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Mit Freude schenken. Wer keinen Spaß daran hat, sollte das Geschenkemachen lieber bleiben lassen.

© imago/Westend61

Die Geschenkkolumne: Anti-Stress-Empfehlungen fürs Weihnachtsshoppen

Eine Expertin der „New York Times“ rät, das Besorgen der Geschenke wie einen Geschäftstermin zu planen. Unsere Autorin kontert: Ohne Vergnügen wird das nichts.

Die „New York Times“ hat mir geraten, alle Weihnachtsgeschenke bis zum 15. Dezember zu besorgen, um die Feiertage stressfrei zu überleben. Das sage ich mir auch immer. Klappt bloß nie. Dabei fange ich schon im Sommer an. Zumindest mit dem Gedankenmachen. Und dem Festhalten der Gedanken. Seit ich die Notizfunktion in meinem Handy entdeckt habe, ist Weihnachten eigentlich ganz easy. An Geschenkideen mangelt’s nicht. Nur an Zeit, alle umzusetzen. Im Advent ist immer so viel los!

Als Mittel gegen ein solches Chaos empfiehlt die Produktivitätsexpertin der „Times“, sich das Besorgen der Geschenke wie einen Geschäftstermin in den Kalender einzutragen und ein Budget festzulegen, was man für wen ausgeben will. Da hätte ich einen anderen Ratschlag parat: Lassen Sie das Schenken bleiben, wenn Sie keinen Spaß dran haben! Ohne Vergnügen wird das nichts. In einer garantiert nicht repräsentativen Umfrage unter Freunden und Verwandten, was für sie ein missglücktes Präsent ist, kommt verblüffend oft die gleiche Antwort: Wenn jemand sich keine Gedanken gemacht hat, nur eine Pflicht abhakt. Dann lieber gar nichts.

Dabei geht’s doch darum, Freude zu schenken! Komisch, man traut sich das Wort kaum noch auszusprechen, es klingt so altmodisch, sentimental. Und zugleich kommerziell: Im Onlineshop kann man wählen zwischen den Kategorien „Freude schenken bis 30 Euro“, „Freude schenken bis 50 Euro“, weiter geht’s mit 100, 200 – bei welcher Summe hört die Freude eigentlich auf?

Bücher schenken ist wie Puzzelspielen

Die schönste Weihnachtsbescherung meiner Kindheit war, als ich ein Dutzend Enid-Blyton-Bücher bekam. Es muss meine Eltern und alle anderen Gönner viel Überwindung gekostet haben, in ihren Augen waren Hanni und Nanni Schund. Aber sie waren großzügig genug, darüber hinwegzusehen. Ich selbst kann nichts verschenken, was mir nicht gefällt. Mein Neffe zum Beispiel hat sich mal ein Buch „Sauna zum Selberbauen“ gewünscht. Ging nicht.

Dabei sind Bücher meine liebsten Weihnachtsgeschenke. Das hat was von Puzzelspielen: Welcher Titel passt zu wem? Es soll natürlich ein Werk sein, das die Beschenkten noch nicht kennen, von dem sie im Idealfall nicht mal was gehört haben, aber eben auch etwas, das uns in irgendeiner Form verbindet. Also sehen Sie mich zum Advent in den Buchhandlungen um die Tische streichen, Romane in die Hand nehmen und lesen – oh, die Verführung des ersten Satzes! –, und dann doch wieder verwerfen ... Kein Wunder, dass das nie was wird mit dem 15. Dezember.

Eine Radikallösung: zu Hause bleiben

Es gibt natürlich noch eine Radikallösung gegen den ganzen Feiertagsstress. „Let’s not go shopping!“, singt Robbie Williams auf seinem neuen Album „The Christmas Present“. „We don’t need shopping.“ Seine Anti-Stress-Empfehlung: zu Hause bleiben, Vorhänge zuziehen, Kamin und Kerzen anzünden, Musik hören. Und dem Weihnachtsmann das Besorgen der Geschenke überlassen: „Thank you, Saint Nick!“, mit diesen Worten endet der Song.

Von wegen, Saint Nick. Mrs. Williams ist es, die sich darum kümmert! Das hat der Sänger gerade in einem Interview verraten. Für alles, was seine Frau besorgen will, unterschreibe er nur die Schecks . Die hat er wahrscheinlich auch vom Weihnachtsmann. Wo gibt’s denn heute noch Schecks?

Das alte Lied, auch wenn der Star es nicht auf seinem Christmas-Album singt: Time is money, money buys time. Also, wenn ich mir was wünschen dürfte, dann wäre es ein Sack Zeit. Für all das, was ich besonders gern mache, wie Einpacken und Lesen. Und den Sack soll Robbie Williams mir persönlich nach Hause schleppen.

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