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Prinz Andrew muss sich in New York den Vorwürfen stellen, vor 20 Jahren eine 17-Jährige sexuell missbraucht zu haben.

© dpa/Neil Hall

„Der letzte Schachzug des Herzogs“: Prinz Andrews juristische Deals fehlgeschlagen – Klage droht

Die Klägerin sollte gegen Geld nicht gegen weitere „potenzielle Angeklagte“ vorgehen. Die Richter wollen „ziemlich bald“ entscheiden.

Prinz Andrew sorgt mit seinen verzweifelten Bemühungen im Kampf gegen eine US-Zivilklage wegen Missbrauchsvorwürfen weiterhin für Schlagzeilen. Der zweitälteste Sohn der Queen zieht alle Register, um eine Klage wegen schwerer Missbrauchsvorwürfe im Keim zu ersticken. Dabei könnte ein Urteil auch die von ihm beteuerte Unschuld untermauern.

Die Veröffentlichung eines Deals zwischen Klägerin Virginia Giuffre und dem gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein hatte ihm Anlass zur Hoffnung gegeben, das Verfahren könne doch noch frühzeitig gestoppt werden. Doch daraus wird vorerst nichts: Ein New Yorker Gericht traf nach der Anhörung keine unmittelbare Entscheidung über die Weiterverfolgung der Missbrauchsklage gegen Andrew.

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Giuffre wirft Andrew vor, sie als 17-Jährige nach Vermittlung durch Epstein vor zwei Jahrzehnten mehrfach missbraucht zu haben. Der inzwischen 61 Jahre alte Sohn der britischen Königin Elizabeth II. streitet das ab. Der Deal sollte nach Ansicht von Andrews Anwälten allen weiteren Klagen einen Riegel vorschieben.

Mehrere britische Zeitungen hatten den Herzog von York, wie Andrews offizieller Titel lautet, auf ihren Titelseiten abgebildet. „Der letzte Schachzug des Herzogs“, titelte „Metro“. Die „Sun“ bezeichnete eine Anhörung am Dienstag in New York vor Gericht als „D-Day für Andrew“.

Guiffre fordert Schadensersatz in nicht genannter Höhe

Begleitet wurden viele der Schlagzeilen von einem Foto, das als einer der stärksten Beweise gegen ihn gilt: Es zeigt Andrew gemeinsam mit der jugendlichen Giuffre – und der kürzlich wegen ihrer Rolle beim Aufbau eines Missbrauchsrings für Epstein schuldig gesprochenen Ghislaine Maxwell. Andrews Hand liegt auf der entblößten Hüfte des Teenagers.

Der Vergleich aus dem Jahr 2009 sieht vor, dass Guiffre weder Epstein noch andere „potenzielle Angeklagte“ im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen gegen den US-Multimillionär verklagen wird. Giuffre erhielt im Zuge der Übereinkunft 500.000 Dollar (im November 2009 umgerechnet rund 330.000 Euro) - doch es ist fraglich, ob die extrem weit gefasste Abmachung rechtskräftig ist.

„Das ist die Art von Vertragsbestimmung, die oft von Gerichten als unwirksam befunden wird“, sagte die ehemalige New Yorker Staatsanwältin Moira Penza der BBC. Giuffre fordert jetzt Schadenersatz in nicht genannter Höhe.

Für Andrews Verteidiger habe Guiffre ihr Recht auf Klage verwirkt

Andrews Hoffnungen auf eine sofortige Beilegung des Prozesses haben sich dann am Dienstag vor Gericht in New York tatsächlich nicht erfüllt. Er werde „ziemlich bald“ mitteilen, wie es in dem Verfahren um die Klage weitergehe, sagte Richter Lewis Kaplan. Er wollte aber den Zeitpunkt nicht genauer benennen.

Der Verteidiger des Prinzen Andrew Brettler argumentierte, dass Giuffre mit der außergerichtlichen Einigung ihr Recht auf eine Klage verwirkt habe. Giuffres Anwalt David Boies sagte dagegen, dass der Vergleich nicht in Betracht gezogen werden dürfe. Dieser sei in Florida zwischen Epstein und Giuffre auf Basis konkreter Vorwürfe getroffen wurden. Andrew falle nicht in die juristische Zuständigkeit von Gerichten in Florida – und er habe Giuffre auf andere Art als in dem Vergleich erwähnt misshandelt. Daher sei die außergerichtliche Einigung nichtig.

Andrews Aussagen klingen unglaubwürdig

Prinz Andrew war schon früher mit dem Versuch gescheitert, die Klage mit anderen Mitteln zu stoppen. Unter anderem hatte er sich wochenlang einer Zustellung der Klageschrift entzogen, indem er seinen Wohnsitz auf dem Gelände von Schloss Windsor mied. Später versuchte er die Klage zu vereiteln, indem er seine Anwälte argumentieren ließ, die inzwischen in Australien lebende Giuffre könne nicht in den USA vor Gericht ziehen. In beiden Fällen scheiterte er.

Ob sich Andrew mit juristischen Kniffen vor einem Urteil der Öffentlichkeit schützen kann, ist ohnehin fraglich. Bereits in einem BBC-Interview im Jahr 2019, bei dem er alle Vorwürfe kategorisch zurückwies, machte er eine extrem schlechte Figur - zu unglaubwürdig klangen seine Beteuerungen.

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Beispielsweise als er behauptete, er könne wegen eines im Falkland-Krieg erlittenen Schocks nicht schwitzen. Der Bericht Giuffres über einen gemeinsamen Club-Besuch, bei dem er heftig geschwitzt haben soll, sei daher nicht ernst zu nehmen. Ähnlich war es mit der Aussage, er habe an dem betreffenden Abend seine Tochter Beatrice zu einer Party in einer Filiale der Restaurantkette Pizza Express in der Kleinstadt Woking gefahren. Daran erinnere er sich noch genau, so Andrew, weil das für ihn ein „sehr ungewöhnlicher“ Ausflug gewesen sei.

Kurz nach dem Interview legte Andrew seine öffentlichen Aufgaben für das Königshaus nieder. Organisationen, denen er als Schirmherr gedient hatte, distanzierten sich reihenweise von ihm. Ob er seinen Ruf jemals wieder herstellen kann, ohne dass die Vorwürfe zweifelsfrei ausgeräumt werden, scheint äußerst fraglich. Gegen Prinz Andrew wurde kein Strafverfahren eingeleitet. (dpa,AFP)

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