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Pfeffer zu ernten, ist mühevolle Handarbeit, nach dem Trocknen wird noch einmal mit der Pinzette aussortiert

© Pure Pepper/ promo

Welt der Gewürze: So scharf

Ein Gewürz, 1000 Arten: PFEFFER. Anja Matthes hat sich auf den Import spannender Sorten spezialisiert. Einer Welt von Aromen.

Von Susanne Leimstoll

So etwas hatte sie noch nie gekostet. Mit geschlossenen Augen versuchte sie, dieses Aroma zu fassen: frisch, grün, zitronig, scharf, würzig. Die besondere Note einer schlichten Fischmahlzeit in einer von Kambodschas Straßenküchen. Zehn Jahre ist das her. Nun könnte sie es definieren: Das Gewürz, das jener Sauce Charakter verlieh, sollte Anja Matthes’ Leben verändern. Heute weiß sie genau, wo der Pfeffer wächst – der beste, naturreine, handverlesene. Seit einem Jahrzehnt handelt sie mit nur diesem einen Produkt – und einem Universum von Aromen. Mit vielen Sorten einer Pflanze, beheimatet in den unterschiedlichsten Klimazonen, in Kamerun, Somalia, Madagaskar, angepflanzt in Tasmanien und Sumatra, kultiviert in Kambodscha, Sri Lanka, Indien und Nepal. Ihr Online-Portal für fair gehandelten Pfeffer nennt sich „Pure Pepper“.

Pfefferexpertin als Quereinsteigerin

Das neue Leben der gebürtigen Thüringerin Anja Matthes, 44, studierte Kunstgeschichtlerin und Philologin, von Beruf Spezialistin für Online-Marketing, begann mit einem Ausstieg mit Anfang dreißig. Sie schmiss den Job und kaufte sich: Zeit. Verschwand nach Thailand, konzentrierte sich in einem Schweige- Retreat auf nichts als sich selbst, bereiste 2009 einen Monat lang Kambodscha. Die gepfefferte Mahlzeit dort, „ein gustatorisches Phänomen“, war nur der Trigger, noch keine Business-Idee. Die kam erst während eines Studiums an der FU Berlin. Das Pfeffer-Erlebnis war ihr im Sinn geblieben. Ihre Marktanalyse ergab: Der Wettbewerb für den Fair-Trade-Handel mit Premium-Pfeffer war überschaubar. Neun Monate später war ihre Website online. Anja Matthes begann mit Produkten aus Kambodscha und Indien. Heute hat sie 16 Sorten aus acht Ländern im Sortiment.

Anja Matthes reist in die Anbaugebiete spezieller Pfeffersorten nicht nur, um rare Ware zu finden, sie pflegt Kontakt zu den Bauern und erntet mit
Anja Matthes reist in die Anbaugebiete spezieller Pfeffersorten nicht nur, um rare Ware zu finden, sie pflegt Kontakt zu den Bauern und erntet mit

© Pure Pepper/ promo

„Die Tonnen von Pfeffer, die in deutsche Supermärkte kommen, stammen meist aus Vietnam“, sagt Anja Matthes. „Die Qualität ist nicht wirklich gut.“ Zahlreiche Reisen führten sie zu Kleinbauern, die jahrzehntelang auf ihren Gemüseplantagen Pfeffer für den Eigenbedarf produziert hatten und nun in Entwicklungshilfeprojekten durch Kooperationen unterstützt werden. Matthes lebte in ihrer Nähe, half bei der Ernte, lernte dazu. Dass Pfeffer als Kletterpflanze bis zu zehn Meter hoch an Bäumen wächst, in Gärten, umgeben von Ananas, Vanille, Kaffee, Kardamom, die später den Körnern ihr individuelles Aroma verleihen – ähnlich wie bei Trauben im Weinberg. Dass es mindestens drei Jahre dauert, ehe eine Pflanze trägt, dass nur einmal im Jahr geerntet wird.

Der enge Kontakt zu Erzeugern sichert gerechte Preise

Sie erfuhr, wie mühsam diese Ernte ist: ein Bambusrohr als Leiter, jede Rispe pflücken, ohne die Beeren zu quetschen, zwei Stunden für einen Korb voll. Oder Timutpfefferbeeren mit der Hand zu zupfen von dornenbesetzten Sträuchern. Sie konnte sehen, wie die grünen, gelben, roten Früchte getrocknet und gewendet werden, wie Frauen mit Pinzetten die guten Körner für den Handel aussortieren, wie die Ware luft- und lichtdicht verpackt verschickt wird nach Europa, Australien, Amerika. Bei „Pure Pepper“ als Abnehmer erzielen die Landwirte höhere Preise als auf dem lokalen Markt. Sie können existieren, auf ihrem Stück Land bleiben – das ist Anja Matthes’ Beitrag zur Erhaltung kleinbäuerlicher Strukturen in Zeiten, in denen Großinvestoren vor allem aus China Land kaufen und Bauern zu Tagelöhnern machen.

