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Auf dieser Demo einige Tage nach dem Vorfall in der "Plansche Plänterwald" wurde freies Geleit für freie Oberkörper gefordert.

© imago images/Futureimage

Oben ohne in Berlin?: Wie viel FKK in der Hauptstadt erlaubt ist

Ein Vorfall in der „Plansche Plänterwald“ wirkt nach. Diesmal: Wie Polizei und Bezirke mit Beschwerden über Nackte umgehen. Eine Glosse.

Die notorisch barbusige Mutter, die im Juni der „Plansche“ im Plänterwald verwiesen wurde, zählt nicht nur zu den medialen Höhepunkten dieses Jahres, sondern beschäftigt auch weiterhin die Verwaltung. Diesmal: Innenverwaltung und Bezirksämter, die auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Paul Fresdorf ihre Sanktionskriterien dargelegt haben, falls frei hängt oder schwingt, was nicht ins Auge des Betrachters gehört, sondern hinter Stoff und Mieder.

Sieben Bezirke führen keine Statistik, drei schweigen, Charlottenburg-Wilmersdorf wähnt gemäß Paragraf 1 Absatz 2 Nummer 9b der Zuständigkeitsverordnung zum Ordnungswidrigkeitengesetz das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten zuständig. Allein Neukölln zählte im vergangenen Jahr sieben und im laufenden bisher eine Meldung. Die meisten bezögen sich auf die FKK-Wiese im Volkspark Hasenheide, genauer auf deren Kenntnis und Duldung durch das Bezirksamt „und nicht auf besondere Auffälligkeiten der unbekleideten Person“. Dem Ordnungsdienst lägen „kaum Erkenntnisse zum Thema vor, mal uriniert jemand mit heruntergezogener Hose, ein anderer streckt in der Öffentlichkeit seinen nackten Hintern heraus“.

Dafür, was durchgeht, existieren laut Polizei und Bezirksamt Spandau keine fest definierten Kriterien. Auch für die meisten anderen Bezirke hängt es von der Situation ab, ob und wann die Staats- respektive Rathausmacht eingreift. Steglitz-Zehlendorf verweist auf Paragraf 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, wonach "ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen".

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Neukölln dagegen hält es lieber mit Artikel 2 des Grundgesetzes, wonach jeder das Recht hat, sich frei zu entfalten, soweit er (oder sie, aber das steht da nicht) nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder "das Sittengesetz" verstößt, was immer das sein mag. Aber Neukölln ist eben nicht überall, und Immanuel Kant, der eine weithin anerkannte philosophische Beschreibung des ungeschriebenen Sittengesetzes hinterlassen hat, ist für Rückfragen nicht mehr erreichbar.

Bleibt noch die Schlussfrage des Herrn Fresdorf, wie sich aus Sicht des Senats die offizielle Hauptstadtkampagne „Berlin – Stadt der Freiheit“ mit den Medienberichten über Menschen, die wegen mangelnder (Ober-)Bekleidung aus öffentlichen Räumen verwiesen werden, vertrage. Die Innenverwaltung betont darauf einmal mehr die Weltoffenheit Berlins - und nennt deren Grenze in einem Schlusssatz, dessen ganze philosophische Schönheit sich vielleicht erst auf den zweiten Blick erschließt: "Eine weltoffene Ausrichtung der Metropole Berlin setzt nicht die Nutzungsordnungen von Grünanlagen und Spielplätzen außer Kraft."

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