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Drei spielt Vier: Der BMW 4er ist die Coupé-Variante des 3ers. Bei uns fuhr er als BMW 428i vor.

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Fahrbericht BMW 428i: Dezent ist ein bisschen anders

Ein BMW-Coupé mit Sportpaket, Spoilern und knallig lackiert, so etwas erregt Aufsehen auf der Straße. Aber im Alltag macht der BMW 428i eine gute Figur. Optisch, wie akustisch.

Er ist nicht direkt ein unauffälliger Wagen, das lernt man schnell. Während die Prenzlauer-Berg-Mutter Verachtung im Blick hat, während sie vor dem BMW 428i für unseren Praxistest die Straße überquert, werden in Kreuzberg Mobiltelefone gezückt, um Videos von dem flachen und breiten Wagen zu machen. Mehr als einmal erleben wird das. Damit hätte man nicht gerechnet. Schließlich ist der BMW 4er ja „nur“ die Coupé-Variante des Dreiers – und der wiederum ist nun wirklich Teil des automobilen Mainstreams. Allerdings gäbe es unauffälligere Arten, ein Coupé auszustatten, als BMW das im Fall unseres Testwagens gemacht hat. Der kam in Knallfarbe, mit M-Sportpaket und Bodykit – und gut hörbar wird das Coupé auch, wenn man aufs Gas tritt. Aber wir wollen nicht auffallen, sondern fahren. Mal sehen, wie sich der 4er im Alltag schlägt.

Außen und Innen

Eigentlich: siehe oben. Natürlich hat BMW Unmengen gedeckter Farbtöne im Angebot, mit deren Hilfe man sich ein sehr, sehr dezentes Coupé zusammenstellen könnte. Aber für selbstbewusste Gemüter hat der Hersteller auch Lacke wie "Estoril-Blau" oder "Melbourne-Rot" im Angebot. Die heißen nicht umsonst wie Rennstrecken, wer eine von ihnen wählt, der hat Zuschauer. Ansonsten ist der Vierer etwas breiter und niedriger ausgefallen als 3er-Limousine oder Kombi. Den Auftritt macht das noch wuchtiger.

Innen ist alles typisch BMW – ein Innenraum-Design, das der Hersteller seit längerem evolutionär weiterentwickelt, ohne Bedienbarkeits-Revolutionen anzuzetteln. Der iDrive-Wählknubbel des BMW 428i ist längst domestiziert und lammfromm - wer die Marke kennt, findet sich auf Anhieb zurecht. Und auch Erstfahrer dürften den Wagen bald intuitiv bedienen.

Sitzen und Laden

Tief, tief herunter muss der Hintern, wenn der Fahrer im BMW 428i Platz nehmen will. Aber ist er einmal angekommen, sitzt man gleichzeitig straff und kommod, einem Wagen mit sportlichem Anspruch angemessen. Zum Teil ist das der Lendenwirbelstütze zu verdanken, die der Testwagen als Extra besitzt. Aber auch ohne würde es keinen Grund zur Klage geben. Im Wagen schafft man hunderte Kilometer am Stück, ohne, dass es irgendwo piekst.

Auch in der zweiten Reihe haben Passagiere noch verblüffend viel Platz. Zwar ist der Kopfraum beim BMW 428i etwas beengt, dem flachen Coupédach geschuldet, aber auch Erwachsene können es hinten eine Weile aushalten. Und der Kofferraum ist mit 445 Litern zwar nicht überragend, aber trotzdem so, dass man zurechtkommt. Eine tiefe dunkle Höhle ist er, die Rückbank könnte man umklappen. Aber Reisegepäck für zwei plus einen unterwegs eingesammelten Satz Felgen schafft er auch ohne Tricks problemlos.

Übersichtlich: Innen ist alles typisch – der BMW 428i trägt ein Innenraum-Design, das der Hersteller seit längerem evolutionär weiterentwickelt, ohne Bedienbarkeits-Revolutionen anzuzetteln.
Übersichtlich: Innen ist alles typisch – der BMW 428i trägt ein Innenraum-Design, das der Hersteller seit längerem evolutionär weiterentwickelt, ohne Bedienbarkeits-Revolutionen anzuzetteln.

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Fahren und Tanken

Das ist das, was den 428i wirklich ausmacht: dieses großartige Beschleunigungsvermögen. 245 PS holt der Motor aus zwei Litern Hubraum plus Turboaufladung – und die sind ausgesprochen munter geraten, 5,8 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 sagen einiges über den Durchzug des 4ers aus. Und er ist so konfiguriert, dass man das Erlebnis immer wieder haben will. Dann, wenn man auf dem Beschleunigungsstreifen Tempo aufnimmt oder wenn dann die linke Spur vor einem frei wird: Acht Fahrstufen besitzt die Automatik, sie schaltet zwei oder drei Gänge runter, man hört den Motor grollen und der BMW wird schneller, wie an einem sehr strammen Gummiband gezogen.