Kampot Pfeffer aus Kambodscha, einer der besten der Welt. Der schwarze bringt Noten von Zitrus und Thymian mit, der weiße blumige von Zeder und Menthol, der dunkelrote fruchtige von Hagebutte, der hellrote süßliche.
Kampot Pfeffer aus Kambodscha, einer der besten der Welt. Der schwarze bringt Noten von Zitrus und Thymian mit, der weiße blumige von Zeder und Menthol, der dunkelrote fruchtige von Hagebutte, der hellrote süßliche.

© Pure Pepper / promo

Der Pfeffer kommt aus der ganzen Welt, verpackt wird in der Behindertenwerkstatt

Nun kennt sie das System. „Ich bin da reingewachsen“, sagt sie über ihr Geschäft. Nach Sorten forschen, Menschen kennenlernen, Hände schütteln, Gespräche führen. Einmal pro Jahr ist sie mindestens vier Wochen vor Ort, Betriebe ansehen, mit einem deutschen Labor Produkte testen. „Das alles hat mir geholfen, die Welt besser zu verstehen.“ Jedes Jahr kauft sie frisch ein paar Tausend Kilo Pfeffer, zu verschiedenen Jahreszeiten, in verschiedenen Ecken der Welt. In Berlin erledigt sie die Verzollung. Die Berliner Behindertenwerkstatt übernimmt Abfüllung, Etikettierung, Versand. Dass Matthes nicht mit Masse, sondern Klasse handelt, ist an jedem Etikett ihrer ultravioletten, lichtabsorbierenden Pfeffergläser abzulesen: Ein Trekkingcode legt das Erntejahr offen, liefert per Datenbank Infos zum Herkunftsbetrieb bis hin zu Bildern der Produzenten und deren Familien. Das hat auch Greenpeace überzeugt. „Jetzt bin ich auf deren Website“, sagt Matthes.

Das Aroma entfaltet sich am besten durch Mörsern

Laien kann sie die Welt des Pfeffers erschließen. „Nur riechen bringt nichts“, sagt sie, „man muss das Produkt auf die Zunge nehmen.“ Zerstoßen, versteht sich. Die Pfeffermühle ist nicht so ihr Ding, sie mörsert die Körner lieber frisch, nicht in der steinernen Schale, sondern in einer Eigenkreation aus Kirschholz, mit einem handschmeichelnden Stößel aus Buche. Laien empfiehlt sie, mit schwarzem Pfeffer zu beginnen. Ein Hauch Kampot noir aufs Buttebrot, in die Pastasauce, aufs Hühnchen. Dann fruchtigen hellen Kampot rouge zu Tomate-Mozzarella, zusammen mit dem schärferen Kampot blanc in die Vinaigrette mit warmem Balsamico oder auf Lachs. Dann kann man sich an Hochgewächse wagen, an den indonesischen Lampong mit Kakaonote, perfekt zu Schmorgerichten oder Rohkost, an den beerigen Tasmanischen Pfeffer für die Quiche, zur Forelle oder zum Weichkäse. An den Vanillepfeffer, einen Mix aus Kampot noir und Madagaskar-Vanille, denn er rundet Kohlgerichte ab und passt sogar in Lebkuchen. Oder die Queen der Pfeffer, den filigranen nepalesischen Timut, der nach Zitrusfrucht und Grapefruit duftet und sich mit Schärfe zurückhält. Ein ideales Finish fürs Steak, ein Gewinn für die Bolo.

Timut-Pfeffer aus Kambodscha: Alle Sorten entstehen aus sehr lang am Strauch gereiften roten Beeren. Der schwarze bringt Noten von Zitrus und Thymian mit, der weiße blumige von Zeder und Menthol, der dunkelrote fruchtige von Hagebutte, der hellrote süßliche.
Timut-Pfeffer aus Kambodscha: Alle Sorten entstehen aus sehr lang am Strauch gereiften roten Beeren. Der schwarze bringt Noten von Zitrus und Thymian mit, der weiße blumige von Zeder und Menthol, der dunkelrote fruchtige von Hagebutte, der hellrote süßliche.

© Pure Pepper/ promo

In ihrer eigenen Küche hat Anja Matthes die Gewürze radikal reduziert. Öl, Essig, Salz, Oregano, mehr, sagt sie, steht bei ihr nicht mehr im Schrank – außer sechs ihrer Pfeffersorten eben. Und demnächst noch eine mehr. Sil-Timur, ein Pseudopfeffer, entdeckt an der Grenze zu Darjeeling. Eine Beere ohne Kern mit dem Aroma von Orangen, fruchtig, kaum scharf. „Gerade ist die neue Ernte angekommen“, sagt sie. Man kann ihr die Vorfreude ansehen.

