zum Hauptinhalt
In Odessa wird 2008 das Caravaggio-Gemälde "Die Festnahme Christi" gestohlen - vier Männer einer internationalen Diebesbande werden 2010 in Berlin festgenommen.

© dpa/lhe

Einbruch im Grünen Gewölbe in Dresden: Wer stiehlt eigentlich Kunst und worum geht es Kunstdieben?

Goldmünzen in Berlin, Gemälde von Vincent van Gogh in Zürich und Werke von Pierre Auguste Renoir in Wien - regelmäßig wird wertvolle Kunst gestohlen.

Museen, Villen, Auktionshäuser – immer wieder brechen Kunstdiebe in gut oder auch schlecht gesicherte Gebäude ein, um Schmuck, Gemälde, Skulpturen zu entwenden. Der Einbruch in Dresdens berühmte Schatzkammer, das Grüne Gewölbe, in der Nacht zu Montag ist da nur ein Fall von vielen. Der Handel mit gestohlenen Kunstwerken zählt Ermittlern zufolge zu einer der ertragreicheren Einnahmequellen – und so werden (die gefassten) Kunstdiebe oft der Bandenkriminalität zugeordnet, in dem es auch um profanere Serieneinbrüche, Drogenschmuggel, Waffenhandel und Geldwäsche gehen kann. Kunstdiebe sind also nicht zwangsläufig eine „andere Liga“, auch wenn ein Museumseinbruch arbeitsteiliges, bandenmäßiges Vorgehen erfordert – und somit eher für organisierte Kriminelle infrage kommt, als für Einzeltäter.

Wer stiehlt Kunstwerke?

Genaue Daten darüber, wer für Diebstähle von Kunstwerken verantwortlich ist, fehlen. Dies schon deshalb, weil es Einordnungsfragen gibt: Zählt der Diebstahl kunstvoll verarbeiteten Schmucks aus Juwelierläden dazu? Was ist mit Werken, die gar nicht als Kunst, sondern nur als Rohstoffquelle gestohlen worden sind?

Ermittler sagen vorsichtig, "Sortenreinheit" gäbe es unter Kunstdieben kaum. Aus fast allen Milieus könnten Täter dabei sein. Bei bekannteren Fällen – in Deutschland, Europa aber auch im Nahen Osten – seien allerdings Verdächtige aus bestimmten Milieus aufgefallen: Professionelle vom Balkan, die sich oft schon aus jugoslawischen Zeiten kannten. So seien immer wieder Montenegriner, Mazedonier und Serben aufgefallen, darunter wiederum oft Angehörige der albanischen Minderheit.

Öffentlich bekannt ist die Pink-Panther-Bande, die letztlich ein 200 Mann starkes Netzwerk kleiner Cliquen ist. Allein diese Truppe soll für hunderte Einbrüche und Raubüberfälle verantwortlich sein: in Frankreich, Großbritannien, den Benelux-Ländern, Deutschland, Italien. Die Taten werden schnell, entschlossen und arbeitsteilig ausgeführt. Vermutet wird, dass Soldaten, die im Jugoslawien-Krieg kämpften, dabei sind.

Immer mal wieder wurden einzelne Männer gefasst. So rasten Pink Panther im April 2007 in zwei Audis in die Edelmall „Wafi City“ in Dubai. Einer der Audis durchstieß die Auslagenscheibe eines dortigen Juweliers, aus dem Wagen sprangen Vermummte, stürmen das Geschäft, zerschlugen Vitrinen mit Hämmern, nahmen Edelsteine aller Art an sich, rannten nach etwas mehr als einer Minute zu dem zweiten Audi und rasten davon. Einer der Täter wird gefasst: serbischer Staatsbürger, damals 34 Jahre alt.

Edelmetall und Lösegeld - worum es Kunstdieben geht

In Deutschland sind nach bekannten Kunstdiebstählen auch Angehörige arabischer Clans und bosnische Diebe aufgefallen. In Berlin gibt es eigenes Kommissariats für Kunstdelikte im Landeskriminalamt. Dort wird in circa 300 Verfahren im Jahr ermittelt – das meiste Diebstahl, Hehlerei, Betrug.

Doch was geschieht, im Erfolgsfall, mit dem Diebesgut? Entweder Liebhaber, so Ermittler, haben den Diebstahl in Auftrag gegeben und zahlen für die Beute. Ihnen ginge es dann um das stille Besitzen der Kunstwerke. Oder aber die Beute wird als Kunstwerk zerstört, weil es den Tätern um das Rohmaterial geht. Goldschmuck kann eingeschmolzen und als Barren verkauft werden.

