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Neuland. Mit direkten Zuschüssen vom Land soll kleinen und mittleren Unternehmen die Digitalisierung erleichtert werden. Auch das Grips-Theater hat Geld bekommen. Das Bild zeigt Proben aus „Das Nacktschnecken-Game“ aus dem März 2019. Foto: Martin Müller/Imago

© imago images / Martin Müller

Digitale Transformation in der Coronakrise: Wer profitiert bereits von der Berliner IT-Prämie?

Knapp 1500 Anträge für die Digitalprämie des Senats sind bislang eingegangen. Das Grips-Theater und ein Seniorenheim erläutern, was sie mit dem Geld machen.

Seit November soll Berliner Unternehmen und Soloselbstständigen die Digitalisierung erleichtert werden. Mit einem Fördertopf von 80 Millionen Euro will der Senat ihnen dabei unter die Arme greifen. Doch wie wird die Digitalprämie bislang angenommen – und von wem?

Bei der zuständigen Förderbank IBB sind bislang 1463 Anträge eingegangen. Davon befänden sich mehr als 170 „in der Auszahlung“, sagte eine Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung dem Tagesspiegel. Somit seien seit dem 2. November – an diesem Tag startete das Programm – 1,5 Millionen Euro bewilligt worden. Zudem habe bis jetzt rund 1300 telefonische Beratungen zur Digitalprämie gegeben.

Das Grips-Theater am Hansaplatz in Moabit ist eines der Unternehmen, die bereits Geld aus dem Fördertopf erhalten haben, um sich digital besser aufzustellen.

Das traditionsreiche und durch das Stück „Linie 1“ weltbekannte Kinder- und Jugendtheater, das voriges Jahr 50 Jahre alt geworden war, hat die Digitalprämie beantragt, „um die interne Kommunikation zu verbessern und zu vernetzen“, sagt Geschäftsführer Andreas Joppich. Bislang arbeiten die 71 Beschäftigten in Vollzeitstellen, online geschieht das derzeit vorrangig per Mail und über die Cloud.

Er wolle mit einem neuen Office-Paket und dem Kommunikationstool „Teams“ erreichen, dass „jeder im Haus den gleichen Stand hat, was die Daten wie Tabellen und Listen und so weiter angeht und auch darauf zugreifen kann“.

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Man müsse nicht mehr aufwändig in alten Mails suchen, wo welche Datei ist oder in der Cloud. Joppich hat die Summe von 17000 Euro beantragt – das ist die Höchstsumme der Direktzuschüsse, die Unternehmen mit mehr als zehn und bis zu 249 Beschäftigten erhalten.

Die Pandemie hat die Digitalisierung im Grips-Theater beschleunigt

Alle, die weniger als zehn Mitarbeiter haben, können bis zu 7000 Euro aus dem Topf bekommen. Die Hälfte des Geldes ist bereits da, der Rest folgt in einer zweiten Tranche. Neben der Software beinhaltet die Hilfe auch Schulungen und Beratungen von IT-Fachleuten.

Dass das Theater digitaler werden muss und neue Strukturen geschaffen werden müssen, sei Joppich auch vor der Coronakrise bewusst gewesen, weshalb es schon ein Konzept gab. Doch wie bei vielen anderen Unternehmen habe die Pandemie das Ganze beschleunigt. „Gerade in Homeoffice-Zeiten wie jetzt ist das, was wir hier einführen, wichtig“, sagt er. Finanziell wäre es ohne Förderung schwierig geworden. Wegen des aktuellen Teil-Lockdowns gibt es keine Vorstellungen, die Schauspieler proben, auch die Verwaltung läuft weiter. Doch der Großteil der Mitarbeitenden sei weiterhin in Kurzarbeit. Ohne dieses Geld und den zahlreichen Spenden von Menschen, die wollen, dass die Kultur weiterlebt, sähe es düster aus.

