euro werden die Betreiber der Kita wohl zahlen müssen.

Die Kita-Expertin Ilse Wehrmann, die beim Aufbau der neuen Einrichtung geholfen hat, findet den Vorgang absurd. Statt überbordender Bürokratie wünscht sie sich mehr normalen Menschenverstand. „Die Kinder hätten genug Fluchtmöglichkeiten gehabt“, sagt Wehrmann, „Deutschland ist sehr verliebt in Sicherheitsmaßnahmen“. Würden überall auf der Welt solche Vorschriften gelten, müssten die meisten Kindergärten sofort geschlossen werden.

Wurden die Kinder durch die Brandwache vielleicht auch verängstigt? Nein, sagt Wehrmann. „Ich glaube, sie fanden das spannend.“

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