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Streit um Zeitarbeit in der Pflege: Berliner Krankenhausgesellschaft rät zu strengem Vertrag mit Leasingfirmen

Weil Pflegekräfte zu Zeitarbeitsfirmen wechseln, wollen einige Kliniken das Leasing verbieten lassen. Die Krankenhausgesellschaft empfiehlt neue Verträge.

Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) will offenbar den Streit um Zeit- und Leiharbeit in der Pflege entschärfen – zugleich aber die Leasingfirmen zu Zugeständnissen verpflichten. Nachdem die Vorstände einiger Kliniken und Altenheime gefordert hatten, das Personalleasing verbieten zu lassen, rät die BKG nun dazu, sich mit Zeit- und Leiharbeitsfirmen auf neue Verträge zu einigen.

Dadurch ließe sich, so die Idee, die Arbeitnehmerüberlassung auch ohne Gesetzesänderung strenger steuern. Man empfehle dringend, teilte die BKG am Montag mit, die „inhaltlichen Vorgaben des Mustervertrags zu nutzen“, den man dafür entworfen habe. Fast alle Kliniken und viele Pflegeheime in Berlin gehören der BKG an.

Pflege braucht eingearbeitete und aufeinander abgestimmte Teams.

Marc Schreiner, Berliner Krankenhausgesellschaft

„Für die Pflegearbeit benötigen die Einrichtungen verlässliche, gut eingearbeitete und aufeinander abgestimmte Teams“, sagte BKG-Geschäftsführer Marc Schreiner. Häufiger Personalwechsel und mangelnde Kenntnis der Abläufe vor Ort könnten die „Patientensicherheit“ beeinträchtigen.

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Dem Mustervertrag zufolge sollen die Leasingfirmen einem „Equal-Pay-Grundsatz“ zustimmen. Dabei soll sich der Verleiher nach den Tarifbestimmungen des Entleihers richten, also für die Leasingkräfte jene Konditionen anbieten, die auch für die Stammbelegschaft am Einsatzort gelten.

9,4 Prozent Leasing-Pflegekräfte in Berlins Kliniken

Damit könnte Personalleasing wieder zur Ausnahme werden. Bislang wandern Pflegekräfte zu Zeitarbeitsfirmen ab, weil dort höhere Löhne geboten werden, die Beschäftigten sich zudem ihre Einsätze eher aussuchen können.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz schreibt vor, dass in Verleihfirmen keine schlechteren Bedingungen als in den Einsatzbetrieben gelten dürfen. Zuletzt hatte die Charité-Spitze angeregt, das Gesetz so zu ergänzen, dass auch keine besseren Konditionen als am Einsatzort geboten werden dürfen.

Klinikdirektoren berichteten, dass zugebuchte Leasingkräfte oft nur Wochen zuvor noch direkt in dem Krankenhaus angestellt waren, in das sie sich nun zu besseren Konditionen von einer Zeitarbeitsfirma vermitteln lassen. Der Bedarf sei so groß, heißt es, dass die Häuser die Pflegekräfte zu fast allen Preisen buchten – zugleich verknappe das Leasing das Angebot auf dem Arbeitsmarkt.

Berlin ist der BKG zufolge stärker von Zeitarbeit betroffen als im Bundesschnitt üblich: In den Berliner Kliniken betrage der Anteil 9,4 Prozent des im Tagesverlauf eingesetzten Pflegepersonals. Jede Zeitarbeitskraft verursache das Zwei- bis Zweieinhalbfache der Kosten einer festangestellten Pflegekraft. Laut Mustervertrag sollen die Extrasätze auf das 1,5-fache des tariflichen Stundenlohns gedeckelt werden.

Mustervertrag verbietet Abwerben von Personal

Zudem habe der Verleiher sicherzustellen, heißt es im Mustervertrag, dass in der Entleihzeit kein Personal abgeworben werde. Und das sechsseitige Schreiben führt aus: „Der Verleiher haftet für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere für die sorgfältige Auswahl des überlassenen Arbeitnehmers und dafür, dass die Leiharbeitnehmer für den Einsatz geeignet sind und insbesondere die in der Anfrage geforderten Qualifikations-, Anforderungs- und Tätigkeitsmerkmale erfüllen und die notwendigen Einweisungen und Schulungen durchlaufen haben.“

Im Tagesspiegel kamen vor wenigen Tagen beide Seiten der Debatte zu Wort: Ilona Hanuschke, Pflegedirektorin der Berliner Caritas-Klinik Maria Heimsuchung, und Cai-Nicolas Ziegler, Chef der bundesweit tätigen Zeitarbeitsfirma Doctari. Pflegedirektorin Hanuschke klagte dabei auch über die Unzuverlässigkeit der Leasingfirmen: „Derzeit sagen die Firmen oft kurzfristig ab, dann stehen wir da.“ Personalvermittler Ziegler wiederum zeigte sich offen für Regularien: „Wir plädieren auch für eine Frist, bevor Beschäftigte in ihrer ehemaligen Klinik als Leiharbeitskräfte eingesetzt werden dürfen.“

Ebenfalls vergangene Woche kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an, der Gesetzesentwurf zur Pflegereform werde um einen Paragrafen erweitert, um die zunehmende Zeitarbeit in der Altenpflege einzudämmen. Dann würde vorgeschrieben, dass die Mehrkosten für den Einsatz von Leasingpersonal nicht den Pflegekassen in Rechnung gestellt werden dürfen.

Für die Kliniken gilt das allerdings heute schon weitgehend: Die Krankenkassen erstatteten das Geld nicht, das als Vermittlungsgebühr an die Leasingfirmen fließt, teilten Klinikleiter mit, die Versicherungen zahlten nur für die üblichen Tariflöhne.

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