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Gute-Laune-Küche: Fränkische Blaue Zipfel

Kleiner Aufwand, großer Genuss: Einfache Rezeptideen aus unserer Redaktion. In Teil 16 legen wir grobe Bratwürste in Essigsud, bis sie blau werden.

Von Kai Röger

Als wir mit der Familie Anfang der 80er Jahre nach Unterfranken zogen, war das für meine Mutter (gebürtige Saarländerin) ein kulinarischer Schock: "In der Küche kennen sie nur Salz und Kümmel, dafür überwürzen sie ihr Brot mit Koriander, Kümmel und Fenchel, so dass man keine Konfitüre und keinen Käse dazu essen kann. Ihre Weine sind sauer, sie essen zu viel und zu viel Fleisch ...", das als Kurzfassung.

Mit der Zeit aber lernten wir die fränkische Esskultur zu schätzen: das radgroße Gewürzbrot aus Sauerteig mit dicker, dunkler Kruste, den aromatischen Silvaner und die wunderbar saftigen groben Bratwürste. Meine Mutter machte ihren Frieden mit ihrer neuen Heimat, kochte aber weiter saarländisch. Ich ging nach Berlin und hatte Ende der 80er den nächsten kulinarischen Schock zu verdauen.

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Das heutige Gericht ist ein Beispiel für fränkische Kochkunst. Es ist einfach und deftig, aber in gewisser Weise auch raffiniert, weil es Fett mit Säure kontert, mit Wildgewürzen abrundet und den Bogen zum ausgezeichneten Brot schlägt.
Das Rezept stammt wieder aus dem Buch "Unser kulinarisches Erbe", daraus hatte ich schon die schwäbische Pizza Dinette und süße Kartoffelfinger mit Mohn vorgestellt, ich mag das Buch von Manuela Rehn und Jörg Reuter einfach. Es versammelt echte Experten für traditionelle deutsche Küche: Groß- und Urgroßeltern, die in Seniorenheimen leben, und mit einem gestanden Koch, ihre Lieblingsrezepte zu Papier brachten.

Bewahrt Omas Küchenwissen vor dem Vergessen: Unser kulinarisches Erbe, Joerg Reuter, Manuela Rehn, Becker Joest Volk Verlag 2019, 300 Seiten, 29,95 Euro
Bewahrt Omas Küchenwissen vor dem Vergessen: Unser kulinarisches Erbe, Joerg Reuter, Manuela Rehn, Becker Joest Volk Verlag 2019, 300 Seiten, 29,95 Euro

© Becker Joest Volk Verlag

Zwei Dinge habe ich aber an diesem Rezept geändert. Im Buch heißt es, man soll Bauern- oder Graubrot verwenden, das kann man, aber fränkisches Gewürzbrot (so nennt nennt man es häufig in Berlin), passt besser. Das gibt es an einem Stand auf dem Kollwitzmarkt oder in den Filialen der Hofpfisterei.
Die zweite Änderung betrifft den Namen des Gerichtes: Im Buch heißt es "Saure Zipfel", ich kenne sie aber als "Blaue Zipfel", weil sie durch den Essigsud die Farbe der Lippen von Kindern annehmen, die zu lange in kaltem Waser waren.

Was man nicht erwähnen muss: Dazu passt ein knackig frischer Silvaner.

Rezept - Blaue Zipfel

Zutaten für 4 Personen
200 g Schalotten
100 g Karotten
2 TL schwarze Pfefferkörner
2–3 TL Senfsaat
10 Wacholderbeeren
250 ml Weißweinessig
100 ml Weißwein
3 Lorbeerblätter
1 TL Steinsalz
20 g Zucker
1/2 Bund glatte Petersilie
8 ungebrühte, grobe fränkische Bratwürste (zum Beispiel bei Fleischerei Bünger)
fränkisches Gewürzbrot

Zubereitung
Schalotten und Karotten schälen und beides in dünne Scheiben schneiden.
Pfefferkörner, Senfsaat und Wacholderbeeren trocken in einem Topf erhitzen und den Topf etwas schwenken, bis ein angenehmes Aroma aufsteigt.
Mit Essig, Wein und 500 ml Wasser ablöschen. Schalotten- und Karottenscheiben, Lorbeerblätter, Salz und Zucker dazugeben.
Einen Deckel auflegen und den Sud 20 Minuten köcheln lassen.

Die Petersilie waschen und abtropfen lassen. Mit den Würstchen in den Topf legen und mit aufgelegtem Deckel bei schwacher Hitze weitere 20 Minuten ziehen lassen. Die Würstchen herausnehmen und mit etwas Sud in einen Teller geben. Mit fränkischem Gewürzbrot servieren.

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