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Schon in der vergangenen Woche gab es am Hauptbahnhof eine Kundgebung für die Aufnahme von Flüchtlingen.

© imago images/JeanMW

Update

„Wir lieben Babys“ und „Wir haben Platz“: Berlin steht erneut ein großes Demo-Wochenende bevor

Abtreibungsgegner, Frauenrechtlerinnen und „Seebrücken“-Unterstützer: Die Polizei bereitet sich auf ein weiteres Protest-Wochenende in der Hauptstadt vor.

„Nein zu Euthanasie und Abtreibung“ und „Stoppt den Babycaust“ hieß es auf Plakaten und T-Shirts von Teilnehmenden des sogenannten „Marsches für das Leben“ im vergangenen Jahr. Auch 2020 werden wieder Tausende Abtreibungsgegner in der Hauptstadt erwartet – und mit ihnen viele Gegendemonstranten. Außerdem wollen Aktivisten für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland demonstrierten. Der Berliner Polizei steht erneut ein arbeitsreiches Wochenende bevor.

Am Samstag ist um 13 Uhr zunächst eine Kundgebung der Organisatoren des „Bundesverbands Lebensrecht“ auf dem Platz vor dem Reichstag angemeldet. Danach wollen die konservativen „Lebensschützer“ gemeinsam drei Kilometer durch Mitte laufen. Die Demoroute verläuft über Potsdamer Platz, Friedrichstraße und Unter den Linden zurück zum Reichstag.

Bei der Polizei sind 5000 Personen für den Aufzug angemeldet, 2019 wurde diese Zahl übertroffen. Der Veranstalter „Bundesverband Lebensrecht“ ist ein Zusammenschluss verschiedener gesellschaftlicher und kirchlicher Initiativen, die sich gegen Abtreibungen und Sterbehilfe einsetzen.

Zu dem konservativen Unterstützerkreis gehört auch die Organisation „Christdemokraten für das Leben“, die der Unionsfraktion im Bundestag nahesteht. So finden sich unter dem Aufruf zum „Marsch für das Leben 2020“ sowohl Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche als auch die CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor und Sylvia Pantel.

In den vergangenen Jahren würdigte auch immer wieder die AfD das Engagement der „Lebensschützer“. Die stellvertretende Bundessprecherin Beatrix von Storch war mehrmals Teilnehmende des Marsches. Einmal im Jahr findet der Protestzug in der Hauptstadt statt, mobilisiert wird aus dem gesamten Bundesgebiet. Auf der Website werden Bus-Shuttles aus Bayern, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen angeboten. Gleichzeitig ist es möglich, Demo-Material wie Plakate mit der Aufschrift „Wir lieben Babys“ und „Danke Mama!“ zu bestellen.

Linke planen Gegenprotest - bis hin zur Blockade?

Rund um die Wegstrecke der Abtreibungsgegner sind zahlreiche Gegenveranstaltungen von feministischen Bündnissen angemeldet worden. Die größte Kundgebung wird bereits um 10.30 Uhr mit 1500 angemeldeten Teilnehmenden des Bündnisses „Für sexuelle Selbstbestimmung“ starten. Über den Nachmittag planen Aktivisten eine sogenannte „queer feministische Rallye“ durch Berlin-Mitte. An sechs verschiedenen Orten soll gegen christlichen Fundamentalismus und für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung protestiert werden.

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Erwartbar sind gleichzeitig gezielte Aktionen, um den „Marsch für das Leben“ zu stören. Bereits in den vergangenen Jahren formierte sich breiter Protest gegen die Abtreibungsgegner. Immer wieder kam es zu Konfrontationen zwischen Konservativen und linken Gruppen.

