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Schreiende Kinder treffen in Restaurants auf wenig Gegenliebe.

© AdobeStock/Halinska Anna

Babyfreie Zonen: Schluss mit dem Hass auf Kinder!

Keine schreienden Säuglinge mehr – diesen Wunsch erfüllen immer mehr Hotels, Restaurants und Airlines. Ist unsere Gesellschaft schon so kaputt?

Ein Kommentar von Adrian Schulz

Kaum boomt die Reisebranche nach Corona wieder, schon geht das Geschrei los. Je voller die Flugzeugkabine, das Hotel, das Zugabteil, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Säugling da ist. Prompt gibt er Brüllgeräusche von sich, deren markerschütternde Kraft ein Forscherteam einmal mit ihrer „Rauigkeit“ erklärte, dem schnellen Wechsel zwischen sehr leise und sehr laut.

Mitreisende stöhnen, rutschen in ihren Sitzen herum. Ein halbes Dutzend Fluglinien weltweit sperrt bereits bestimmte Bereiche für Kinder oder bietet Plätze in garantiert kinderfreien Zonen an – teils gegen Aufpreis. „Adults only“-Hotels sind längst ein gängiges Marktsegment. Vereinzelte Lokale an Nord- und Ostsee lassen keine Kinder rein. Mehr werden folgen.

Sicher: Jeder Mensch hat Entspannung verdient. Gerade Eltern haben jedes Recht, sich gelegentlich Ruhe vor schreienden Kleinkindern zu wünschen. Aber beim Baby-Bann geht es nicht um Rücksicht, sondern um Abwehr und Ausschluss: Weg mit den Blagen!

Es gibt genug Räume, von denen sich Eltern mit Kindern sowieso fernhalten. Und die Scham, das eigene Kind, wenn es mal schreit, nicht in den Griff zu bekommen, dürfte immens sein. Andere sollen „ihr Kind in den Griff bekommen“: Dahinter steckt die Fantasie, den öffentlichen Raum nach seinen privaten Präferenzen zu ordnen.

Wen trifft es als Nächstes?

Unsere Lebenswelt erlaubt eben das einer bestimmten, zahlungskräftigen Klientel immer mehr. Wo früher Parkbänke standen, muss man nun für teures Geld Pumpkin Flat White trinken, um sich noch aufhalten zu dürfen.

Mieten in Innenstädten sind unerschwinglich geworden – außer für ein paar wenige Glückliche. Shopping Malls haben sich breit gemacht, deren Sicherheitsdienste Obdachlose garantiert fernhalten.

Nun sind die Kinder dran. Wen trifft es als Nächstes?

Der Sinn für Gesellschaft kommt uns abhanden. Die Corona-Zeit trug dazu bei. Nicht nur die Reiselust hat sie aufgestaut – sie hat auch die Arbeit entgrenzt. Berater und Manager bevölkern wieder in Scharen die ICEs und Kurzstreckenflieger, während sie die Luft mit Calls zum Schwingen bringen. Sie glauben, die ganze Welt sei ihr Büro.

In einer Gesellschaft gehört es dazu, Anblicke, Geräusche, Menschen zu ertragen, die einem nicht passen. Das zu lernen heißt, erwachsen zu werden. Die Forderung nach einer Welt, wie sie mir gefällt, ist: kindisch.

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