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Jeep wird elektrisch, jedenfalls teilweise - mit dem Renegade 4xe und dem Compass 4xe.

© Jeep

Die Plug-in-Hybride Renegade 4xe und Compass 4xe: Willys' elektrische Erben

Erst hat sich Jeep verstärkt dem Benzinmotor verschrieben, jetzt fahren zwei seiner Offroad-Spezialisten auch mit Strom

Wer hat denn den Baumstamm dort liegen gelassen? Der Waldweg ist doch schon schmal genug, und nun blockiert das blöde Ding auch noch auf mehrere Meter die linke Spur, während rechts ein kleiner Erdwall das Ausweichen unmöglich macht. Ende Gelände?

Jeep gilt vielen als Synonym für Geländewagen

Aber was heißt hier unmöglich. Sitzen wir nicht in einem Jeep, was vielen noch ein Synonym für Geländewagen ist? Zwar nicht im Offroad-Riesen Wrangler, sondern in einem Renegade, dem Kleinsten der Marke, dazu am Heck mit dem neuen Kürzel 4xe, was ebenso für Four-Wheel-Drive wie für elektrisch steht oder, um genau zu sein, für die mit der Marke bislang nicht gerade assoziierte Plug-in-Hybridtechnik. Also los, Kleiner, zeig mal, was du kannst!

Nur echt mit den sieben Lüftungsöffnungen: der Jeep Renegade 4xe.
Nur echt mit den sieben Lüftungsöffnungen: der Jeep Renegade 4xe.

© Andreas Conrad

Und er kann’s. Schiebt sich behutsam rechts den grün bemoosten Erdwall hinauf, gerät so in eine den Offroad-Anfänger doch beunruhigende Schräglage, erreicht aber unbeirrt den Scheitelpunkt, kriecht ebenso behutsam hinab. Und auch die weiteren Herausforderungen hat er auf der mit viel Fantasie präparierten Teststrecke ohne Mucken und Murren bewältigt. Dass an dem sandigen, fast winzigen Steilhang mit halber Rechtskurve die Räder durchdrehten, er erst nach einigem Vor und Zurück hinaufkletterte – nun, das dürfte am Fahrer gelegen haben. Aber danach lief alles glatt, die Holperstrecke mit den abwechselnd rechts und links lauernden Riesenkuhlen ebenso wie der steile Rechtsschwenk in die Tiefe oder die künstliche Baumstammbrücke wurden im Geländemodus „Sand/Mud“ problemlos genommen.

Auch von hinten leicht erkennbar: der Renegade 4xe mit dem X in den Rücklichtern.
Auch von hinten leicht erkennbar: der Renegade 4xe mit dem X in den Rücklichtern.

© Jeep

Die Offroad-Gene sind also auch im Renegade 4xe noch immer wirksam und vermutlich ebenso, obwohl das nicht mehr ausprobiert wurde, im Compass 4xe, der ihm in den Maßen fast gleicht, doch irgendwie erwachsener wirkt. Fans der Marke dürfte das beruhigen, hat sich Jeep mit seinen beiden neuen Plug-in-Hybriden doch recht weit vom Ur-Vater, dem Willys MB von 1941, entfernt. Erst die verstärkte Hinwendung zu Benzinmotoren, mit der Jeep im Vorjahr auf sich aufmerksam machte – eine Reaktion auch auf das sinkende Image des Dieselantriebs. Nun wurde das alte Rauhbein sogar elektrisch, zumindest ein bisschen, ein reiner E-Jeep ist noch nicht in Sicht. Und ist es überhaupt noch ein echter Amerikaner? Gebaut werden Renegade und Compass jedenfalls im Werk von Fiat Chrysler Automobiles im süditalienischen Melfi, der erstere als der bislang einzige Jeep, der aus einem europäischen Werk in die USA verkauft wird. Und zugleich das erste FCA-Fahrzeug, das von italienischen und US-Ingenieuren und Designern gemeinsam entwickelt wurde.

Drei Betriebsmodi stehen zur Auswahl: Hybrid, Electric oder E-Save.
Drei Betriebsmodi stehen zur Auswahl: Hybrid, Electric oder E-Save.

© Jeep

Selbstverständlich verweist man bei Jeep auf die weiterhin präsente amerikanische DNA, und in der Tat weist gerade der Renegade eine europäischen Entwicklern eher fremde Formensprache auf: etwas klotzig, fast bullig, ein der Optik nach nicht allzu großspurig dimensioniertes Kraftpaket mit trapezförmigen statt gerundeten Radausschnitten, eingestuft als Subkompakt-SUV. Vorne der Jeep-typische Kühlergrill mit den sieben Lüftungsöffnungen, zwei weniger als beim Ur-Jeep, hinten die quadratischen Rückleuchten mit X-Design. Es soll an das X auf dem Benzinkanister am Heck des Willys MB erinnern – das dürften freilich nur wenige Renegade-Fahrer wissen. Ein ungewöhnliches Design, das speziell jüngere Käuferschichten ansprechen soll, während der eleganter, doch immer noch robust wirkende Compass schon sehr viel gefälliger daherkommt, eher auf saturierte Familien als auf erlebnishungrige Singles zielt und vom Grand Cherokee inspiriert wurde statt wie der Renegade vom Wrangler. Der seine Spitzenstellung als in Deutschland am meisten verkaufter Jeep übrigens verloren hat. Top sind jetzt Renegade und Compass.