So soll die 2017 aus dem Berliner Bode-Museum gestohlene 100 Kilogramm schwere Goldmünze eingeschmolzen worden sein. Die dieser Tat wegen Angeklagten gehören einer Familie an, aus der heraus Männer immer wieder des Diebstahls mit Bunt- und Edelmetallen verdächtigt wurden.

Im Januar 2001 haben Diebe, die Gemälde von Rembrandt und Renoir aus dem schwedischen Nationalmuseum geraubt haben, mehrere Millionen Kronen Lösegeld gefordert. Doch der schwedische Staat blieb hart. Fünf Jahre später wurden zwei Iraker, ein Gambier und ein schwedischer Staatsbürger in Kopenhagen festgenommen. Mindestens ein Rembrandt-Bild sichergestellt.

Andy Warhol, Vincent van Gogh, Edvard Munch im Visier von Dieben

Ein unvollständige Übersicht über spektakuläre Kunstdelikte: November 2018, aus dem Wiener Aktionshaus Dorotheum wird ein Ölgemälde von Pierre Auguste Renoir gestohlen. Im Dezember wird ein Verdächtigter in Amsterdam verhaftet.

März 2017: Aus dem Berliner Bode-Museum stehlen Einbrecher eine Goldmünze im Wert von 3,75 Millionen Euro. Seit Januar 2019 stehen Männer aus dem Remmo-Clan vor Gericht. Die Polizei nimmt an, dass die Münze eingeschmolzen wurde. Remmo-Angehörige sollen im Mai 2019 auch ein Kunstvogelnest aus Gold aus einer Berliner Schule gestohlen haben.

November 2015: Bewaffnete rauben aus dem Museum Castelvecchio in Verona millionenteure Renaissance- und Barockbilder. Internationale Fahnder spüren Moldawier auf, die ihre Beute in der Ukraine versteckten und die Bilder wohl für einen tschetschenischen Sammler gestohlen haben sollen.

Das zerstörte Außenfenster der Fuchsberg-Grundschule in Berlin - Unbekannte hatten dort im Mai 2019 ein Kunst-Vogelnest aus Gold gestohlen.
Das zerstörte Außenfenster der Fuchsberg-Grundschule in Berlin - Unbekannte hatten dort im Mai 2019 ein Kunst-Vogelnest aus Gold gestohlen.

© Annette Riedl/dpa

Mai 2010: Aus dem Musée d'art moderne de la Ville de Paris werden Gemälde von Pablo Picasso, Henri Matisse, George Braque, Amedeo Modigliani und Fernand Léger gestohlen.

September 2009: Bilder von Andy Warhol werden in Los Angeles aus dem Hause eines Sammlers gestohlen. Der Wert der Porträts wird auf zehn Millionen Dollar geschätzt. Die Bilder sind bis heute verschwunden.

Juli 2008: Aus dem "Museum für westeuropäische und orientalische Kunst" in Odessa wird das Caravaggio-Gemälde "Die Festnahme Christi" gestohlen. Vier Männer einer internationalen Diebesbande werden 2010 von Beamten der Spezialeinheit GSG 9 in Berlin festgenommen.

Februar 2008: Gemälde von Claude Monet, Vincent van Gogh und Paul Cézanne werden von drei Vermummten aus dem Bührle-Museum in Zürich gestohlen. Nur einige Werke werden gefunden.

Februar 2007: Von einer Enkelin Picassos werden zwei Gemälde und eine Zeichnung des Malers im Wert von 50 Millionen Euro gestohlen. Diebe und Bilder werden ein halbes Jahr später mithilfe eines Kunsthändlers gefunden.

August 2004: Bewaffnete Vermummte dringen in das Osloer Edvard-Munch-Museum ein und rauben „Der Schrei“ und „Madonna“. Die Bilder werden 2006 gefunden, die Täter verurteilt.

Mai 2003: Ein Alarmanlagen-Spezialist stiehlt die „Saliera“ von Benvenuto Cellini aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Das Goldfässchen kostet 40 Millionen Euro. Der Dieb versucht, Geld zu erpressen, stellt sich 2006 der Polizei und gibt das Fässchen heraus.

April 2002: Eine Bande stiehlt aus dem Brücke-Museum Berlin neun Gemälde im Gesamtwert von 3,5 Millionen Euro. Die Diebesbande um einen Bosnier wird im Juni 2002 bei einem anderen Einbruch festgenommen, die Bilder gefunden – allerdings beschädigt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false