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Das ewige Kind. Weil seine Schilddrüse bestimmte Hormone nicht ausschüttet, bleibt der Axolotl eine Dauerlarve.

© imago/Nature Picture Library

Berliner Schnauzen: Axolotl: Diese Tiere haben Superkräfte

Früher verzehrten Azteken Axolotl als Delikatesse. Heute versuchen Wissenschaftler, ihre DNA zu entschlüsseln.

Man muss sich den Axolotl als ein glückliches Tier vorstellen, denn er lächelt immer. Vielleicht, weil er nie erwachsen wird. Neotonie nennen das Zoologen, dauerhaftes Larvenstadium.

25 Jahre können die 30 Zentimeter großen Schwanzlurche alt werden. Ihr Leben lang sehen sie aus wie längliche, grinsende Kaulquappen. Wer denkt da nicht an Peter Pan, der vor der Adoleszenz ins Nimmerland floh. Oder an Helene Hegemanns Roman „Axolotl Roadkill“, in dem sich die Protagonistin Mifti Pillenrausch und Wohlstandsverwahrlosung hingibt, statt endlich groß zu werden. Aber das ist natürlich Unsinn. Auch das mit dem Lächeln.

Der Axolotl hat einen großen, an den Winkeln nach oben gebogenen Mund, weil er seine Beute damit gut einsaugen kann. In 16 bis 21 Grad warmen Seen lauert er auf Fische, Frösche und Krebstiere, die er mit einem Happs verschlingt.

Die vier Axolotl im Zoo ernähren sich anders: Wenn die Pfleger Mehlwürmer reichen, kriechen die Tiere flott an Land. „Wir füttern immer mit Pinzette, denn Axolotl können unangenehm zuschnappen, obwohl sie keine Zähne haben“, sagt Robert Seuntjens vom Zoo. „Sonst sind sie aber ganz zutraulich.“

„Xolotl“ – Gott der Blitze

Dass sie nie erwachsen werden, liegt an einem Gendefekt. Weil ihre Schilddrüse bestimmte Hormone nicht ausschüttet, bleiben sie Dauerlarven. Die Umwandlung lässt sich aber künstlich herbeiführen: Wer ihnen das Hormon Thyroxin gibt, hat bald einen lungenatmenden Lurch, der an Land leben kann. Das allerdings gilt als Tierversuch und ist in Deutschland verboten. Genau wie die Einfuhr – Axolotl sind in ihrer natürlichen Umgebung in Mexiko vom Aussterben bedroht.

Die Axolotl im Zoo sind Nachzüchtungen ihrer mexikanischen Vorfahren. Die Azteken benannten sie einst in der Nahuatl-Sprache: Axolotl setzt sich aus „Atl“, Wasser, und „Xolotl“ zusammen. Letzteres ist der Name des aztekischen Gottes für Blitze – ein grausiges, buckeliges Skelett mit Hundekopf und Axt. In der Mythologie verwandelte sich Xolotl in den Schwanzlurch, um seiner Opferung zu entgehen. Die Azteken verehrten den Axolotl fortan als heiliges Tier und verzehrten ihn als Delikatesse. Noch heute findet man gebratene Exemplare auf Märkten von Tijuana bis Cancun.

Sie regenerieren sich von Amputationen

Und das, obwohl sie eine Superkraft haben, die die Medizin voranbringen kann: Axolotl regenerieren sich von Amputationen vollkommen. Verliert das Tier ein Körperteil, wächst in wenigen Wochen ein perfekter Ersatz nach. Auch durchtrenntes Rückenmark und verletztes Netzhautgewebe kann es wiederherstellen. Wissenschaftler analysieren deshalb die DNA der Lurche, um diese Heilkräfte zu entschlüsseln.

Mythos und medizinischer Bedeutung zum Trotz fristen die meisten Axolotl ihr Leben in Privatwohnungen. Aquaristiker lieben ihre drachenartigen Kiemen. Züchtungen aus Brandenburg gibt es bei Ebay ab 15 Euro, zum Beispiel in den Farben „Keks“ oder „Mosaik“.

Was der Gott des Blitzes wohl dazu sagen würde?

Der Axolotl im Zoo

Natürlicher Feind: Raubfische

Interessanter Nachbar: Aga-Kröte, wird 2,5 Kilogramm schwer und frisst Mäuse

Max Polonyi

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