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Menschen gehen am Landesamt für Einwanderung (LEA) am Friedrich-Krause-Ufer neben einem Wandbild entlang. Berlins Regierende Bürgermeisterin und die Innensenatorin wollen das LEA am selben Tag besuchen. +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Jörg Carstensen

Zu den Themen Vielfalt und Antidiskriminierung: Keine externe Begleitung bei Aufbau von Berlins neuem Einbürgerungszentrum

Für viele Ausländer in Berlin ist das Einwanderungsamt die zentrale Behörde. Die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zeigt nun: Begleitung beim Aufbau der neuen Abteilung gibt es nicht.


Beim Aufbau des Berliner Einbürgerungszentrums, das ab 1. Januar 2024 Einbürgerungsanträge zentral bearbeiten soll, gibt es anders als angekündigt doch keine begleitende Beratung zu den Themen Vielfalt und Antidiskriminierung. Das geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Abgeordneten Elif Eralp (Linke) hervor, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

„Ein zeit- und kostenaufwendiges Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für ein entsprechendes Projekt wurde unter Abwägung der Interessen auch wegen fehlender Haushaltsmittel für nicht zielführend erachtet und daher nicht weiterverfolgt“, heißt es in der Antwort der Innenverwaltung.

Die Landesbehörde wird bald gebündelt Staatsbürgerschaftsangelegenheiten bearbeiten. Bisher sind dafür die Bezirke zuständig. Weil die Behörde für die meisten Ausländer in Berlin von zentraler Bedeutung ist, wird von Experten ein diskriminierungssensibles Vorgehen angemahnt. Tatsächlich haben sich auch CDU und SPD zum Ziel gesetzt, beim Aufbau der neuen Behördenstruktur auf Vielfalt und Antidiskriminierung zu setzen – allerdings nun ohne Begleitung von außen.

Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) schreibt, dass es im vergangenen Januar und März zur möglichen Begleitung des Organisationsprozesses Gespräche mit der „Fachstelle Diversitätsorientierte Organisations- und Kompetenzentwicklung im Land Berlin“ (DOKE) des Vereins BQN, Zentrum für Diversitätskompetenz, gegeben habe. „Die Gespräche führten jedoch einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass im Zuge des bereits fortgeschrittenen Zentralisierungsprozesses eine weitergehende Planung und Projektierung einer diversitätsorientierten Organisationsentwicklung und -beratung durch die DOKE nicht leistbar war“, teilte Hochgrebe weiter mit. Auch hätte dies den Stellenbesetzungsprozess blockiert.  

Verein teilt Einschätzung der Innenverwaltung nicht

Serdar Yazar, Geschäftsführer des Vereins BQN, teilt die Einschätzung des Senats nicht. Richtig sei, dass zwei Termine stattgefunden hätten. „Ich bin irritiert, wenn es heißt, dass wir einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine diversitätsorientierte Begleitung nicht leistbar gewesen wäre“, sagte Yazar. „Dass wir gemeinsam zu so einem Fazit gekommen sind, findet sich auch nicht in der abgestimmten, ausführlichen Dokumentation wieder“, sagte er.

Allerdings führe man solche Gespräche auch nicht, um zu überzeugen. Die Verantwortung liege klar bei der Verwaltung, die sagen müsse, wo der Schuh drückt. „Wir haben darauf hingewiesen, was wichtige Punkte sind und wo Diskriminierungsfälle auftreten könnten.“

Die Behörde habe Hinweise zur Mitarbeiterzufriedenheit gegeben. „Aus den Beispielen war für uns nicht ersichtlich, was das mit dem Thema Diversität zu tun hat“, sagte Yazar.

Eine externe diversitätsorientierte Beratung beim Aufbau neuer Behördenstrukturen halte er grundsätzlich für sinnvoll, um Mitarbeiter zu sensibilisieren und alle Abläufe mit der Diversitätsbrille zu verbessern.

Erlap: Versprechen nicht eingelöst

Noch im Juni hatte Staatssekretär Hochgrebe im Innenaausschuss erklärt, die Einrichtung der neuen Abteilung werde auch durch eine diversitätsorientierte Organisationsberatung begleitet. Offenbar werden die internen Vorkehrungen nun als ausreichend angesehen. Linken-Abgeordnete Eralp sieht das anders. Sie warf der Innenverwaltung vor, eine diskriminierungskritische und diversitätsorientierte Begleitung der neuen Einbürgerungsabteilung zu verweigern. „Trotz wiederholter Beschwerden über diskriminierende Vorgänge beim Lea hält die Innenverwaltung ihre Versprechen zulasten von einbürgerungswilligen Menschen nicht“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Die Innenverwaltung wiederum verweist darauf, dass „Kenntnisse des Antidiskriminierungsrechts“, „Diversity-Kompetenz“ und „Migrationsgesellschaftliche Kompetenz“ bei der Personalauswahl für die neue Abteilung eine wichtige Rolle spielten. Eine sogenannte „diversitätsorientierte Organisationsentwicklung“ werde auch eigenverantwortlich durch das Landesamt für Einwanderung (Lea) durchgeführt.

Das neue Einbürgerungszentrum des Lea soll ab dem 1. Januar 2024 digitale Anträge entgegennehmen. Neben neuen Anträgen gibt es bereits Zehntausende Altfälle: 34.100 Staatsangehörigkeitsverfahren waren in Berlin mit Stand Ende September noch offen.

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