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Trauben hängen an Weinreben in einem Weinberg in Oberdollendorf.

© Bearbeitung: Tagesspiegel/dpa/Thomas Banneyer

Weinlese in Deutschland: Was wird uns der neue Jahrgang bringen?

Der Sommer war zeitweise verregnet, der Klimawandel setzt den Winzern zu. Was können Weinliebhaber vom Jahrgang 2023 erwarten? Drei Einschätzungen.

Auf eine trockene Phase folgten diesen Sommer üppige Regenfälle. Wie hat sich das auf die Weinanbaugebiete in Deutschland ausgewirkt?

In unserer Serie „3 auf 1“ geben drei Experten eine Einschätzung dazu. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


2023 wird ein echter „Winzerjahrgang“

Glaubt man den Meldungen, wird der Jahrgang schlecht. Fragt man aber uns Winzer, wird er gut. Ja, es gab erst Trockenstress und dann sintflutartige Regenfälle, es gab Potenzial für Krankheiten und ja, das hat auch mit dem Klimawandel zu tun. Aber wir sind gut beraten, nicht immer alles schlecht zu reden. Deshalb sage ich: 2023 wird super!

Ein echter „Winzerjahrgang“ – also kein Geschenk für Hobbywinzer, sondern ein Jahrgang in dem mutige (und manchmal glückliche) Entscheidungen, harte Arbeit und Orientierung am Weinberg und seinen Bedürfnissen belohnt werden. Hier wird die mühsame Handlese plötzlich zum Vorteil: Ist ein Wengert nicht perfekt, schneidet die Schere eben alles raus, was nicht dazu gehört.

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Das verringert die Menge, hebt aber die Qualität! Und um die geht es uns primär – wir wollen nach der Arbeit des Jahres das bestmögliche Lesegut ernten. Wein ist für uns ein Kultur- und kein Industrieprodukt, also wird es auch so behandelt. Wir können nur unser Bestes geben und uns in Demut üben.


Der Spätsommer wirkt sich hervorragend aus

Das Jahr zeigte sich nach einem milden Winter mit einem teils zähen Start in das Frühjahr. Die dann in den meisten Anbaugebieten eher langsam ansteigenden Temperaturen ließen den Reben Zeit, sich zu entwickeln. Im Mai folgten genügend Niederschläge – nahezu perfekt, wenn man an die alte Bauernregel denkt: „Ist es im Maien kühl und nass, füllt es dem Bauern Scheun und Fass.“

Im Juni folgte eine längere heiße und durchaus trockene Periode. Im Juli und August während des Rebwachstums konnten die ausreichenden Niederschläge den Trauben genügend Wasser geben. Hervorragend wirkt sich nun der Spätsommer mit warmen Tages- und kühleren Nachttemperaturen aus, wo die Weintrauben schön reifen und Aromen bilden können.

Wir können uns auf einen sehr guten Weinjahrgang freuen, sowohl was die Qualitäten betrifft als auch die Menge. Das Statistische Bundesamt teilte mit, dass die Ernte neun Prozent über dem letzten Jahr liegen dürfte, das wären dann knapp zehn Millionen Hektoliter, was lange Zeit der Durchschnittswert war.


Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack

Dass man über die Ernte besser erst spricht, wenn sie im Keller ist, mussten zuletzt die Winzer des Wonnegaus erleben. Nahe Worms rasierte Hagel die Weinberge kahl. Von extremem Pilzbefall wie im Bordeaux oder Überschwemmungen wie in Italien wurden die deutschen Weinbauern 2023 verschont. Bleibt es zur Lese trocken, werden sich die Fässer mit guten, teils sehr guten Qualitäten füllen.

Dennoch gärt es in der Szene. Der Weinabsatz geht nicht nur in Deutschland kontinuierlich zurück, in den Kellern lagern noch eine Menge unverkaufter Flaschen. Auch haben es viele Weingüter nicht geschafft, ihre deutlich gestiegenen Kosten für Flaschen, Kartons, Energie und Logistik an die Kunden weiterzugeben.

Die Folge: Immer mehr Winzer bleiben auf Wein und Kosten sitzen, drohen in wirtschaftliche Schräglage zu geraten. Wie schon bei den Bauernhöfen wird die Zahl der deutschen Winzerbetriebe weiter abnehmen. Auch, wenn jetzt während der Lese ein guter Jahrgang beschworen wird: Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

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