Man muss ein bisschen aufpassen, dass man sich angesichts dieser Charakteristik nicht einen zu halbstarken Fahrstil angewöhnt. Zumal das Fahrwerk dem ganzen in jeder Situation gewachsen ist. Der 428i fährt und lenkt knackig und präzise, er liegt stramm, aber nicht zu hart auf der Straße – auch enge Bergstraßen machen mit dem Wagen jede Menge Spaß. Verbraucht haben wir im Mittel gute acht Liter, bei durchaus dynamischer Fahrweise.

Gegenüber der Limousine ist der Zweitürer flacher und etwas breiter, in rot und mit der Verspoilerung des M-Sportpakets ist er ein sehr auffälliger Wagen. Aber man könnte ihn auch dezenter konfigurieren.
Gegenüber der Limousine ist der Zweitürer flacher und etwas breiter, in rot und mit der Verspoilerung des M-Sportpakets ist er ein sehr auffälliger Wagen. Aber man könnte ihn auch dezenter konfigurieren.

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Hören und Sehen

Die vier Zylinder im BMW 428i klingen so, dass man sie ernst nimmt. Allerdings haben die Münchner getrickst, um das zu erreichen. Da in der neuen Modellgeneration erstmals nicht mehr die legendären Reihensechszylinder der Marke mit ihrem seidigen Sound zum Einsatz kommen, spielt die Stereoanlage im Wagen zusätzliche Frequenzen ein, um den Motorsound mehr in Richtung Sechszylinder zu trimmen. Das Ergebnis hört sich zwar nicht so an wie der Vorfahr, aber doch ziemlich gut, wenn man Motorsound mag. Die Art, wie das erreicht wurde… Naja, nicht zu lange drüber nachdenken.

Dafür ist das Coupé für einen Wagen des Jahres 2014 noch verhältnismäßig übersichtlich geraten. Sicher, die Fensterlinien sind schmal, aber trotzdem hat man auch nach schräg hinten noch einen recht guten Blick. Den Parkpiepser möchte man trotzdem nicht missen. Aber immerhin ist man nicht permanent in Gefahr, Radfahrer zu übersehen.

Wählen und Zahlen

41 100 Euro beträgt der Basispreis des BMW 428i – und diese Information vergisst man am besten gleich wieder. Denn bei dem Modell dürfte es eher die Regel als die Ausnahme sein, dass noch einmal ein fünfstelliger Betrag in Zusatzausstattung fließt. Allein die Automatik schlägt mit gut 2000 Euro zu Buche, ansonsten versüßt der Hersteller den Käufern die Entscheidung über die Wahl der Extras mit einer Hand voll Ausstattungspakete, die viele Wünsche abdecken dürften. Das Comfort-Paket (2400 Euro) bietet zum Beispiel Klimaautomatik, bessere Boxen und Parkpiepser, das Innovationspaket (1950 Euro) Kurvenlicht und ein extrem angenehmes Head-Up-Display, das Fahr-Informationen in die Windschutzscheibe einspiegelt. Ein Navigationssystem schlägt mit minimal 1490 Euro zu Buche.

Gutes und Schlechtes

Na klar, ein Coupé ist nicht das ideale Gefährt für Familien und Menschen mit raumgreifenden Hobbys, den Ikea-Einkauf stecken andere Fahrzeuge ebenfalls besser weg. Aber wer eine Fahrmaschine sucht, mit der man den Alltag bewältigen kann, und die dazu noch sehr viel Spaß bereitet, der ist mit dem BMW gut bedient. Der Wagen ist sicher kein Sonderangebot. Aber die wahren Qualitäten des 428i erfährt man immer dann, wenn man hinter dem Steuer Platz nimmt. Der Gedanke, dass es eine ähnliche Karosse in Gestalt des M4 noch mit annähernd der doppelten Leistung gibt – da kann man schon mal feuchte Hände bekommen.

Technische Daten BMW 428i
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,64/1,82/1,38 Meter
Leergewicht 1525 Kilogramm
Kofferraumvolumen normal/Rückbank umgelegt 445 Liter
Maximale Zuladung 520 Kilogramm
Sitzplätze 4
Tankvolumen 60 Liter
Motor Vierzylinder-Otto-Turbo-Motor, Benzin-Direkteinspritzung in den Brennraum, Nockenwellenverstellung, variabler Ventilhub
Hubraum 1997 Kubikzentimeter
Getriebe 8-Gang-Automatikgetriebe
Leistung (kW/PS) 180/245
Drehmoment 350 Newtonmeter bei 1250 Umdrehungen/Min
Beschleunigung 0 - 100 km/h 5,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 8,1/5,2/6,4 Liter
CO2-Emissionen/Effizienzklasse 147 g/km / C
Verbrauch im Test 8,2 Liter
Typklassen (KH/VK/TK) 17 / 23 / 27
Preis als Basisfahrzeug 41 100 Euro
Preis des Testwagens ca. 55 000 Euro

Kai Kolwitz

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