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Gaure stehen auf der Liste der bedrohten Arten. Weltweit leben nur noch etwa 20 000 Tiere in freier Wildbahn.

© imago/blickwinkel

Berliner Schnauzen: Dieser Bulle verleiht Flügel

Der Gaur ist das größte Wildrind der Erde – und ein bekanntes Werbegesicht.

Anfang der 80er reiste ein Geschäftsmann aus Österreich nach Thailand. Dort probierte er ein einheimisches Getränk namens Krating Daeng, das ihm half, den Jetlag zu überwinden. Es lag wohl an der Aminoethansulfonsäure in dem Gesöff, auch Taurin genannt – gewonnen aus der Galle des Gaurs.

Was ein Gaur ist, wissen die wenigsten Menschen, vorab: Es handelt sich um das größte Wildrind der Erde, das bis zu vier Meter lang werden kann, bis zu 2,50 Meter hoch und bis zu einer Tonne Lebendgewicht schwer (zumindest die Bullen, Kühe sind etwas kleiner). Aber wie ein Gaur aussieht, weiß inzwischen fast jeder: Weil der österreichische Geschäftsmann nämlich Dietrich Mateschitz war, der sich die Lizenz für das Getränk und das Logo sicherte und damit den Weltkonzern Red Bull kreierte.

Ja, dessen Stier ist der Gaur. Dem echten Tier sollte man nicht zu nahe kommen. Es verleiht nämlich tatsächlich Flügel. Der Gaur ist äußerst wehrhaft und hat die Kraft, einen Menschen locker auf die Hörner zu nehmen und ihn durch die Luft zu schleudern. Die Bäume, die im Zoogehege zum Scheuern der Tiere aufgestellt wurden, sind deshalb fest verankert – sonst würden sie herumfliegen.

Inzwischen werden die angeblich euphorisierenden Stimulanzen des Getränks künstlich hergestellt. Was gut für den Gaur ist, ihm aber nicht viel hilft. Die Gauren, so groß wie sie sind, liefern viele Schnitzel, und die stehen dann auf der Speisekarte des Menschen. Die Kuh liefert auch Milch, die könnte man sogar trinken, aber man kommt eben nicht an sie ran. Denn bevor Mensch melken kann, fliegt er erstmal durch die Luft. Also jagt er den Gaur. Tiere fressen Tiere, Menschen essen Schnitzel. So weit, so normal.

Die Zoos bemühen sich um Artenschutz

Es ist nur so, dass des Menschen Gier zu groß ist, darum stehen die Tiere auf der Liste der bedrohten Arten ziemlich weit oben. Vor ein, zwei Jahrzehnten gab es in ihrer vorderindischen Heimat noch über eine Millionen Gauren auf den Weiden, inzwischen finden sich weltweit nur noch etwa 20 000 Exemplare. Zum Glück gibt es Zoos, die sich um den Artenschutz bemühen, im Falle der Gauren ist das federführend der Berliner mit seinem Kurator André Schüle.

Dort wurde jetzt Nachwuchs geboren, ein Kälbchen mit dem typisch vorderindischen Namen Gretel. Ihre Mutter ist wohl die 17-jährige Gudalva. Und dann gibt es da noch Sala und Sisa. Zuchtbulle Gandalf, 18 Jahre alt, vergnügt sich hier im Zoo nur mit diesem kleinen Harem von drei Kühen. In der Heimat läuft einer wie er schon mal mit einer Herde von bis zu 40 Tieren rum. Streitigkeiten mit anderen Bullen werden per Imponiergehabe ausgetragen, verlaufen aber weitgehend schmerzfrei.

Mächtig sehen sie aus mit ihrem kräftigen Gehörn und einem quersitzenden Irokesenschnitt dazwischen. Werden sie nicht gestört, tun sie keiner Fliege etwas zu Leide, fressen Gras und Laub, kommen jetzt, wo es kälter wird, in beheizte Stallungen, gleichwohl die Verwandtschaft auch Höhen und Kälten bis zu 5000 Meter gewohnt ist.

Die Chefin unter den Kühen ist natürlich die älteste, Gudalva. Wenn die Jungkühe Ansprüche erheben auf Gandalf, kann es auch schon mal zum Krieg kommen. Aber meist stehen die mächtigen Rinder bloß rum, wissen nichts von den Sorgen ihrer Artgenossen, nichts von Herrn Mateschitz und dessen Vergehen am Sport, nichts davon, wie alles mit allem zusammenhängt. Leben halt nur. Schön.
Gaur im Zoo

Lebenserwartung:  In Obhut 20 Jahre

Interessanter Nachbar: Brillenpinguin

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