PURE PEPPER. Online unter purepepper.de. In Berlin z. B. im Handwerkerzelt auf dem Weihnachtsmarkt Gendarmenmarkt, Stand Nr. 255; bei Lebensmittel Hillmann, Oranienstr. 20, Kreuzberg; „Hallesches Haus“, Tempelhofer Ufer 1, Kreuzberg; Genusswandel, Brandenburgische Str. 27, Wilmersdorf

REZEPTE

Fisch in Pfeffersauce (für vier gegrillte Fische)

Zutaten:
Saft von 3 Limetten
1-2 EL Palmzucker
4 EL Fischsauce
4 EL schwarze Pfefferkörner

Zubereitung:
Für die Kampot-Pfeffersauce den Pfeffer grob im Mörser zerkleinern. Alle Zutaten verrühren - fertig. Diese einfache schnelle Sauce passt zu jedem gegrillten Fisch, Fleisch oder als Marinade für rohen Fisch.

Gefüllte Aubergine mit Couscous, Pistazien und Granatapfelkerne
mit Kampot Noir oder heller Kampot Rouge

Zutaten
2 große Auberginen in der gleichen Größe
¼ Tasse Olivenöl
¾ Tasse Couscous
¼ Tasse Rosinen
¼ Tasse Weißweinessig
½ Zwiebel
2 Knoblauchzehen
2 Esslöffel Pistazien
¼ Tasse Granatapfelkerne
2 Esslöffel Petersilie
Salz
Schwarzer oder roter Pfeffer, z.B. Kampot Noir oder heller Kampot Rouge
Griechischer Joghurt zum Abschmecken

Zubereitung
Ofen vorheizen auf 200° Grad. Die Auberginen halbieren. Schöpfen Sie das Fleisch der Aubergine vorsichtig aus. Mit der Hälfte des Olivenöls bestreichen und mit Salz und Pfeffer bestreuen. Braten Sie die Auberginen ca. 30 Minuten oder bis sie weich sind, auf einer Blechschale im Ofen.
Während die Aubergine weich wird, machen Sie den Couscous. Gießen Sie 1 Tasse kochendes Wasser über den getrockneten Couscous in eine große Schüssel und decken Sie ihn 15 Minuten lang ab. Mit einer Gabel lockern und warm halten.
Rosinen und Weißweinessig in einer kleinen Schüssel mischen. Beiseite legen.
Das entfernte Auberginenfleisch grob würfeln. In einer großen Pfanne bei mittlerer Hitze das restliche Olivenöl und die Auberginen hinzufügen. Die Auberginen weich anbraten. Fügen Sie die Zwiebeln hinzu und braten diese, bis sie durchscheinend sind, weitere 2 bis 4 Minuten. Fügen Sie den Knoblauch hinzu und noch einige Minuten anbraten.
Geben Sie die Auberginenmischung in eine große Schüssel zusammen mit dem Couscous, den Pistazien, Granatapfelkernen, Rosinen, Petersilie und einer Prise Salz und reichlich frisch gemahlenen Pfeffer.
Die Couscous-Mischung in die Auberginen-Hälften geben und warm mit griechischem Joghurt servieren.

Pfeffertarte mit geräucherter Forelle und karamellisierten Zwiebeln
mit Kampot Blanc

Zutaten

Für den Pfefferteig: 125 g weiche Butter 250 g Mehl 100 g Butter 3 TL fein zerstoßener weißer Pfeffer (Mein Tipp: Kampot Blanc) 1 Ei

Für den Belag: 3 EL Olivenöl 3 Zwiebeln in feine Streifen geschnitten 1 Fenchelknolle in Streifen geschnitten 100 g junger Spinat 200 g geräuchertes Forellenfilet in Stücke zerteilt 100 g Ziegenkäse in dünne Scheiben geschnitten 3 Eier leicht verschlagen 125 ml Sauerrahm (15%) oder Créme fraiche

Zubereitung

Backofen auf 220 ºC vorheizen. Das Mehl mit der Butter und dem Pfeffer in der Küchenmaschine zu einem krümeligen Teig verarbeiten. Nach und nach das Ei, sowie 2-3 EL Wasser einarbeiten, bis ein glatter Teig entstanden ist. Den Teig zu einem Kloß formen und zwischen 2 Lagen Klarsichtfolie zu einem Kreis ausrollen und Boden und Rand einer Tarteform (24 cm) bedecken. Die Form mit dem Teig auskleiden und 12 Min in den Kühlschrank stellen. Den Teig mit Backpapier bedecken und die Form mit getrockneten Bohnen oder Backlinsen auffüllen. Im Ofen 15 Min blindbacken, anschließend die Bohnen mit dem Papier entfernen. Weitere 10 Minuten backen, aus dem Ofen nehmen und die Temperatur auf 160 ºC reduzieren. In einer Kasserolle das Öl erhitzen. Die Zwiebeln und den Fenchel auf mittlerer Stufe 20 Min karamellisieren lassen. Den Spinat dazugeben und weitergaren, bis er zusammengefallen und das Gemüse weich ist. Das Gemüse in die Tarte einfüllen und die geräucherten Forellenstücke und den Ziegenkäse darauf verteilen. Die Eier mit dem Sauerrahm verschlagen und über die Tarte gießen. Im Ofen 40 Min backen, bis die Eiercreme gestockt ist.

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