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Mitglieder und Anhänger:innen der Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ dürften den Zwischenbericht mit Freude lesen.

© dpa

Zwischenerfolg für „Deutsche Wohnen & Co enteignen“: Expertenkommission hält Enteignung von Immobilienkonzernen in Berlin für möglich

Der Enteignungs-Volksentscheid ist umsetzbar, meinen die Mitglieder der Expert:innenkommission. Selbst die Kosten könnten sinken.

Die Expert:innenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ (DWenteignen) hält die Enteignung großer Immobilienkonzerne für möglich. Das geht aus einem als „Zwischenbericht“ bezeichneten Papier der im April eingesetzten Kommission hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ darüber berichtet.

Dem Bericht zufolge sehen die 13 Mitglieder des Gremiums sowohl die Landeskompetenz für ein entsprechendes Gesetz als auch die Finanzierbarkeit eines solchen Schrittes mehrheitlich als gegeben an. Laut Grundgesetz falle die Vergesellschaftung von Grund und Boden zwar unter die sogenannte konkurrierende Gesetzgebung. Da der Bund davon aber bisher keinen Gebrauch gemacht habe, könne das Land Berlin eine Vergesellschaftung von Grundstücken selbst regeln, heißt es in dem Papier. Es bestehe „die Kompetenz des Landes Berlin im Hinblick auf die Materie der Vergesellschaftung“.

Eine entsprechende Prognose hatte bereits am Mittwochabend die von der Initiative DWenteignen in die Kommission entsandte Stadtforscherin Susanne Heeg öffentlich abgegeben.

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Neben der rechtlichen Machbarkeit beschäftigt sich der Zwischenbericht auch mit der Frage der finanziellen Entschädigung für die potenziell betroffenen Immobilienkonzerne. Den Expert:innen zufolge könnten „Abschläge vom Verkehrswert rechtmäßig sein“, etwa „wenn der Wert des Gegenstands nicht oder nur eingeschränkt auf eigener Leistung des Betroffenen beruht, sondern zumindest teilweise aus Spekulationsgewinnen resultiert.“

Das bedeutet, dass die auf dem Verkehrswert beruhende amtliche Kostenschätzung in Höhe von 29 bis 36 Milliarden Euro aus Sicht der Expert:innen zu hoch angesetzt sein dürfte.

Wesener hält Kostenschätzung für überholt

Selbiges hatte Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) bereits am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion von DWenteignen angedeutet. Die ursprünglich geschätzte Summe sei „vermutlich nicht mehr ganz up to date“, sagte Wesener, ohne eine neue Summe zu nennen. Er plädierte dafür, eine neue Berechnung nach dem Ertragswertverfahren anzustellen.

Mit der Veröffentlichung des Zwischenberichts kommt erstmals seit Konstituierung der Expert:innenkommission im April Licht ins Dunkel der Arbeit des Gremiums. Mehrfach hatten die Initiator:innen des erfolgreichen Volksentscheids heftige Kritik an der aus ihrer Sicht fehlenden Transparenz der Kommission geübt, Vertreter von Grünen und Linkspartei hatten sich dem angeschlossen.

Berlin kann nun Geschichte schreiben.

Gisèle Beckouche, Sprecherin der Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“.

Gisèle Beckouche, Sprecherin der Initiative DWenteignen, reagierte erfreut auf den Zwischenbericht. „Die Kommission hat jetzt bestätigt, was mehr als eine Million Menschen schon vergangenes Jahr erkannt haben: Berlin kann enteignen!“, erklärte Beckouche. Sie ergänzte: „Der Senat hat keine Ausreden mehr und muss den Volksentscheid umsetzen. Berlin kann nun Geschichte schreiben.”

Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion und Unterstützer der Initiative, erklärte: „Wir haben die ganze Zeit gesagt, dass Berlin die Kompetenz hat und die Entschädigung sehr niedrig ansetzen kann. Schön, dass eine so hochkarätig besetzte Kommission zum selben Schluss kommt.“ In Richtung Koalitionspartner sagte Schenker: „SPD und Grüne müssen nun Farbe bekennen.“

Für Freitag wiederum ist eine öffentliche Anhörung des Gremiums unter Leitung der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) angesetzt. Ab 9 Uhr morgens geht es um das Thema „Bewirtschaftung von Wohnimmobilien sowie Auswirkungen einer Vergesellschaftung auf den Berliner Wohnungsmarkt“. Angehört werden unter anderem Ulrike Hamann, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, der Stadtsoziologe Andrej Holm sowie Maren Kern, Vorsitzende des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen.

Bei dem Volksentscheid am 26. September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Die Hoffnung der Befürworter ist, dass mit einer solchen Vergesellschaftung gegen Entschädigung der Anstieg der Mieten gestoppt oder zumindest gebremst werden kann, weil dann mehr Wohnungen in öffentlicher Hand sind.

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