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Ursula von der Leyen betont immer wieder die Bedeutung des Emissionshandels für den Klimaschutz.

© REUTERS/TINGSHU WANG

Das „Herzstück“ der Klimapolitik: Die Reform des Emissionshandels

Ursula von der Leyen betont immer wieder die Bedeutung des Emissionshandels für den Klimaschutz. Nun ist die Reform kommende Woche im EU-Parlament.

Von Peter Eßer, AFP

Klimaschützer sowie Politikerinnen und Politiker von den Grünen bis zur CDU setzen große Hoffnungen darauf: Der europäische Emissionshandel wird reformiert und voraussichtlich ausgeweitet. Für das „Herzstück“ der Klimapolitik von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erzielten EU-Abgeordnete und Mitgliedstaaten im Dezember eine Einigung, die am kommenden Dienstag im Europäischen Parlament in Straßburg zur Abstimmung steht. Folgende Reformen sind dabei geplant.

Ausweitung auf weitere Sektoren

Der europäische Emissionshandel (ETS) wurde 2005 eingeführt und deckt bislang etwa 40 Prozent der Emissionen ab. Große CO₂-Emittenten wie Strom- und Wärmeproduzenten und Industrieunternehmen sind dazu verpflichtet, CO₂-Emissionszertifikate zu kaufen. Die Idee: Der CO₂-Ausstoß bekommt einen Preis. Wer weniger emittiert, profitiert, und wer viel ausstößt, zahlt drauf. Zugleich steigt der Preis der begrenzt verfügbaren Zertifikate, wenn mehr CO₂ ausgestoßen wird.

Mit der geplanten Reform wird das System auf weitere Wirtschaftszweige wie die Schifffahrt und den EU-internen Flugverkehr ausgeweitet. Ab 2028 sollen in Abhängigkeit von einer noch zu erstellenden Studie auch Müllverbrennungsanlagen darunter fallen.

Zweiter Emissionshandel für Gebäude und Straßenverkehr

Wer künftig beim Heizen seiner Wohnung Kohlendioxid ausstößt, soll ebenfalls Emissionszertifikate kaufen müssen. Gleiches gilt für den Straßenverkehr und das verarbeitende Gewerbe. Dieser Punkt war in den Verhandlungen besonders umstritten, denn die Kosten für Endverbraucherinnen und -verbraucher werden sich dadurch spürbar erhöhen. Das EU-Parlament plädierte mehrheitlich dafür, nur geschäftlich genutzte Gebäude und den Lkw-Verkehr einzuschließen.

Der verpflichtende Emissionshandel für alle kommt jetzt aber doch ab 2027, zunächst mit einem gedeckelten CO₂-Preis. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) verweist auch mit Blick auf die Wärmewende auf den EU-ETS: Wer jetzt noch eine Öl- oder Gasheizung einbauen will, sollte sich dies gut überlegen, denn ab 2027 wird deren Betrieb teurer.

Sozialer Ausgleich

Die Einnahmen aus dem ETS2, die geschätzt bis zu 65 Milliarden Euro zwischen 2025 und 2032 betragen, sollen den Übergang hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft mitfinanzieren. Sie sollen in erster Linie in einen Klimasozialfonds fließen, um Haushalten und Unternehmen bei den Kosten zu helfen. Die Mitgliedstaaten steuern noch einmal 25 Prozent zusätzliche Mittel bei.

Für EU-Staaten mit niedrigem Einkommen gibt es noch einen gesonderten Fördertopf, außerdem einen „Innovationsfonds“ für die Entwicklung neuer Technologien und die Modernisierung von Energiesystemen.

Weniger Emissionszertifikate

Die Gesamtzahl der ausgegebenen Emissionszertifikate wird schrittweise reduziert. Das war auch im bisherigen ETS vorgesehen, um den Ausstoß von CO₂ progressiv zu verteuern. Bislang war eine Reduktion bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 vorgesehen. Diese Zielvorgabe wird mit der Reform auf 62 Prozent verschärft.

Außerdem wird die Vergabe kostenloser ETS-Zertifikate ab 2026 und bis spätestens 2034 schrittweise eingestellt. Bislang konnten die Mitgliedstaaten eine bestimmte Zahl von Zertifikaten gezielt kostenlos an Unternehmen vergeben, insbesondere um eine Abwanderung CO₂-intensiver Industriezweige in Drittstaaten zu verhindern.

CO₂-Grenzausgleich

Der Gefahr einer Verlagerung von CO₂-Emissionen ins Ausland soll künftig mit einem CO₂-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism - CBAM) begegnet werden. Die Einigung des Europäischen Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten sieht dessen Einführung parallel zum Wegfallen der kostenlosen Zertifikate zwischen 2026 und 2034 vor. Die Details soll die EU-Kommission noch erarbeiten.

Erste Pläne sehen eine Importabgabe auf klimaschädliche Produkte aus Drittländern vor. Letztlich sollen Importeure etwa von Stahl, Zement oder Düngemittel CO₂-Zertifikate entsprechend der Klimaschädlichkeit ihrer Einfuhren kaufen müssen. Angefallene Kosten aus Emissionshandelssystemen in Drittstaaten können dabei angerechnet werden. (AFP)

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