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Obdachlose können jetzt wieder die Einrichtungen der Kältehilfe nützen.

© dpa

Werden alle Mehrkosten wegen Corona wirklich erstattet?: Kältehilfe-Träger haben Angst um ihr Geld

Wegen der Corona-Regeln haben die Träger der Kältehilfe mehr Kosten. Die Sozialsenatorin sagt die Finanzierung zu, doch bei Trägern bleiben Zweifel.

Für Kai-Gerrit Venske geht das alles eigentlich nicht. „Es herrscht große Verunsicherung, das kann man nicht wegdiskutieren“, sagt der Fachreferent für Wohnungslosenhilfe bei der Caritas Berlin. „Das ist ein unhaltbarer Zustand.“ 

Der Zustand lautet kurz gefasst: Venske ist nicht sicher, dass sein Verband nicht auf Kosten für die Kältehilfe sitzen bleiben wird. 

Die hat am Donnerstag begonnen, die übliche, jährliche besondere Unterstützung für Obdachlose. Die können die kalten Monate in Notunterkünften verbringen. 500 Plätze in verschiedenen Einrichtungen stehen seit Donnerstag bereit, vom 1. November an, sollen weitere 500 Plätze dazu kommen.

Soweit alles wie gewohnt. Aber Corona, die besonderen Hygieneregeln, die Abstands-Vorschriften, die sind neu, die gab es bisher nie. Corona, das bedeutet, dass in den einzelnen Notunterkünften viel weniger Menschen untergebracht werden können als früher, die Menschen sollen sich ja nicht zu nahe kommen. 

Für die Caritas bedeutet das für ihre Notunterkunft in der Residenzstraße, dass nur noch 15 Obdachlose in der Nacht untergebracht werden können. Ansonsten waren es immer 25. 

Corona bedeutet mehr Abstand in den Notunterkünften

Nur die Zahl der Mitarbeiter bleibt gleich. Sicherheit, Betreuung, der Aufwand hat sich ja nicht geändert. Und die Kosten für das Personal bleiben auch gleich.

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Nur das Geld, das die Träger vom Bezirk erhalten, reduzierte sich nach dieser Rechnung. denn bezahlt wird pro Platz. Die Mehrkosten, das hat Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) erklärt, werde den Trägern aber erstattet. Nach den Herbstferien soll das Geld in einem Nachtragshaushalt bereit stehen.

Trotz der Zusage der Senatorin herrscht Misstrauen bei Trägern

Doch genau da beginnt das Misstrauen von Venske. „Natürlich hat sich für uns durch die Zusage die Handlungsfähigkeit erhöht. Aber ob am Ende des Tages wirklich jeder Antrag von uns positiv beschieden wird, wissen wir nicht.“ 

Bis jetzt jedenfalls habe der Bezirk Mitte noch keine Kostenübernahme zugesagt. Auch der Sozialdienst Katholischer Frauen, der in Mitte die Frauen-Notunterkunft „Evas Haltestelle“ in der Kältehilfe betreut, habe vom Bezirk noch keine Zusage erhalten.

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„Es ist keine einfache Situation“, sagt Venske. Die Caritas muss ja jetzt Leute suchen, sie kann nicht bis 1. November warten. „Wir haben sechs Stellen für den Nachtdienst ausgeschrieben“, sagt der Fachreferent. „Wir können die Leute ja nicht hängen lassen.“

Die Stadtmission betreibt bei der Kältehilfe drei Einrichtungen

Auch bei der Stadtmission herrscht eine gewisse Unsicherheit, auch wegen des Geldes. „Ob wir die Zusatzkosten bezahlt bekommen, wissen wir nicht“, sagt Barbara Breuer, die Pressesprecherin. Die Senats-Sozialverwaltung verweist zwar auf die Zusage der Senatorin, doch ein Rest Misstrauen bleibt bei der Stadtmission. 

Die betreibt drei Notunterkünfte in Berlin bei der Kältehilfe, die Traglufthalle am Ostbahnhof, eine Einrichtung in der Kopenhagener Straße (Reinickendorf) und die bekannte Unterkunft in der Lehrter Straße, dem Ort der Zentrale der Stadtmission. 

„Wir beginnen am 1. November mit der Kältehilfe, wir müssten schon lange wissen, was jetzt verbindlich ist“, sagt Barbara Breuer. Die Stadtmission habe ein Hygienekonzept eingereicht, „aber das muss noch vom jeweils zuständigen Gesundheitsamt des Bezirks abgenommen werden“.

"Die Mitarbeitenden müssen möglichst schnell Bescheid wissen"

Und was das Personal betrifft: „Unsere Mitarbeitenden stehen in den Startlöchern, wir müssen denen schnell Bescheid geben, ob sie kommen können. Sonst gehen die woanders hin.“ Die Stadtmission benötige pro Einrichtung "zwei Mitarbeitende für die Nachtschicht und eine Person für die Sicherheit. Außerdem muss das Essen transportiert werden und die Beleuchtung eingeschaltet sein." 

Im vergangenen Jahr waren 42 Festangestellte und rund 300 Ehrenamtler für die Stadtmission in der Kältehilfe aktiv. Die Stadtmission hat in der Saison 2019/2020  insgesamt 326 Plätze in der Kältehilfe angeboten.

Wie hoch die Gesamtkosten für die Kältehilfe in dieser Periode sein werden, konnte Barbara Breuer nicht sagen, "weil wir nicht wissen, welche Kosten pandemiebedingt noch auf uns zukommen". In den vergangenen Jahren habe die Stadtmission ihre Arbeit "in dieser Form nur bezahlen können, weil uns Spenderinnen und Spender die Treue halten und uns Menschen ehrenamtlich unterstützen."

Die Stadtmission betreibt in der Lehrter Straße auch eine Ambulanz. „Die arbeitet ganz normal“, sagt die Pressesprecherin, „natürlich unter Einhaltung der Hygieneregeln.“ Einen Stock über der Ambulanz hat die Stadtmission eine Quarantänestation eingerichtet. Derzeit werden dort drei Patienten betreut.

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