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Die Sängerin Taylor Swift während eines Konzertes in Chicago.

© IMAGO/ZUMA Wire/Shanna Madison

Ansturm auf Tickets für Taylor Swift: Die größte Songwriterin der Gegenwart kittet alle Risse

Hunderttausende in Deutschland bemühten sich in dieser Woche um Tickets für die Tour der US-Sängerin Taylor Swift. Das große Versprechen der Popmusik, die Menschen zusammenzubringen, es lebt.

Ein Kommentar von Farangies Ghafoor

Die Lage spitzt sich mit jeder Minute weiter zu. Zwei Bildschirme flackern nebeneinander. Auf der Website von Deutschlands größtem Nachrichtenmagazin läuft ein Live-Ticker mit minütlichem Update. Über einen Videocall sind parallel drei Personen zugeschaltet, deren Augen vom Stieren auf die Monitore längst rechteckig sind. „Wenn wir hier nicht reinkommen, dann bist du unsere einzige Hoffnung“, flüstert einer.

Nein, da läuft keine heikle Militäroperation, es ist auch keine nachrichtliche Großlage im Newsroom des Tagesspiegels. Diese Szene fand vergangenen Mittwoch in hunderttausenden deutschen Haushalten gleichzeitig statt. Das gemeinsame Objekt der Begierde: Konzertkarten für die Tour von Taylor Swift im kommenden Jahr.

Ob erster oder dritter Rang ist zweitrangig. In sozialen Medien berichten amerikanische Fans gar von glücklich erkämpften Plätzen hinter der Bühne. Alles egal! Hauptsache, die Sängerin winkt ihnen einmal zu. Albern? Nein! Taylor Swift ist das Beste, was unserem Miteinander passieren konnte.

„Einmal ‚Enchanted‘ live hören!“

In unserer atomisierten Gesellschaft, die sich in ungezählten Konflikten aneinander reibt und tagtäglich weiter spaltet, kittet die größte Songwriterin der Gegenwart zumindest für wenige Stunden.

Alle kennen irgendwen, die oder der am vergangenen Mittwoch die Hängepartie durchlebte. Auch ein älterer Tagesspiegel-Kollege wartete in der virtuellen Schlange. Für seine Töchter, natürlich. Obwohl ihm Taylors Diskografie auch gefällt. „Einmal ‚Enchanted‘ live hören!“, sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

Die Begeisterung für Swifts typische Akkordfolgen verbindet uns trotz aller Gegensätze. Das große Versprechen der Popmusik, die Menschen zusammenzubringen, es lebt. Klimasünder oder -retter, nicht-binär oder cis Mann, Abtreibungsgegnerin oder Pro-Choice-Aktivistin, Grünen-Wähler oder CDU-Wählerin, 25 Jahre oder 56 Jahre: Shake it off!

Musik gibt es für jeden Geschmack (ein Experte hat 1385 verschiedene Genres identifiziert). Es mag kultiviert wirken, sich in seiner musikalischen Nische oder seiner politischen Überzeugung dauerhaft einzurichten. Doch die im Regen stehenden Fanmassen vor ausverkauften Stadien dieser Welt wollen über Liebe, Schmerz und Eifersucht singen – gemeinsam.

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