Pop: Digitale Transformation wichtig für Wettbewerbsfähigkeit

„Die große Nachfrage nach unserem Förderprogramm zeigt, dass viele Unternehmen die aktuelle Pandemie auch als Chance sehen, um ihre Geschäftsmodelle auf ein neues digitales Level zu heben“, sagt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) nach den ersten eineinhalb Wochen, seit die Digitalprämie am Start ist. Dies sei für Unternehmen eine wichtige Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit. Die Coronakrise solle als „Turbo für die Digitalisierung“ wirken.

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„Die Berliner Unternehmen sollen aus dieser Krise besser gerüstet herausgehen. Ob Handwerk, Tourismus oder Dienstleistung: Wir müssen alles tun, um die Chancen der Digitalisierung in allen Wirtschaftsbereichen weiter voranzutreiben“, hatte Pop bereits kurz vor der Bekanntmachung der Digitalprämie gesagt.

Seniorenpflegeheim finanziert neue Buchhaltungssoftware aus Fördermitteln

Auch der Mit-Geschäftsführer der Seniorenpflege Birkholz aus Charlottenburg, Reik Hoffmann, hatte den Antrag am 2. November bei der IBB gestellt. „Binnen 24 Stunden hatte ich den Förderbescheid“, erzählt er. „Das habe ich noch nie erlebt, bei keiner Behörde, ich konnte es fast nicht fassen.“ Von den beantragten 17.000 Euro sei auch hier die Hälfte eingegangen. Der Rest folge mit der Vorlage weiterer Rechnungen.

Hoffmann benötigt vor allem eine neue Buchhaltungs- und Verwaltungssoftware für sein Seniorenpflegehaus. Mit dem neuen Programm werde beispielsweise die Buchhaltung extrem vereinfacht. Die Buchungssoftware fülle schon automatisch die Bankdaten und alles Erforderliche in den regelmäßig eingehenden Rechnungen aus. Auch die benötigte Software im Pflegebereich, die im ersten Schritt die Heimbewohner-Abrechnung – ein nach Hoffmanns Angaben komplexes Verfahren – und Dienstplanung beinhaltet, verbessere und erleichtere die Arbeit.

Über 136 Betten für pflegebedürftige alte Menschen verfüge der Betrieb mit 120 Beschäftigten mit Sitz am S-Bahnhof Charlottenburg. Corona habe „definitiv einen Schub gegeben, um die IT im Haus zu verbessern und die Arbeit zu erleichtern“, sagt Hoffmann. Diverse Mitarbeiter arbeiteten zeitweise im Homeoffice. „Wir sind ein kleines Pflegeheim. Wenn einer ausfällt, muss der andere übernehmen. Das ist ein richtiges Problem.“

IT-Infrastruktur und Schulungen für kleine und mittlere Unternehmen

In den Förderrichtlinien hatte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe deutlich gemacht, dass die kleinen und mittleren Unternehmen beim Aufbau ihrer IT-Infrastruktur und -Sicherheit unterstützt werden sollen. Auch Weiterbildungen und Schulungen zur digitalen Kompetenz der Beschäftigten sind ausdrücklich Bestandteil des Fördergeldes. Externe Beratungsfirmen – für viele kleine Unternehmen viel zu teuer – können also über diese Direktzuschüsse bezahlt werden. Was unbedingt verhindert werden solle, seien „Mitnahmeeffekte“: Also schnell mal eine neuere Variante des iPhones oder ein zusätzliches Tablet für die Beschäftigten davon anzuschaffen, ist nicht erlaubt.

Geld aus dem Digitalprämien-Programm gibt es noch bis Ende März 2021 – so lange können Betriebe Anträge online bei der IBB stellen. Allerdings im „Windhundverfahren“: Wer zuerst kommt, bekommt auch Geld. Wenn der Fördertopf leer ist, gehen Antragsteller, die zu spät waren, leer aus.

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