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Pieks mit Wirkung. Viele Berliner und Brandenburger wollen sich gegen Grippe impfen lassen. Doch Impfstoff ist knapp.

© Felix Kästle/dpa

Update

Ansturm auf Arztpraxen in Berlin: Wochenlanges Warten auf Grippeschutzimpfung in Corona-Zeiten

Um wenigstens gegen die Grippe gewappnet zu sein, wollen sich Berliner und Brandenburger impfen lassen. Doch in vielen Praxen ist der Impfstoff aufgebraucht.

Wer sich in Berlin und Brandenburg jetzt gegen Grippe impfen lassen möchte, muss derzeit mit langen Wartezeiten rechnen. Wie eine Tagesspiegel-Anfrage bei Praxen und dem Hausärzteverband Berlin-Brandenburg ergab, ist derzeit in vielen Praxen nicht mehr ausreichend Impfstoff vorhanden.

Berliner und Brandenburger müssen mit Wartezeiten von mehreren Wochen rechnen, in vielen Praxen sind jetzt Wartelisten angelegt. Anders als in Vorjahren gebe es in diesem Jahr keine Spur von Impfmüdigkeit, heißt es etwa aus der Meoclinic in Mitte: "Wir können aktuell keine Soforttermine für Grippeschutzimpfungen vereinbaren." Man hoffe auf Lieferungen Ende des Monats. 

"Wir haben jetzt schon die Anzahl der Dosen geimpft, die wir sonst insgesamt bis zum nächsten Frühjahr verabreicht hätten", sagt Hartmut Kuske, stellvertretender Vorsitzender des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg. Allein in seiner Praxis in Schönow in Brandenburg wurde bereits 2750 mal gepiekst, sonst wären es insgesamt 1500 Grippeschutzimpfungen gewesen. Kommen endlich neue Lieferungen, würden die Wartelisten vom höchsten Alter abwärts und nach Anzahl der Indikatoren abgearbeitet.

Die Bestellungen stammen aus dem Frühjahr

Bestellen mussten die Praxen in Berlin und Brandenburg bereits im Frühjahr, da war die jetzige Lage noch nicht abzusehen. Impfen ist aber nicht das einzige Thema bei den Ärzten.

"Zu uns kommen Patienten mit Corona-Symptomen, ohne Symptome, mit Schnupfen, ohne Schnupfen, Husten, weil sie Angst haben, schon an Corona erkrankt zu sein" - und die Praxen könnten auch diese enorme Nachfrage kaum bewältigen.

Apotheken können keine Impfdosen mehr liefern

Die Ärzte bestellen wegen der großen Nachfrage teils sogar in mehrere Apotheken parallel. Aber selbst Großpackungen, die Privat- oder Kassenpatienten bereit sind, zu zahlen, gebe es nicht mehr vorrätig.

Die Kassenärztliche Vereinigung weist dringend darauf hin, dass auch das Robert-Koch-Institut empfehle, dass sich in diesem Corona-Jahr nur Menschen über 60 Jahre, chronisch Kranke, Schwangere, Vorerkrankte mit Immunschwächeleiden, medizinisches Personal, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr gegen Grippe impfen lassen sollen. Zudem Personen, die mit Wildvögeln und Geflügel in Kontakt kommen.

Wegen Corona von Impfmüdigkeit keine Spur mehr

Doch die Lage in den Hausarztpraxen ist eine andere. Anders als in den Vorjahren wollen sich weit mehr Erwachsene und Kinder jetzt vorsorglich impfen lassen - um zumindest einer typischen Herbst- und Winterkrankheit aus dem Wege gehen zu können und das Immunsystem nicht damit zu belasten. Man kann nämlich parallel an Grippe und Covid-19 erkranken, sagt der stellvertretend Hausärzteverbandspräsident Hartmut Kuske aus Schönow/Bernau.

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Auch in Kuskes Praxis ist extrem viel zu tun. Es gehen aus Angst vor Corona zunehmend Patienten mit geringsten Anzeichen von Erkältungskrankheiten zum Arzt, oder hoffen auf einen Corona-Test mit Abstrichen, so dass die Hausärzte den Ansturm nur schwer bewältigen können.

Zudem sind auch betriebsärztliche Grippeschutzimpfungen in Berlin schon mit der Begründung abgesagt worden, "da aktuell in Deutschland nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht". Dies sei in ganz Deutschland der Fall, weil nach Empfehlungen der Ständigen Impfkommision zunächst Alte und Vorerkrankte geimpft werden sollen.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wurde in der Risikogruppe der über 60-Jährigen in den vergangenen Jahren nur etwa ein Drittel und bei den Personen mit chronischen Grundleiden nur etwa 20 bis 50 Prozent geimpft. Dies Zahlen dürften sich nun verändern.

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