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Der Lehrkräftemangel wird von für Schulleitungen bundesweit als das drängendste Problem genannt.

© dpa/Martin Schutt

Lehrkräftemangel, Bürokratie, Überlastung: Mit diesen Problemen haben Schulleiter zu kämpfen

Das Deutsche Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung zeigt, was die deutschen Schulen verbindet: Neben dem Personal fehlt es vor allem an Digitalisierung.

Der Lehrkräftemangel wird von Schulleitungen bundesweit als die größte Belastung angesehen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des „Deutschen Schulbarometers“, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach geben zwei Drittel der Befragten an, dass das Personaldefizit ihre Arbeit am stärksten erschwert.

Ein Fünftel nennt die Digitalisierung und die mangelnde technische Ausstattung, Bürokratie und Verwaltung sowie die eigene Arbeitsbelastung als Hauptprobleme. Die Robert-Bosch-Stiftung befragt seit 2019 regelmäßig Schulleitungen.

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Die Beschulung von geflüchteten und neu zugewanderten Kindern sowie Corona und die Corona-Maßnahmen spielen für die Schulleitungen dagegen eine untergeordnete Rolle: Nur jede Zehnte nannte diese Bereiche besonders herausfordernd, als die Befragung im Herbst 2022 im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung durchgeführt wurde. Das sind die Ergebnisse im Einzelnen:

1 Personalmangel

Mehr Personal und weniger Bürokratie nennen über 40 Prozent der Schulleitungen als wichtigste Stellschrauben zur „spürbaren Entlastung“ an. Eine geringere Unterrichtsverpflichtung wünscht sich jeder dritte Befragte. Fast 30 Prozent wünschen sich Verwaltungsassistenten. Als eine Folge des Personaldefizits geben vier von fünf Leitungen an, ihren Schülerinnen und Schülern keine adäquate Unterstützung beim Lernen und beim Aufholen aktueller Lernrückstände bieten zu können.

2 Lernrückstände

Den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit deutlichen Lernrückständen schätzen Schulen in sozial schwieriger Lage auf 65 Prozent, im Schnitt aller Schulen auf 35 Prozent. Diese hohen Anteile führen direkt zu einem anderen Aspekt der Befragung, nämlich der geringen Wirksamkeit der Corona-Aufholprogramme. Eine positive Wirksamkeit dieser Programme sieht nur ein Drittel aller Schulleitungen. An Gymnasien fällt das Urteil am positivsten aus (42 Prozent).

77
Prozent der Schulen in schwieriger Lage sehen keine positive Wirkung der Corona-Förderprogramme

Insbesondere Schulen in sozial schwieriger Lage wurden von den Förderprogrammen nicht erreicht: Nur 23 Prozent sehen eine positive Wirksamkeit). Demzufolge geben 70 Prozent der Schulleitungen an, weitere Fördermittel zu benötigen, um die Lernrückstände zu bewältigen. Die Bedingungen für eine künftige, bedarfsgerechte Verteilung von Fördermitteln sieht die Robert-Bosch-Stiftung als günstig an, da drei Viertel der Schulen in sozial schwieriger Lage die Lernstände ihrer Schülerinnen und Schüler systematisch erfassen.

3 Psychosoziale Lage

Jede dritte Schule gibt an, Unterstützung durch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen zu erhalten, allerdings ist die Hälfte mit dem Umfang nicht zufrieden: Der tatsächliche Bedarf können nicht gedeckt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass es nur an etwa 70 Prozent der Schulen Angebote der Schulsozialarbeit gibt.

Fast 60 Prozent der an der Befragung beteiligten Schulen gibt denn auch an, dass sie einen hohen Fortbildungsbedarf zum Umgang mit psychosozial belasteten Kindern und Jugendlichen hätten. Fast die Hälfte wünscht sich zu diesem Thema eine Supervision oder ein Coaching.

40
Prozent der Schulen erachten Fortbildungen zum Umgang mit Geflüchteten als notwendig.

Fortbildungen zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung erachten fast 40 Prozent aller Schulleitungen als notwendig. In allen Bereichen ist der Fortbildungsbedarf an Schulen in sozial benachteiligter Lage überdurchschnittlich höher.

4 Geflüchtete

Seit März 2022 werden an den Schulen ebenso viele neu zugewanderte Kinder und Jugendliche aus anderen Ländern beschult wie aus der Ukraine und zwar je 2,7 Prozent. Generell werden beide Herkunftsgruppen häufiger in Schulen in sozial schwieriger Lage beschult als in sozial ausgewogenen (vier bis fünf Prozent). Der Anteil von Neuzugewanderten aus anderen Ländern ist im Vergleich zu ukrainischen Schülerinnen und Schülern an Förderschulen höher (3,2 Prozent zu 0,8 Prozent).

