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Cathy Hummels, Influencerin und Moderatorin.

© Lino Mirgeler/dpa

Cathy Hummels berichtet über ihre Depressionen: „Man kann damit leben“

Ihr Buch heißt "Mein Umweg zum Glück". Darin berichtet sie von ihrer Erkrankung, deren Symptom Magersucht sie mit 16 Jahren bekam.

Spielerfrauen werden oft mit Klischees und Vorurteilen überhäuft. Spätestens wenn man mit Cathy Hummels auf einem Empfang kurz ins Gespräch kommt und verblüfft denkt: „Ach, die wirkt ja eigentlich ganz nett und patent“, hat man sich womöglich bei einer Spezialform von Diskriminierung ertappt.

„Der erste Eindruck, das Bauchgefühl ist entscheidend“, schreibt sie selbst in ihrem gerade erschienenen Buch „Cathy Hummels. Mein Umweg zum Glück“.

Darin wird klar, dass sie Diskriminierung natürlich kennt. Und zwar in ihrer bösesten Form, nicht nur die unausgesprochene, in dem höflich verborgenen Moment der positiven Überraschung, sondern vor allem als „Hate Speech“. Diesem Thema widmet sie ein ganzes Kapitel „Und immer wieder im Shitstorm“. Nun bietet die Tatsache, dass eine 32-jährige Influencerin mit mehr als einer halben Million Followern ein Buch schreibt, schon allein mehrere Steilvorlagen für Spott und Häme.

Warum so ein altmodisches Medium, wenn man doch bereits ein Star ist in den sozialen Medien? Und sollte eine Spielerfrau nicht lieber Handtaschen shoppen als Bücher zu schreiben und brotlosen Autoren womöglich die Kundschaft zu klauen? Und wer überhaupt soll so ein Werk lesen?
Die Antwort ist einfach – weil Cathy Hummels sie selbst auf ihrem Instagram-Account vorgibt: „Dieses Buch beinhaltet mein Leben, meine Story. Meine ups and downs und beschreibt meinen (Um)Weg raus aus den Depressionen", heißt es dort.

Und dass sie dem Thema Depression eine besondere Plattform geben wollte. Sie finde es einfach erschreckend, dass „man so etwas unter den Tisch kehrt“. Depressionen seien ein ernstes Thema, „was viele betrifft und mich betrifft es auch“. Sehr früh, mit 16 Jahren, litt sie bereits daran und kämpfe seither gegen die Krankheit an.

„Ich war unglaublich traurig. Ich habe meinen Lebenswillen ein bisschen verloren gehabt“, sagte sie in einem Interview. Irgendwann hätten Körper und Geist gesagt: „Ich kann nicht mehr.“ Es geht in diesem Buch also weniger um Mode und Fußballgeschichten. Cathy Hummels vermeidet es sogar weitgehend, ihren Mann, den Fußball-Weltmeister Mats Hummels, zu erwähnen. Immerhin erfährt man am Ende, dass sie ihn mit 19 Jahren kennengelernt und mit 27 geheiratet hat, und dass er ihr erster Freund war. Und dass sie ihm zuliebe eine Weile fernab ihrer geliebten Familie, die in München zu Hause ist, in Dortmund gelebt und dort auch studiert hat.

Die Vorurteile über Spielerfrauen stammen wohl noch aus einer Zeit, als Fußballer selbst mit einer Reihe von Vorurteilen konfrontiert waren. Nachdem sich herumgesprochen hat, dass besonders die Stars in jeder nur erdenklichen Weise gecoacht und fortgebildet werden, ist es eigentlich unverständlich anzunehmen, dass ausgerechnet diese Männer auf oberflächliche Frauen stehen. Auch mit diesem Vorurteil räumt das Buch auf.

Coverausschnitt des Buches "Mein Umweg zum Glück" von Cathy Hummels.
Coverausschnitt des Buches "Mein Umweg zum Glück" von Cathy Hummels.

© Benevento/dpa

Mit Mobbing hat Cathy Hummels selbst bereits als Schülerin Bekanntschaft gemacht. Dagegen hilft es offenbar auch nicht, als behütetes Mädchen aus einer gutbürgerlichen Familie am Gymnasium Mitglied einer coolen Mädchenclique zu sein.

Ein Missgeschick beim Sport reichte als Auslöser. Zu schaffen machten ihr aber schon damals vor allem Depressionen, die zunächst nicht als solche erkannt wurden. Man hielt sie für magersüchtig, aber das war, wie sich später herausstellte, nur ein Symptom. Sehr stolz ist sie auf ihren Bruder Sebastian, der Facharzt geworden ist für Psychiatrie und Psychotherapie und ihr immer wieder geholfen hat, Tiefs zu überwinden.

Nachdem sie ihrem Mann von München nach Dortmund folgte kamen die Depressionen schlimmer zurück als je vorher. Damals studierte sie Wirtschaftswissenschaften an der TU und musste irgendwie klarkommen mit einem Wechselbad zwischen ungewollter Bevorzugung auf der einen und Neid und Missgunst auf der anderen Seite.

In Dortmund fand sie immerhin einen Arzt, der die richtige Diagnose stellte. Neben den Medikamenten half ihr vor allem das Instrument der Gesprächstherapie.

Die Heilung beförderte schließlich die Entdeckung von Yoga als Medizin für die Seele. Trotzdem glaubt die 32-Jährige nicht, dass sie „geheilt“ sei. Sie habe lediglich mit der professionellen Hilfe ihres Bruders einen Weg gefunden, mit den Depressionen zu leben und sagt über sich „Man kann damit leben“. Aufgelockert sind die Kapitel mit Abbildungen von Posts aus ihrem Instagram-Account. Botschaften wie: „Jeder hat mal seine ups and downs. Aber wir müssen uns gegenseitig nach oben heben, anstatt nieder zu machen.“

Man sollte nicht mit zu hohen Erwartungen an das Buch herangehen. Es schildert den Werdegang eines ziemlich normalen Mädchens, das als Influencerin und Moderatorin an der Seite eines berühmten Mannes erfolgreich versucht hat, sich ein eigenen Leben aufzubauen. Und trotzdem für ihren zweijährigen Sohn Ludwig eine engagierte Mutter ist.
Dass sie mit ihren Informationen über Depressionen und ihrer eigenen Umgehensweise damit junge Mädchen erreicht, die ebenfalls Gefahr laufen, Opfer von Mobbing, Magersucht und Depressionen zu werden, ist auf jeden Fall ein nützlicher Nebeneffekt.

Am Ende des Buches gibt es dafür einen regelrechten Ratgeberteil. Insofern eignet sich das Buch sicher gut als kleines Zaunpfahl-Geschenk für Mädchen, die sich gerade mit ihrem Leben schwer tun.

Eine Frage bleibt allerdings offen: Warum hat sie sich mit zwei Autoren zusammengetan, um das Buch zu schreiben? Das hätte ihr auch alleine gelingen können.

Cathy Hummels: „Mein Umweg zum Glück“, Benvento Verlag, München-Salzburg 2020, 202 Seiten, 18 Euro

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