Überblick: Verkehrsbehinderungen durch Demonstrationen am Samstag

  • Mehrere Demos in sorgen besonders am Samstag für Verkehrsbehinderungen und Staus. Autofahrer sollten die Innenstadt besser umfahren.
  • Ab 13.00 Uhr zieht der sogenannte „Marsch für das Leben“ gegen Abtreibungen vom Brandenburger Tor auf die Straße des 17. Juni und wieder zurück. Auf der anderen Seite des Brandenburger Tores, dem Pariser Platz, demonstriert ein Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung für das Recht auf Abtreibung.
  • Um 14.00 Uhr beginnt eine Fahrrad-Demonstration rund um die Innenstadt. Die Kreisfahrt soll um das Stadtzentrum führen. Die Strecke beginnt am Potsdamer Platz und führt durch Kreuzberg, Friedrichshain, Prenzlauer Berg, Wedding, Charlottenburg und zurück zum Potsdamer Platz.
  • Ab 18.00 Uhr ziehen linke und linksradikale Initiativen eines Aktionsbündnisses „Wer hat, der gibt“ über den Ku'damm. Die Teilnehmer wollen vom Adenauerplatz über den Ku'damm bis zum Wittenbergplatz laufen.
  • Am Sonntagnachmittag ist eine Demonstration zum Thema Flüchtlinge geplant. Die Demonstranten wollen ab 14.00 Uhr vom Wittenbergplatz zum Großen Stern ziehen.

2019 wurde der „Marsch für das Leben“ über eine Stunde von Gegendemonstranten durch eine Sitzblockade an der Spree gestoppt. Die Gegendemonstranten hatten sich zunächst unauffällig mit Holzkreuzen unter das Teilnehmerspektrum der Abtreibungsgegner gemischt, um schließlich zu einer vorher abgesprochenen Uhrzeit die Straße inmitten des Zuges zu blockieren.

Am frühen Samstagabend mobilisiert schließlich die neu gegründete Initiative "Wer hat der gibt" zu einer Demonstration nach Charlottenburg. Hintergrund des Protests sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. Die Organisatoren fordern, dass "die Wohlhabenden für die Kosten der Corona-bedingten Krise zur Kasse gebeten werden - und nicht wie üblich die arbeitende Bevölkerungsmehrheit." Zugleich will sich das Bündnis als Kontrastprogramm zu den Corona-Demos von Covid19-Skeptikern, Impfgegnern und Rechtsextremen verstehen, die in den letzten Wochen die Protestberichterstattung beherrschten.

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Um 18 Uhr treffen sich die Teilnehmenden am Adenauerplatz. Über den Kurfürstendamm wird der Zug zum Wittenbergplatz ziehen. Angemeldet sind 2000 Personen, die Organisatoren erwarten jedoch, dass diese Zahl übertroffen wird. Explizit wird in einem "Reichenviertel" demonstriert,  um den "Reichtum und die Rolle von Krisenprofiteuren entlang der Route zu problematisieren", so der Aufruf der Initiative. Ähnliche Demos werden zur gleichen Zeit in gutbürgerlichen Vierteln von Hamburg und Hannover stattfinden.

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„Wir haben Platz“: Sofortige Evakuierung des Lagers Moria gefordert

Darüber hinaus werden auch am Sonntag viele Menschen auf den Straßen der Hauptstadt erwartet. Das Bündnis „Seebrücke“ ruft zu einer Großdemonstration um 14 Uhr auf dem Wittenbergplatz in der City-West auf. Die Wegstrecke des Aufzugs führt über den Kurfürstendamm, die Kantstraße und Kurfürstenstraße zum Großen Stern. Die Initiative will unter dem Motto „Wir haben Platz“ für die sofortige Aufnahme von Flüchtlingen des abgebrannten Lagers Moria auf Lesbos demonstrieren.

Die bei der Polizei angemeldeten 3000 Teilnehmenden könnten übertroffen werden: allein auf Facebook haben mehr als 5000 Personen ihr Interesse an der Veranstaltung signalisiert. Bereits am Mittwochabend mobilisierte das Bündnis angesichts des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria innerhalb weniger Stunden tausende Menschen, um gegen die Politik der Bundesregierung zu protestieren.

Zuvor sorgte die Initiative mit einer spektakulären Aktion am vergangenen Montag für Aufsehen. Aktivisten stellten 13.000 leere Stühle auf der Wiese vor dem Bundestag auf. Jeder Stuhl sollte einen Geflüchteten auf Lesbos repräsentieren. Die Botschaft der „Seebrücke“: „Wir haben Platz“.

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