71
Prozent der Grundschulen geht nicht davon aus, dass es bei ihnen für Neuzugewanderte eine ausreichende Förderung in Deutsch gibt.

Mehr als die Hälfte der Schulleitungen (59 Prozent) verneint die Frage, ob es eine ausreichende Förderung in Deutsch für Neuzugewanderte an ihrer Schule gibt. Insbesondere an Grundschulen ist die Lage „dramatisch“, urteilen die Forscher: Drei Viertel der Grundschulen (71 Prozent) können keine ausreichende Förderung zusichern.

Fast die Hälfte der Schulen (47 Prozent) kann noch neu Zugewanderte aufnehmen. Sieben Prozent geben sogar an, dass sie noch viele freie Kapazitäten haben. Offenkundig wird allerdings auch, dass 26 Prozent der Schulleitungen keine Kapazitäten mehr sehen. 27 Prozent geben sogar an, bereits über ihrer Kapazitätsgrenze zu arbeiten.

Insbesondere Schulen in sozial schwieriger Lage (45 Prozent) sowie Haupt-, Real- und Gesamtschulen (38 Prozent) arbeiten über ihrer Kapazitätsgrenze und müssen nun gezielt entlastet werden

47
Prozent der Schulen hat noch Kapazitäten für neu Zugewanderte.

Was die Bosch-Stiftung rät

Als Schlussfolgerung der Befragung nennt die Robert-Bosch-Stiftung, dass mehr Schulverwaltungsassistenzen eingestellt und bürokratische Prozesse abgebaut werden müssten. Nur so sei zu erreichen, dass sich die Schulleitungen wieder auf ihr „Kerngeschäft“ konzentrieren könnten: „Schule leiten und Schüler:innen beim Lernen begleiten“.

Um die Digitalisierung voranzubringen, müsse allen Lehrkräfte eine „grundlegende Qualifizierung im Bereich Digitalisierung“ geboten werden. Das sei notwendig für zeitgemäßen Unterricht sowie „eine neue Prüfungs- oder, besser gesagt, Lernkultur“. Dabei müssten insbesondere angehende Lehrkräfte in ihrer Ausbildung entsprechende Kompetenzen erwerben. Allerdings habe der „Monitor Lehrerbildung 2022“ gezeigt, dass diese auf Digitalisierung bezogenen Kompetenzen „bei Weitem“ noch nicht verbindlich an den Hochschulen verankert sei.

Die Robert-Bosch-Forscher erwähnen auch das geplante bundesweite „Startchancen-Programm“ für Schulen in schwieriger Lage. Wie wichtig es sei, mehr für diese Schulen zu tun, zeigten auch die Ergebnisse des Schulbarometers. Diese Schulen müssten „gezielt entlastet und unterstützt werden“. Das „Startchancen-Programm“ müsse „aus den gemachten Fehlern“ des Programmes „Aufholen nach Corona“ lernen und besonders belastete Schulen identifizieren und nachhaltig unterstützen.

Die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen müssen absolute Priorität haben.

Robert-Bosch-Stiftung

Die Bosch-Stiftung folgt bei ihren Schlussfolgerungen auch der Kultusministerkonferenz und zwar im Hinblick auf das Erreichen der Basiskompetenzen: Dass alle Kinder am Ende der Grundschulzeit die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen, müssen „nun absolute Priorität haben“. Dafür müsse die Förderung in der Unterrichtssprache Deutsch für Neuzugewanderte und Schüler:innen mit Migrationshintergrund unbedingt gewährleistet werden.

Genauso müsse auch verstärkt auf Kinder aus bildungsfernen Schichten geachtet werden und entsprechende Angebotsstrukturen entwickelt werden, damit diese Schüler:innen nicht bereits zu Beginn ihrer Bildungsbiografie in einen Rückstand geraten, der nur schwer wieder aufgeholt werden könne.

„Eine demokratische und inklusive Gesellschaft darf diese Kinder und Jugendliche nicht verlieren und/oder exklusiv in Förderschulen unterrichten“, lautet eine weitere Forderung. Die Robert-Bosch-Stiftung habe aus diesen Gründen das Projekt „Wir.Lernen“ an Grundschulen in Baden-Württemberg begründet.

Zudem müsse die psychosoziale Versorgung sichergestellt werden. Der weitere hohe Bedarf an Schulsozialarbeit und insbesondere an Schulpsychologie müsse „ausreichend und nachhaltig abgedeckt werden“.

Durchgeführt wurde die Befragung von der Forsa-Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen. An der bundesweiten repräsentative Stichprobe nahmen 1055 Schulleitungen allgemein- und berufsbildender Schulen teil.

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