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Zinnober: Diana Vreeland, lange Chefin der amerikanischen „Vogue“, nannte ihr Wohnzimmer die rote Hölle.

© Horst P. Horst, 1979

Diana Vreeland: Eine Mode-Ikone wird verfilmt

Die Mode-Ikone Diana Vreeland prägte die Magazine "Harper's Bazaar" und "Vogue". Nun hat ihre Enkelin einen Film über Vreeland gedreht. Die Recherche über die bereits verstorbene Großmutter war nicht einfach.

Würde man Diana Vreeland nur eine einzige Farbe zuordnen müssen, dann wäre es ein tiefes Zinnoberrot. Mit diesem schmückte sie sich nicht nur bevorzugt selbst, sondern auch ihre Umgebung, wie ein Blick in ihr Wohnzimmer verrät, in dem sie sich 1979 von dem Fotografen Horst P. Horst porträtieren ließ. Ein sehr persönlicher Einblick: Sie liegt in einem roten Kleid (Nägel, Lippen und Wange erstrahlen in Rot) auf dem ebenso roten Sofa – ihre Augen blicken direkt in die Kamera. Augen, die sich an der Mode, dem Leben und insbesondere der Farbe Rot wohl nie haben satt sehen können.

Vreeland, geboren am Anfang des 20. Jahrhunderts, beschritt mit unbändiger Neugier und Kreativität jahrzehntelang die Modewelt – und prägte sie über mehrere Jahrzehnte. Frei nach ihren eigenen Worten: „Mode ist die berauschendste Befreiung von der Banalität des Lebens”. Das Auge und das Gespür für Mode waren ihr von Anfang an gegeben: Sie entdeckte den Bikini und die Schauspielerin Lauren Bacall; war über drei Jahrzehnte für die Titelseiten der wichtigsten Modemagazine Harper`s Bazaar und Vogue verantwortlich.

In Paris, zu dem sie zeitlebens eine enge Verbundenheit hat, wird Vreeland 1903 in Paris als Diana Dalziel geboren. Sie ist die älteste Tochter eines britischen Börsenmaklers namens Frederick Young Dalziel und Emily Key Hoffman, einer Amerikanerin. Eine Mutter, die ihre Tochter einmal „my ugly little monster“ nennt, weil Diana keine typische Schönheit ist. Sie heiratet 1924 den Bankier Thomas Reed Vreeland und zieht mit ihm nach London, wo sie eine Damenboutique betreibt. Zu ihrem Kundenstamm gehört auch Wallis Simpson, die spätere Herzogin von Windsor. Im Jahr 1936 siedelt die Familie mit ihren zwei Söhnen, Frederick und Tim, nach Amerika über. Dort wird sie (für 25 Jahre) Moderedakteurin des damals wichtigsten Modemagazins, Harper’s Bazaar und schreibt Kolumnen wie „Why don’t you?“, in der sie kreative, aber entbehrliche, Anstöße gibt wie: „Warum trägst du zu allem keine violette Samt-Fäustlinge?“.

Mode ist für Vreeland immer mehr als nur die Suche nach den neuesten Trends, das zeigt auch der Blick auf eines ihrer Zitate: „Sogar die Anfänge einer Revolution kann man an der Kleidung der Menschen erkennen. Durch Mode kann man alles sehen und fühlen.“

Unter dem passenden Titel „The Eye has to travel“ ist nun die Dokumentation über ihr Leben und ihre Arbeit erschienen. Mehr als drei Jahre hat Lisa Immordina Vreeland, die Frau eines Enkels von Vreeland, Material in Archiven gesammelt, seltene Fotografien ausgewählt und Interviews mit engen Freunden geführt. Die ursprüngliche Idee eines Bildbandes erweiterte sie schnell zu einer Film-Dokumentation. „Ich wollte Diane Vreeland jüngeren Generationen wieder nahe bringen“, erklärt Vreeland ihr Projekt. Da sie erst nach Vreelands Tod (1989) in die Familie kam, hatte sie selbst nie die Gelegenheit „Mrs Vreeland“, wie sie von ihr spricht, kennenzulernen. Hätte sie die Chance gehabt, sie wäre am liebsten „mit ihr in ihrem kleinen roten Wohnzimmer gesessen, das nicht so groß ist, wie die Leute oft denken, und über ihre frühen Lebensjahre gesprochen, über die 20er und 30er Jahre.“ Für sie ist Diana Vreeland „eine Mode-Ikone, die es in ihrer Originalität so heute nicht mehr gibt, die aber immer noch eine große Quelle der Inspiration sein kann”.

Zu Diana Vreelands Bekanntenkreis zählen über die Jahre Prominente wie Coco Chanel, Andy Warhol, Angelica Houstan, Maria Callas oder Jack Nicholson. Sie verkehrt im legendären Studio 54 genauso wie in den Modemetropolen London und Paris. Doch würde sie sich selbst als „Doyenne“ der Modewelt des 20. Jahrhunderts nennen? „Nein“, meint Lisa Vreeland entschieden, sie vermutet, dass Vreeland eher mit „Was weiß ich“ geantwortet hätte.

Nach neun Jahren als Chefredakteurin bei Vogue wird Diana Vreeland 1971 gefeuert und arbeitet anschließend im Costume Institute im Metropolitan Museum of Modern Art. Bis zu ihrem Tod 1989 konzipiert sie zahlreiche Ausstellungen. Ein Zitat, das von Diana Vreeland stammt und sie wohl am besten beschreibt, wie Lisa Vreeland findet, ist das Folgende: „Es geht nicht um das Kleid, das du trägst, sondern um das Leben, das du mit dem Kleid führst”. Ohne Frage wäre das Kleid ihres Lebens ein rotes gewesen.

Info: Lisa Immordino Vreelands Bildband „Diana Vreeland: The Eye Has to Travel” ist bereits 2011 bei Abrams erschienen. Ihre filmische Dokumentation liegt der Februarausgabe der Vogue als DVD bei. Außerdem wird der Film im Rahmen der Fashion Week für geladene Gäste vorgeführt.

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