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Sucht seine eigenen Wege: Sternekoch Björn Swanson. 

© Lukas Kirchgasser

„Haben nicht mehr den Nerv der Zeit getroffen“: Warum man im „Faelt“ jetzt günstiger isst

Die Mehrwertsteuer steigt, die Branche zittert, bloß Sternekoch Björn Swanson macht sein Menü billiger. Was er sich davon verspricht, erklärt er hier.

Die Berliner Spitzen- und Sternegastronomie hatte zuletzt viel Schließungen zu beklagen. Und spätestens die Rückkehr auf den regulären Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zum 1. Januar zittern noch mehr Wirt:innen. Die Erhöhung sei unmöglich an die ohnehin schon preissensiblen Gäste weiterzugeben, sagen die einen, der Ausgleich aus eigenen Mitteln durch die bereits geringen Margen nicht tragbar, finden die anderen.

Einen dritten Weg schlägt Björn Swanson ein, Inhaber des Sternerestaurants „Faelt” in Schöneberg. Er fordert von seinen Kolleg:innen kreative Lösungen statt „Jammer-Videos in den sozialen Medien. Aus meiner Sicht ist es essentiell, dass wir Gastronomen unsere Perspektive verändern, weg vom Meckern, zurück zum Mutigsein – insbesondere in Krisen”, so der Berliner. „Ja, 12 Prozent mehr Steuern sind ein Brett, aber ich glaube nicht, dass eine Erhöhung der Preise zum Ziel führt.”

Er selbst bietet sein Sechs-Gang-Menü ab Januar für 99 Euro statt zuvor für 134 Euro an. Möglich wird das, indem Swanson zukünftig auf ein vegetarisches Basiskonzept setzt. Drei zusätzliche Gänge mit Fisch, Fleisch und Käse können optional hinzugebucht werden. Wer sich für das volle Programm entscheidet, zahlt am Ende mit 164 Euro sogar mehr als zuvor, grundsätzlich ist die Sterneerfahrung aber für unter 100 Euro pro Person möglich. Nur eben halt ohne tierische Proteine.

Stilistisch bleibt Swanson dabei seiner Linie treu. „Unser Menü war schon zuvor größtenteils vegetarisch”, sagt er. „Jetzt sind wir noch ein bisschen konsequenter.” Expertise hat er sich mit dem neuen Küchenchef Jan Rzehak ins Haus geholt, der lange im „Cookies Cream” gekocht hatte. Darüber hinaus hat der 39-Jährige das Personal im “Faelt” aufgestockt, um wieder an sechs Tagen pro Woche geöffnet zu haben.

Lieber Stern oder volles Restaurant?

Dass Fine-Dining-interessierte Gäste grundsätzlich nicht mehr bereit sind, das entsprechende Geld auszugeben, hält Swanson für einen Trugschluss. „Die Menschen wollen ausgehen und Spaß haben – nur eben nicht mehr im Sternerestaurant”, glaubt er. „Wir müssen uns eingestehen, dass wir zuletzt nicht mehr den Nerv der Zeit getroffen haben.” Die Gäste seien heute beim Reservieren viel spontaner und ließen sich ungern starre Menüs und stundenlange Tellerabfolgen vorschreiben. „Wir müssen uns verändern, statt am Gast vorbeizuplanen und dogmatisch auf einer Idee zu bestehen”, so Swanson.

Wenn jemand das „Faelt” also später am Abend auf ein Glas Wein und ein bisschen Käse oder schnelle zwei Gänge als Walk-in besuchen möchte, werde auch das möglich gemacht. Neben der klassischen Wein- oder alkoholfreien Begleitung können sich Gäste auch glasweise für einzelne Getränke entscheiden.

Dass ihm durch die Neuausrichtung der Stern abhandenkommen könnte, bereitet Swanson kein Kopfzerbrechen. Sein Ego freue sich natürlich über die Auszeichnung, attraktiv sei sie aber nur, wenn sie auch Gäste generiere: „Wenn ich mich zwischen dem Stern und 100 Prozent Auslastung entscheiden müsste, würde ich immer das volle Restaurant wählen.”

Neben der Konzeptanpassung im „Faelt” hat Björn Swanson für das neue Jahr weitere Pläne. Im Sommer will er einen zweiten Laden eröffnen. In der Giesebrechtstr. 3 in Charlottenburg, dem ehemaligen „12 Seasons”, plant er das „Bistro Swanson” mit gutbürgerlicher Küche. Geöffnet sein soll an sechs Tagen die Woche Mittags und Abends.

Getrennt hat sich Swanson hingegen von seinen Beteiligungen am Biergarten „The Benedict” in Trier und dem Hotel „Jardi d’Artà” auf Mallorca. Auch sein Abendbrot-Konzept „Jord” in Mitte musste er 2023 nach nur wenigen Monaten wieder schließen. Die Reservierungszahlen im „Faelt” seien mit der Einführung des neuen Menüs dagegen vielversprechend.

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