zum Hauptinhalt
Zu Bewährung Verurteilt. „Wie bestraft man jemanden, der selbst einen nahen Angehörigen verloren hat?“ so der Richter. Ein „kurzzeitiges Augenblicksversagen“ und eine Kette unglücklicher Umstände hätten zum Unglück geführt.

© picture alliance / dpa

Zweijährige ertrank in der Badewanne: Pflegemutter wegen fahrlässiger Tötung eines Kleinkinds verurteilt

Sie wollte nur schnell in einem anderen Zimmer das andere Pflegekind anziehen. Staatsanwalt sieht "hohe Sorgfaltspflichtverletzung"

Der einjährige Junge schrie, seine zwei Jahre und acht Monate alte Schwester planschte dagegen begeistert in der Badewanne. Ihre Pflegemutter entschied sich, den Kleinen schnell in einem anderen Zimmer anzuziehen. „Ich war höchstens zwei bis drei Minuten nicht im Badezimmer“, sagte die 56-Jährige am Freitag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Das Mädchen aber war in der Zeit mit dem Kopf unter Wasser geraten und beinahe ertrunken. Die Kleine starb zwei Wochen später.

Nach dem tödlichen Unfall im Mai 2019 erhielt die Pflegemutter nun wegen fahrlässiger Tötung sechs Monaten Haft auf Bewährung. 

Die Geschwister waren bereits längere Zeit bei Anne B. aus Hohenschönhausen, die seit 2013 immer wieder Kinder zur Kurzpflege aufgenommen hatte.

In diesem Fall zog es sich allerdings in die Länge. Aus Wochen wurden Monate, dann sollte es Dauerpflege werden. „Wir hatten sie ins Herz geschlossen“, so die Frau mit drei eigenen Kindern, die längst aus dem Haus sind. 

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Am frühen Abend des 10. Mai 2019 ließ sie Wasser in die Badewanne. „Maximal zehn Zentimeter hoch“, so die Angeklagte. Ausnahmsweise habe sie die Kleinen ohne Hilfe ihres Ehemannes baden wollen. „Er musste arbeiten.“ Während das Mädchen planschte, wollte der Junge bald wieder aus der Wanne. Er habe geschrien. „Ich nahm in hoch, wollte ihn schnell anziehen.“ 

Sie begann sofort mit der Wiederbelebung

Als sie kurz darauf wieder ins Bad kam, habe die Kleine „mit dem Gesicht im Wasser gelegen“. Sie habe keinen Herzschlag gespürt, sofort mit einer Wiederbelebung begonnen und den Notarzt gerufen.

„Zwei Wochen saß ich im Krankenhaus an ihrem Bett.“ Doch die Pflegetochter, die beinahe ertrunken war, hatte schwere Hirnschäden erlitten. Ärzte konnten sie nicht retten. 

„Ich würde mit ihr tauschen, wenn ich könnte. Es tut mir unendlich leid“, sagte die Angeklagte. Sie habe geglaubt, es könnte der Kleinen nichts passieren. Weil sie allein sicher stehen konnte, weil die Wanne mit einer Antirutschmatte ausgestattet gewesen sei.

Wie bestraft man jemanden, der einen nahen Angehörigen verloren hat?

Der Verteidiger plädierte auf eine Geldstrafe. Es sei ein Fehlverhalten gewesen, „das sie am meisten bedauert“.

Der Staatsanwalt verlangte zehn Monate Haft auf Bewährung. Auch wenn die Situation für die Frau unglaublich tragisch sei, liege eine „hohe Sorgfaltspflichtverletzung“ vor.

„Wie bestraft man jemanden, der selbst einen nahen Angehörigen verloren hat?“ so der Richter. Ein „kurzzeitiges Augenblicksversagen“ und eine Kette unglücklicher Umstände hätten zum Unglück geführt. „Bei kleinen Kindern - es reichen Sekunden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false