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Betongold. Wer es sich leisten konnte, investierte in Immobilien. Wie die Bauherren dieser Villa in Grunewald.

© IMAGO/Stefan Zeitz

Weil Zahl der Millionäre steigt: Commerzbank verlegt Abteilung für besonders Vermögende von Frankfurt nach Berlin

Deutschlands zweitgrößte Geschäftsbank will ihre besonders wohlhabenden Kunden künftig in Berlin betreuen. Die Stadt werde attraktiver für Millionäre.

Zunächst die gute Nachricht für alle Eigenheimbesitzer im Hochtaunuskreis mit Gartenblick auf die Skyline von Frankfurt am Main und für Mitglieder des Golfclubs in Baden-Baden: Ihre Heimatlandkreise bleiben vorerst die mit der höchsten Dichte an Einkommensmillionären. Die Hauptstadt wird diesen Status auf absehbare Zeit nicht erlangen. Das – durchschnittliche – Einkommen und Vermögen aller 3,7 Millionen Berlinerinnen und Berliner bleibt im Bundesvergleich unterdurchschnittlich. Das gilt auch für die öffentlichen Finanzen: Berlin ist größter Empfänger im Länderfinanzausgleich.

Mehr Millionäre auch in Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick

Und dennoch hat sich einiges verändert in den vergangenen Jahren: Nicht nur bei der Zahl der Einkommensmillionäre – das sind Personen, die im Jahr mehr als eine Million Euro Einkommen bei der Steuer angeben. Ihre Zahl hat sich laut einer im Januar veröffentlichten amtlichen Statistik in Berlin binnen weniger Jahre verdoppelt. Auf Basis der Steuererklärungen des Jahres 2018 zählen in Berlin 990 Personen zu den Einkommensmillionären. Die meisten davon haben ihren Wohnsitz in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Der Osten der Stadt holt aber auf: Gab es in Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick vor zehn Jahren nach dieser Definition lediglich neun Großverdiener, sind es jetzt schon 42.

Diese und ähnliche Statistiken kennt man auch bei der Commerzbank, der nach eigenen Angaben zweitgrößten Vermögensverwalterin in Deutschland. Sie wird ab Ende des Jahres ihre Abteilungen für die Betreuung Hochvermögender und Family Offices – das sind die Verwaltungsgesellschaften für das Vermögen von Eigentümerfamilien – von Frankfurt nach Berlin verlegen. Das teilten die für Berlin zuständigen Commerzbank-Manager am Freitag bei einem Pressegespräch mit.

Die auf die Betreuung von Multimillionären spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden Büros an der exklusiven Adresse Friedrichstraße 88, Ecke Unter den Linden beziehen. Auch Einheiten der Abteilungen für Strategie und Kommunikation sollen nach Berlin wechseln, hieß es. Es handele sich um einen Kreis von etwa 20 Personen.

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„Mit diesem Schritt tragen wir der wachsenden und internationalen Bedeutung der deutschen Hauptstadt bei hochvermögenden Kunden Rechnung“, schrieb Christian Hassel, Bereichsvorstand für Privat- und Unternehmerkunden in der Marktregionen Nord Mitte Ost in einer Mitteilung. „Wir wollen mit diesen Maßnahmen in der Metropolregion Berlin einen neuen Maßstab im Wealth Management setzen.“

Christian Hassel, Bereichsvorstand für Privat- und Unternehmerkunden in der Marktregionen Nord Mitte Ost bei der Commerzbank.
Christian Hassel, Bereichsvorstand für Privat- und Unternehmerkunden in der Marktregionen Nord Mitte Ost bei der Commerzbank.

© Commerzbank

Er glaube, dass Berlins Attraktivität für die besonders Vermögenden auch mit der Rolle als attraktivstem Immobilienmarkt des Landes zusammenhänge, fügte er mündlich hinzu. „Berlin ist schon jetzt, und das glaubt kaum einer, für uns nach Assets und Krediten der mit Abstand größte Wealth-Management-Markt in Deutschland.“ Berlin verfüge zudem über ein einzigartiges Ökosystem für Risikokapitalgeber, zu denen diese Kundenklientel zähle. Hier seien auch die Start-ups als Investitionsziele so präsent wie an keinem anderen Ort.

Von der Schwäbischen Alb nach Berlin

Hassel berichtete auch – ohne Namen zu nennen – von einem typischen Fall eines Familienunternehmens von der Schwäbischen Alb, das den Generationenwechsel vollzogen habe. Die Kinder hätten in New York studiert, lebten in den Vereinigten Staaten und hätten gesagt: „OK, Papa, Mama, wir übernehmen das jetzt, aber never ever auf der Schwäbischen Alb. Da müssen wir das bitteschön schon nach Berlin verlagern“. Berlin strahle für Hochvermögende eine besondere Attraktivität aus, biete ein sehr gutes Investitionsumfeld und sei bei Trends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung anderen deutschen Standorten um zwei bis drei Jahre voraus.

Auch das Geschäft mit Normalverdienern und gewöhnlichen Firmen in Berlin sei nach Einschätzung der Bank „erfolgreich“ gewesen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021. Auch hier spielt der anhaltende Immobilienpreisboom eine Rolle: So habe man neue Baufinanzierungen mit einem Volumen von insgesamt 2,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Die Summe lag noch einmal deutlich über der des Vorjahres – 1,4 Milliarden Euro.

„In den vergangenen Jahren konnte man nur einen Fehler machen: Nicht in Immobilien zu investieren“, erklärte Commerzbank-Regionalmanager Hassel noch. Wie hoch der Anteil unter seinen insgesamt mehr als 620.000 Privat- und Unternehmenskunden in Berlin ist, denen angesichts der zuletzt extrem gestiegenen Immobilienpreise gar nichts anderes übrig blieb, als diesen „Fehler“ zu begehen, sagte er nicht.

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