Nach dem staubigen Gelände ein reinigendes Bad? Mit dem Compass 4xe kein Problem.
Nach dem staubigen Gelände ein reinigendes Bad? Mit dem Compass 4xe kein Problem.

© Jeep

Dieser Trend könnte sich mit den beiden Plug-In-Hybriden noch verstärken, übrigens zwei Schwergewichten gegenüber den Benzin-Versionen: Der Renegade 4xe muss als Leergewicht 450 Kilo mehr mitschleppen, bei Compass 4xe sind es 430 Kilo. Es macht eben einen Unterschied, ob man mit nur einem oder gleich drei Motoren unterwegs ist. Dies sind bei beiden Modellen ein 1,3 Liter großer Turbo-Benziner mit 130 oder 180 PS, der die Vorderräder antreibt und von einem kleineren Elektromotor unterstützt wird, zwar beim Kickdown leicht irritierend erst mit kurzer Verzögerung reagiert, dann aber den Wagen sehr flott auf Tempo bringt. Die Hinterräder hingegen werden über einen dort positionierten 60-PS-Elektromotor angetrieben, er dient zugleich beim Bremsen als Generator für die Batterie.

Im Gelände plötzlich ohne Saft? Gibt's nicht

Drei Betriebsmodi sind möglich, wählbar auf einer Schalterleiste vor dem Wählhebel des 6-Gang-Automatikgetriebes: Gestartet wird automatisch im Hybrid-Modus, in dem Verbrennungs- und E-Motor getrennt oder zusammen arbeiten, durch die Elektronik des Wagens je nach Fahrsituation automatisch gesteuert. Laut Jeep verbessere das sogar die Geländegängigkeit, da so mehr, doch unabhängig auf Vorder- und Hinterachse verteiltes Drehmoment zur Verfügung stehe als bei einem Verbrenner allein. Sorgen, dass einem in schwerem Gelände plötzlich der Saft und damit der hintere Antrieb verlorengeht, muss man sich nicht machen, da der vordere, mechanisch mit dem Benziner verbundene E-Motor kontinuierlich genügend Strom auch für sein hinteres Gegenstück erzeugt.

An der Stromtankstelle. Mindestens 100 Minuten dauert das Aufladen eines Renegade 4xe.
An der Stromtankstelle. Mindestens 100 Minuten dauert das Aufladen eines Renegade 4xe.

© Jeep

Im Modus „Electric“ geht es nur per Strom voran, bei einer Reichweite von etwa 50 Kilometern und einem maximalen Tempo von 130 km/h. Wählt der Fahrer „E-Save“, läuft nur der Verbrenner und der ihn unterstützende kleine E-Motor, lädt zugleich wie auch im Hybrid-Modus per Rekuperation, also Umwandlung kinetischer in elektrische Energie, die Batterie. Ein Vorgang, bei dem man praktisch zusehen kann: Die Batteriefüllung des Compass kletterte jedenfalls binnen weniger Minuten wieder von sechs auf zwölf Prozent, als der auf „E-Save“ und die zweite, höhere Rekuperationsstufe eingestellte Wagen mit einem Tempo zwischen 60 und 70 km/h durch die Hügellandschaft rund ums nordbayerische Wörth am Main rollte – angesichts der vielen Bergab-Streckenteile nicht verwunderlich, aber immerhin. Aber wer will schon fürs effektvolle Laden der Batterie immer auf Gefälle warten, das anderswo nicht mal vorhanden ist. Serienmäßig gibt es daher ein Mode-2-Kabel für die heimische Steckdose, womit das Füllen der Batterie rund 3,5 Stunden dauern soll. Auf Wunsch werden auch Mode-3-Kabel für öffentliche Ladestationen bei ähnlicher Ladedauer sowie weitere optionale Anschlussmöglichkeiten geliefert, durch die sich das Laden auf etwa 100 Minuten verkürzen lässt. Aber wenn nichts dergleichen verfügbar ist, die nächste Steckdose meilenweit entfernt: Es bleibt ja immer noch der gute alte Ottomotor.

Die Elektrischen: der Jeep Renegade 4xe und der Compass 4xe.
Die Elektrischen: der Jeep Renegade 4xe und der Compass 4xe.

© Andreas Conrad

Technische Details:

Jeep Renegade 4xe
Abmessungen: 4,24 m (L), 1,81 m (B, ohne Spiegel), 1,72 m (H)
Kofferraumvolumen: 330/1277 Liter
Antrieb: 1,3-Liter-Vierzylinder-Benzin-Turbomotor mit 130 oder 180 PS (max. Drehmoment 270 Nm) sowie Elektromotor mit 60 PS (max. Drehmoment 250 Nm); Höchstgeschwindigkeit 182/199 km/h, von 0 auf 100 in 7,5/7,1 Sekunden
Preis: ab 37.236,97 Euro

Jeep Compass 4xe
Abmessungen: 4,39 m (L); 1,82 m (B ohne Spiegel), 1,65 m (H)
Kofferraumvolumen: 420/1230 Liter
Antrieb: 1,3-Liter-Vierzylinder-Benzin-Turbomotor mit 130 oder 180 PS (max. Drehmoment 270 Nm) sowie Elektromotor mit 60 PS (max. Drehmoment 250 Nm); Höchstgeschwindigkeit 183/200 km/h. Von 0 auf 100 in 7,9/7,3 Sekunden
Preis: ab 41.136,13 Euro

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