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Mode: Fashion Week in Berlin: Caramba, weg mit den Klischees

Patricio Campillo & Co. Die Mexico Fashion Show zeigt, dass das Frida-Kahlo-Land auch cool kann.

Ein beiger Trenchcoat, eine schwarze Lederjacke, schwere schwarze Stiefel und doppelreihige Jacken mit hohen Kragen. Ein sandfarbenes Hemd hat vier Taschen: zwei auf der Brust, zwei rechts und links vorm Bauch. Wie beim Militär ist es ganz zugeknöpft.

Dass diese Männermode aus Mexiko kommt, muss man wissen – sehen kann man es nicht. Das ist dem Designer nur recht. Patricio Campillo kann sich nämlich sehr ärgern, wenn Parallelen zum typischen Folklorestil erwartet werden. Die mexikanische Modeszene habe viel mehr zu bieten, sagt er und macht es mit seiner Firma „The Pack“ vor: keine bunten Farben, keine aufwendigen Stickereien, kein Sombrero. Eine klare Trennung zwischen mexikanischer Mode und Kultur ist Campillo wichtig. „Ich finde es großartig, jetzt nach Europa zu gehen und meine eigene Geschichte zu erzählen, ohne das Klischee von Frida Kahlo“, sagt er. Kahlos Einflüsse seien zwar nicht zu bestreiten, hätten aber heute keinen ästhetischen Einfluss mehr auf seine Arbeit. Campillo: „Ich bin stolzer Mexikaner, ich bin stolz auf meine Kultur, auf mein Land. Aber ich möchte nicht als mexikanischer Designer wahrgenommen werden.“ Es sei egal, woher jemand käme, solange die Produkte und Designs gut seien.

Mit seinem Label „The Pack“ ist Campillo jetzt auf der Fashion Week. Im Rahmen des deutsch-mexikanischen Austauschjahres präsentieren 15 mexikanischen Designern ihre Kollektionen. Ausgewählt von einer Jury, unter anderem besetzt mit Claudia Cándano, Chefredakteurin der mexikanischen „Elle“. Unter dem Titel „Mexico Fashion Design“ wird es eine Show im Collectors Room, einen Stand auf der Fachmesse „Premium“ und einen Pop-up-Store geben.

Für seine aktuelle Herbst/Winter-Kollektion wurden lediglich 700 Teile gefertigt

Gute Produkte zeichnen sich für Campillo besonders dadurch aus, dass sie nachhaltig sind. Er vermeide Überproduktion und auch Überstunden für seine Mitarbeiter, die außerdem am Umsatz beteiligt werden. Für seine aktuelle Herbst/Winter-Kollektion wurden so lediglich 700 Teile gefertigt. Das sei in Mexiko nicht üblich. Dort gehe es eher um Masse und Konsum statt um Umweltschutz. Mit „The Pack“ will Campillo das ändern.

Er arbeitet mit regionalen Fabriken zusammen, die seine Kleidung nähen und auch die Materialien selbst erzeugen. Das Leder, das er verwendet, kommt aus einem Betrieb, der die Tiere selbst aufzieht, sie schlachtet und häutet und schließlich auch das Färben übernimmt. Dabei wird laut Campillo ganz umweltbewusst mit Naturfarbstoffen auf Gemüsebasis experimentiert. In Zeiten wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstseins in den westlichen Volkswirtschaften sicher ein kluger Schachzug. Ob das auch in Mexiko selbst zieht, ist fraglich.

Was Campillo aber vor allem behindert, sind allgemeine Vorurteile gegenüber mexikanischer Mode. Im Ausland – und zu seinem Verdruss auch im Inland. „Die Mexikaner brauchen, was lokale Produkte angeht, noch ein wenig Nachhilfe“, sagt er, „sie müssen aufhören, ihre eigene Kreativität zu diskriminieren.“ Seine Landsleute würden internationale Designer den nationalen vorziehen, Mode aus Europa und den USA. Das sei schade – und falsch, denn die mexikanische Modeszene entwickele sich nicht nur rasant, sondern auch international.

Viele der Jungdesigner gehen zum Studieren nach New York, Paris oder London. Die Eindrücke, die sie dort sammeln, fließen in ihre Mode ein. Patricio Campillo verkauft seine Kollektion außer in Mexiko auch in Miami und Madrid. Läden, die ihn in Berlin vertreiben? Sicherlich eins seiner Ziele. Vielleicht ist es nach der Fashion Week so weit.

- Für die Mexico Fashion Design Show am Mittwoch um 11 Uhr verlosen wir 2 x 2 Karten. Interessierte mailen bitte bis Dienstag 15 Uhr an mode@tagesspiegel.de. Der Pop-up-Store öffnet am Freitag, 1. Juli, Große Präsidentenstraße 10, 10178 Berlin

Julia Müller

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